Andreas Khol (ÖVP)
Gewaltandrohung gegen SPÖ-Chefin Rendi-Wagner
Wirbel um ÖVP Ex-Seniorenbund-Sprecher Andreas Khol. In einem Interview bei einem Privatsender sagte der ehemalige Nationalratspräsident am Montag wortwörtlich: „Pamela Rendi-Wagner hat danach gerufen, dass man ihr eine auflegt“. Obwohl er sich für diese Äußerung bei der SPÖ-Chefin entschuldigte, hagelt es Kritik von mehreren Seiten. Auch eine Entschuldigung von ÖVP-Chef Sebastian Kurz und ein Ausschluss aus der Partei wird gefordert.
ÖSTERREICH. Gesagt ist gesagt. Beim Thema Corona und Schulschließungen gehen die Emotionen hoch. Andreas Khol hat sich für seine sexistische Aussage („Pamela Rendi-Wagner hat danach gerufen, dass man ihr eine auflegt“) bei Rendi-Wagner entschuldigt, nachdem er rund um die Debatte der Schulschließungen (die SPÖ-Parteichefin hatte sich klar dagegen ausgesprochen) diese in einem Interview mit einer Ohrfeige bedrohte.
Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch forderte eine Entschuldigung von Khol. Die Entschuldigung folgte erst, nachdem Lisa Mitterhuber, Pressesprecherin von Pamela Rendi-Wagner, wissen wollte, ob Andreas Khol für die ÖVP gesprochen habe. SPÖ-Frauensprecherin Gabriele Heinisch-Hosek erwartet eine Stellungnahme von ÖVP-Chef und Bundeskanzler Sebastian Kurz. Eine solche Aussage sei eine indirekte Androhung von körperlicher Gewalt, und nicht zu tolerieren, tönt es von SPÖ und auch Grünen.
Kritisieren könne ein jeder, so Khol in dem Interview: "Sie haben leicht lachen, Sie haben keine Verantwortung, Gott sei Dank für Österreich." Und Khol weiter: "Die Schulschließungen hat sich die Regierung sehr genau überlegt. Wenn viele Experten sagen, es muss sein, dann ist mir das Wort einer ehemaligen Ministerin nicht gewichtig genug", adressierte der ÖVPler in Richtung Rendi-Wagner. Der ehemalige Nationalratspräsident berief sich darauf, dass er selbst 16 Enkeln habe. Die Ansteckung erfolge beim Abholen und Hinbringen der Kinder von und in die Schule. Dann zählte er auf, was für großartige Maßnahmen man in der Familie Khol treffe, um eine Ansteckung zu vermeiden.
Rendi-Wagners Haltung zu Schulschließungen
SPÖ-Klubobfrau Pamela Rendi-Wagner bekräftigte auch am Sonntag in einer Aussendung ihre Forderung nach offenen Schulen: „Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass es grundfalsch ist, Schulen zu schließen. Sowohl nationale als auch internationale Studien belegen, dass Kinder in der Schule kein relevanter Infektionstreiber sind“, so die SPÖ-Vorsitzende. „Natürlich können sich Kinder infizieren, aber wir wissen, dass Kinder verglichen mit Erwachsenen nur ein Zehntel der Infektionsrate haben“. Rendi-Wagner habe immer einen konstruktiven, sachlichen und lösungsorientierten Zugang, um gemeinsam diese Jahrhundertkrise zu bewältigen. „Aufgrund des Versagens der Regierung im Corona-Management ist eine Notbremsung mit verschärften Maßnahmen auch notwendig“, sagte Rendi-Wagner. Schulschließungen könne sie jedoch aus fachlicher Sicht nicht mittragen.
Die Entschuldigung von Khol im Wortlaut:
"Ich möchte mich hiermit aufrichtig bei BM a.D. Dr.in Pamela Rendi-Wagner, MSc, für die in meinem Interview mit oe24.tv geäußerte Passage „Pamela Rendi-Wagner hat danach gerufen, dass man ihr eine auflegt“, entschuldigen. Ich habe diese Äußerung weder sexistisch noch als Verharmlosung von Gewalt gemeint, habe mich aber offenbar im Ton vergriffen. Ich bedauere zutiefst, sollte ich die Gefühle von Frau Rendi-Wagner verletzt oder sie in ihrer Person herabgewürdigt haben und ziehe diese Äußerung hiermit zurück."
Auch Kurz und Frauenministerin sollen Stellung beziehen
„Wann genau wird die ÖVP einsehen, dass der Ständestaat vorbei ist? Was hat den ehemaligen ÖVP-Nationalratspräsident Andreas Khol geritten, dass er glaubt, mit so einer Äußerung durch zu kommen? Diese verbale Entgleisung muss Konsequenzen haben - bei der ÖVP-Parteispitze beginnend“, stellt SPÖ Kärnten Landesgeschäftsführer Andreas Sucher am Montag klar. ÖVP-Obmann Sebastian Kurz sei ebenso gefordert unmissverständlich Stellung zu beziehen, wie Frauenministerin Susanne Raab und die ÖVP-Frauen. Eine halbherzige Entschuldigung dürfe nicht alles sein, was von Seiten der ÖVP komme.
Parteiausschluss gefordert
„Hier gilt es nichts zu verharmlosen. Jedesmal wenn wir solche Entgleisungen als 'Ausrutscher' durchgehen lassen, werden wir in der Frauenpolitik um Jahre zurückgeworfen. Das dürfen wir nicht zulassen - nicht in einer Zeit, in der Frauen ohnehin enorm unter Druck stehen, oft Mehrfachbelastungen tragen! Das ist ein Angriff gegen jede arbeitende, selbständige und kritische denkende Frau Österreichs. Wir dürfen nicht zulassen, dass Kurz, Khol und Konsorten unsere Gesellschaft um 70 Jahre zurückwerfen, nur weil ihnen moderne und unabhängige Frauen nicht passen“, so SPÖ Kärnten Frauenvorsitzende Ana Blatnik. Die SPÖ fordert einen Parteiausschluss von Khol.
Grüne verurteilen Aussage scharf
„Diese Äußerung ist nicht nur eine erschreckende und völlig inakzeptable Verharmlosung von Gewalt gegen Frauen. Hinter ihr steht auch ein entsprechendes frauenverachtendes Weltbild, das auf einem sexistischen Fundament aufgebaut ist und Frauen ihre Stimme verbieten will", sagt Meri Disoski, Frauensprecherin der Grünen und Vorsitzende der Grünen Frauen Österreich.
An dieser Tatsache ändere auch die später angebrachte Entschuldigung nichts. „Nichts anderes bringt Khol mit seiner Aussage zum Ausdruck, wenn er meint, dass eine Politikerin, die Kritik übt und eine andere Meinung vertritt, danach rufen würde, sie zu schlagen“, führt Disoski aus. „Ich verurteile diese Aussage Khols zutiefst. Seine inzwischen erfolgte Entschuldigung bei Rendi-Wagner war mehr als nur angebracht. Aber auch sie kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir ein Problem mit strukturellem Sexismus in Österreich haben, das wir dringend lösen müssen", sagt Disoski abschließend.
Politische Laufbahn von Andreas Khol
Von 1994 bis 2002 stand Andreas Khol der ÖVP-Parlamentsfraktion als Klubobmann vor (mit einer kurzen Unterbrechung 1999/2000, als er als Dritter Präsident des Nationalrates fungierte); nach dem Wahlsieg der ÖVP bei der Nationalratswahl 2002 wurde er Präsident des Nationalrates (bis 2006). In diesen Funktionen galt er als enger Vertrauter von Bundesparteiobmann und Bundeskanzler Wolfgang Schüssel. Nach der Nationalratswahl 2006, in der die ÖVP die relative Mandatsmehrheit verlor, verzichtete Khol auf sein Mandat, blieb aber als Bundesobmann des Österreichischen Seniorenbundes (2005–2016) und Präsident des Österreichischen Seniorenrates weiter politisch aktiv. Anfang 2016 nominierte die ÖVP den Verfassungsjuristen zu ihrem Kandidaten für die Bundespräsidentenwahl 2016. Nach seinem Ausscheiden bereits im ersten Wahlgang zog sich Khol aus der aktiven Politik zurück. Der Österreichische Seniorenbund wählte ihn im September 2016 zum Ehrenpräsidenten. Bis heute ist er in den Medien und bei Veranstaltungen regelmäßiger Referent, Kommentator und Diskutant zum politischen Zeitgeschehen.
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