"Wiener Erklärung"
Kritik an FPÖ-Kickl im Rahmen des Orban-Besuchs

Im Zuge ihres heutigen Zusammentreffens unterzeichneten Viktor Orbán, Vorsitzender von Fidesz und ungarischer Ministerpräsident, und Herbert Kickl, Bundesparteiobm | Foto: FpÖ
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Der Besuch des ungarischen Premierministers Viktor Orban in Wien und seine Unterzeichnung der "Wiener Erklärung" gemeinsam mit FPÖ-Chef Herbert Kickl sorgen für Kritik. Die Erklärung betont die "nachbarschaftliche Freundschaft" und die kulturelle Verbundenheit zwischen Österreich und Ungarn. Die ÖVP wirft Kickl eine „politische Amtsanmaßung“ vor, da er offiziell Österreich außenpolitisch nicht vertreten dürfe.

ÖSTERREICH. Im Zuge eines Besuchs des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán in Wien stand Donnerstagfrüh ein Arbeitsgespräch mit Nationalratspräsident Walter Rosenkranz auf der Tagesordnung. Orbán erklärte, er sei sich sicher, dass der Moment komme, an dem der Bundeskanzler der Freiheitlichen Partei, den Ministerpräsidenten von Ungarn empfangen werde. Orbán ist der erste internationale Gast, den Rosenkranz im Parlament empfing. Im Empfangssalon unterhielten sich der ungarische Ministerpräsident und der österreichische Nationalratspräsident über die Zusammenarbeit der beiden Länder. Die FPÖ-Abgeordneten Klubobmann Herbert Kickl, Christian Hafenecker, Susanne Fürst und Harald Vilimsky waren dabei anwesend. 

Für Kritik sorgte eine gemeinsame Erklärung, die Orban und Kickl unterzeichneten (siehe unten).

Juristische Einschätzungen zur Amtsanmaßung

Verfassungs- und Strafrechtsexperten kritisieren Kickls Handeln. Der Verfassungsjurist Peter Bußjäger sieht die Erklärung als „null und nichtig“, da Kickl keine rechtliche Befugnis hat, Österreich nach außen zu vertreten. Strafrechtler Alois Birklbauer ordnet das Vorgehen als Amtsanmaßung ein, die mit Freiheitsstrafe geahndet werden kann, aber aufgrund Kickls Immunität kaum Folgen haben dürfte.

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Politische Reaktionen

„Kickls Unterzeichnung seiner ‚Wiener Erklärung‘ im Namen Österreichs kommt einer politischen Amtsanmaßung gleich. Er vertritt Österreich in keiner offiziellen Funktion nach außen. Anders als er gerne behauptet, kann Kickl nicht für Österreich sprechen, schon gar nicht für alle Österreicherinnen und Österreicher", so ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker in einer Aussendung. Kickl zeige abermals, "dass ihm der demokratische Prozess komplett egal ist, denn auch ohne Regierungsauftrag hat er die sogenannte ‚Wiener Erklärung‘ mit Viktor Orbán stellvertretend für ganz Österreich unterschrieben. Er setzt seine Politik der Anmaßung und Provokation weiter fort. Staatsmännisch oder gar patriotisch ist das keinesfalls“, kommentiert Stocker weiter.

„Dazu kommt auch noch die Missachtung unserer staatlichen Symbole. Zum Beispiel, indem er seit Monaten mit der Flagge von Peru am Anzug-Revers herumläuft - die Streifen der österreichischen Flagge sind nämlich definitionsgemäß waagrecht“, so Stocker und kommentiert weiter: „Und auch die Symbole der EU sind scheinbar nicht vor ihm sicher, denn beim Besuch von Viktor Orbán im Parlament wurde laut Medienberichten die Fahne der EU verräumt. Dies mögen symbolische Akte sein, aber sie zeigen die umfassende Geringschätzung Österreichs und der EU, mit der Kickl hier unterwegs ist“, so Stocker. 

Auch die Grünen und NEOS kritisieren die Erklärung scharf. Grünen-Klubobfrau Sigrid Maurer betont, dass Kickl nicht im Namen Österreichs spreche, während NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger die Freundschaftsbekundung als unrepräsentativ für das Land verurteilt. Die SPÖ äußert Bedenken, dass die FPÖ einen Umbau der österreichischen Demokratie nach ungarischem Vorbild anstrebe. Und von der SPÖ heißt es: EU-Feindlichkeit wird gepaart mit Hass auf fliehende Menschen und Angriffen auf LGBTIQ+ Personen. Für SPÖ-Gleichbehandlungssprecher Mario Lindner beweist diese Erklärung vor allem eines: „Die FPÖ träumt von einem Umbau unserer Republik nach ungarischem Vorbild. Kickl will auch in Österreich auf Minderheiten losgehen, die Demokratie abbauen und sich vom europäischen Projekt abwenden. Das ist eine Schande!"

FPÖ-Forderungen nach Rücktritt von Werner Kogler

FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker fordert den Rücktritt von Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), der Orban öffentlich kritisiert und als „Antidemokraten“ bezeichnet hat. Maurer verteidigt Kogler und kritisiert die FPÖ für ihre Intoleranz gegenüber Meinungsfreiheit und demokratischer Kritik.

Die „Wiener Erklärung“ im Wortlaut:

Ungarn und Österreich bekräftigen hiermit ihre nachbarschaftliche Freundschaft sowie ihre geschichtlich und kulturell bedingte unerschütterliche Verbundenheit. Daraus begründen wir auch unseren gemeinsamen Willen, als Achse einer positiven Reform die Vielfalt unseres wundervollen europäischen Kontinentes zu bewahren und gedeihlich weiterzuentwickeln.

Wir sehen es mit besonderem Stolz, auf europäischer Ebene Seite an Seite mit sehr erfolgreichen Partnern der großen Nationen unseres Kontinentes ein Bündnis geschmiedet zu haben, das sich der besonderen Verantwortung des abendländischen Charakters unseres Kontinentes bewusst ist. Wir wollen und werden auf Augenhöhe zueinander und in Freundschaft miteinander eine positive Reformkraft für Europa bilden. Patriotismus ist eine Form des Stolzes auf das eigene Land und die eigene Kultur. Und nur diejenigen, die diese Wertschätzung für das eigene Land in sich tragen, haben auch Verständnis und Respekt für die Liebe anderer Menschen zu ihren jeweiligen Ländern.

Europa und die EU zu reformieren heißt dabei nicht, den Zentralismus voranzutreiben und die Institutionen immer stärker auszubilden, sondern die Macht an die Menschen sowie ihre gewählten Vertreter in den Parlamenten der Mitgliedstaaten zurückzugeben. Der Schlüssel für eine erfolgreiche Reform Europas liegt darin, die Vielfalt von Völkern, Kulturen, Mentalitäten und Lebensweisen zu schätzen und zu bewahren. Brüssel soll an politischer Bedeutung verlieren, dafür direkte Demokratie und Parlamentarismus in den Heimatstaaten gestärkt werden.

Wir sehen dabei das Ausmaß illegaler Migration sowie den organisierten Missbrauch des Asylrechtes als größte Bedrohungen für die gewachsene Kultur Europas. Diese führen nicht nur zu einem Zusammenprall unterschiedlicher Kulturen, sondern auch zum Niedergang autochthoner Völker und damit zu einer Gefährdung des europäischen Charakters. Beides, illegale Migration sowie Missbrauch von Asyl, muss mit allen Mitteln der Rechtsstaatlichkeit bekämpft werden.

Wir wenden uns auch ganz klar dagegen, dass es neben Frau und Mann noch eine absurde Vielzahl anderer Geschlechter geben soll und dass Kinder schon in jüngsten Jahren ihrer geschlechtlichen Identität durch linke Erziehungsexperimente verlustig gehen könnten.

Wir treten aktiv dafür ein, dass in der Welt entstandene Kriege durch Waffenstillstand und Verhandlungen möglichst rasch ein Ende finden. Europa soll sich dabei als Ort für Verhandlungen anbieten und damit dem ursprünglichen Konzept einer EU als Friedensunion gerecht werden.

Wir, die Allianz der Patrioten, wollen, dass sich das Projekt der Europäischen Union auf seine tatsächlichen Zielsetzungen fokussiert: Frieden, Freiheit, Sicherheit und Wohlstand für möglichst alle Bürger sicherzustellen. Wir bekräftigen unser Ziel, unser erfolgreiches Bündnis weiter nach innen zu festigen und zu stärken, damit es nach außen wachsen und an Kraft gewinnen kann. 

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