Wegwerfgesellschaft
Lebensmittelverschwendung geschieht vor allem zu Hause
In Österreich landen jährlich über eine Million Tonnen an noch genießbaren Lebensmitteln im Müll. Am meisten davon entsorgen wir in den eigenen vier Wänden. Angesichts von globalen Hungersnöten, Ressourcenknappheit und Klimakrise ein im wahrsten Sinne schwerwiegender Grund, unser privates Konsum-, Ess- und Wegwerfverhalten zu überdenken. Einige Tipps und Ideen, die dabei helfen könnten, haben wir am Ende des Beitrags gesammelt.
ÖSTERREICH. Laut einer Studie der Universität für Bodenkultur (BOKU) aus dem Jahr 2020 belaufen sich die vermeidbaren Lebensmittelabfälle in Österreich jährlich auf rund eine Million Tonnen. Mit rund 521.000 Tonnen landet der mit Abstand größte Anteil davon in unseren privaten Mistkübeln zu Hause. Der Rest wird entweder bereits zuvor in der Landwirtschaft (167.000 Tonnen/Jahr) und im Handel (89.500 Tonnen/Jahr) oder aber in der Außer-Haus-Verpflegung (175.000 Tonnen/Jahr), also etwa in der Gastronomie und Hotellerie, entsorgt.
Bis zu 133 Kilo und 800 Euro pro Haushalt
Entlang der gesamten Wertschöpfungskette werden also Unmengen an einwandfreien Nahrungsmitteln einfach weggeschmissen. Viele wird jedoch die Tatsache überraschen, dass das größte Ausmaß dieser Lebensmittelverschwendung nicht etwa in den Supermärkten oder der Landwirtschaft, sondern in den eigenen vier Wänden stattfindet. Den Studien der BOKU zufolge landen in jedem österreichischen Haushalt jährlich bis zu 133 Kilogramm an noch essbaren Lebensmitteln im Müll. Ungeachtet der Essensverschwendung entspreche das einem Wert zwischen 250 und 800 Euro.
Brot, Obst und Gemüse besonders oft im Müll
Dabei zeigen Restmüllanalysen und Umfragen, dass nicht alle noch genießbaren Lebensmittel gleichermaßen weggeworfen werden: Am häufigsten wird etwa Brot und Gebäck (28 Prozent) bzw. Obst und Gemüse (27 Prozent) entsorgt. Knapp ein Viertel entfällt auf tierische Produkte, also Fleisch, Wurstwaren und Fisch (11 Prozent) oder Milchprodukte, Eier und Käse (12 Prozent). Immer noch sieben Prozent machen Grundnahrungsmittel, etwa Reis und Nudeln, aus. Der Restanteil (15 Prozent) setzt sich aus diversen anderen Nahrungsmitteln zusammen.
Auf Kosten von Umwelt und Klima
Dabei hat das Essen, das wir oft unbedacht in unserem Restmüll entsorgen, einen langen Weg inkl. erheblichem Ressourcenverbrauch hinter sich. Es wurde angebaut, gewässert, gedüngt und geerntet, mehrmals transportiert, gelagert, oft gekühlt und verarbeitet. Unser Essverhalten hat dementsprechend eine beachtliche Klimawirkung: Laut einer vom WWF in Auftrag gegeben Studie verursachen wir in Österreich etwa 20 Prozent des persönlichen CO2-Fußabdruckes durch unsere Ernährung.
Weiters rechnet die Umweltschutzorganisation vor, dass die weltweite Lebensmittelverschwendung für rund zehn Prozent des globalen Treibhausgasausstoßes verantwortlich ist – das sei knapp doppelt so viel wie der jährliche Ausstoß des Autoverkehrs in der EU und den USA zusammen.
Hier Verschwendung, dort Hungersnöte
Während wir in unserer Überfluss- und Wegwerfgesellschaft tagtäglich noch einwandfreies Essen im Müll entsorgen, hungern laut Welthungerhilfe bis zu 828 Millionen Menschen weltweit. Das bedeutet, jeder zehnte Mensch leidet unter chronischem Hunger. Besonders betroffen sind dabei Kinder, wie eine traurige Statistik der Hilfsorganisation verdeutlicht. Demnach stirbt alle dreizehn Sekunden ein Kind unter fünf Jahren an den Folgen von Hunger.
Tipps und Ideen gegen Lebensmittelverschwendung
In Anbetracht dieser Daten und Fakten ist es wohl offensichtlich: Wir sollten etwas an unseren privaten Konsum-, Ess- und Wegwerfverhalten ändern. Das Gute daran, wir können bereits heute damit beginnen – diese Tipps und Ideen mögen uns dabei helfen:
- Bewusst Einkaufen: Im Voraus überlegen, welche Lebensmittel tatsächlich benötigt werden. Bei Großpackungen und Mengenrabatten lieber zweimal nachdenken, ob man wirklich so viel benötigt.
- Richtig lagern: Lebensmittel sollten entsprechend den Empfehlungen gelagert werden. Neue Einkäufe werden im Kühl- und Küchenschrank am besten hinten verstaut. Essensreste bleiben in luftdichten Behältern länger frisch.
- "Mindestens haltbar": Lebensmittel, deren Mindesthaltbarkeitsdatum bereits überschritten ist, können meist noch problemlos verzehrt werden. Nicht umsonst steht da "mindestens haltbar". Herrscht Unsicherheit, schafft der Drei-Sinne-Test Abhilfe: ansehen, riechen und schmecken. Unsere Sinne erkennen Unstimmigkeiten meist sofort.
- Kreativ werden: Aus Essensresten können neue Gerichte kreiert werden. Auch überreife Früchte oder altbackenes Brot lassen sich weiterverarbeiten. Werde kreativ und lass deinem inneren Jamie Oliver freien Lauf.
- Einfrieren: Neben Brot und Fleisch eignen sich auch Milch- und Molkereiprodukte, Obst und Gemüse sowie fertig gekochte Speisen bestens zum Einfrieren. Beachte: Produkte mit hohem Wassergehalt, etwa Salat, werden beim Auftauen matschig.
- Haltbar machen: Ob Einkochen, etwa als Marmelade oder Chutney, Einwecken, Einlegen, Dörren oder Kandieren – es gibt viele Möglichkeiten, die Haltbarkeit frischer Produkte zu verlängern.
- Teilen und Verschenken: Wenn es mal wirklich zu viel ist, Essen in der Nachbarschaft und im Freundeskreis verteilen oder an Food Sharing Dienste verschenken.
- Achtsam bleiben: Im Umgang mit Lebensmittel achtsam bleiben – egal ob vor dem Supermarktregal, beim Restaurantbesuch oder in der eigenen Küche.
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