Streiks, Budgetnot, Besetzungen
Die heimischen Universitäten in der Krise
Ein Budget, das hinten und vorne nicht ausreicht, drohende Streiks der Angestellten sowie protestierende Studierende, die Hörsäle besetzt halten – die heimischen Universitäten haben derzeit gleich mit mehreren Krisenherden zu kämpfen.
ÖSTERREICH. An den österreichischen Universitäten herrscht derzeit Unmut und Unsicherheit. Die prekäre Budgetsituation zwingt die Hochschulen zu einschneidenden Sparmaßnahmen. So kündigte etwa die TU-Wien vor Kurzem eine einmonatige Schließung an – TU-Rektorin Sabine Seidler sprach von drohender Zahlungsunfähigkeit. Die heimischen Universitäten sind sich jedenfalls einig: Um die steigenden Kosten zu decken, bräuchten sie für die Jahre 2022 bis 2024 insgesamt 1,2 Milliarden Euro mehr Budget.
Der zuständige Wissenschaftsminister Martin Polaschek (ÖVP) hat auf den Druck der Unis reagiert und ihnen zusätzlich 150 Millionen Euro zugestanden – damit steigt ein für 2023 vorgesehener Teuerungsausgleich auf insgesamt 400 Millionen Euro. Die Präsidentin der Universitätenkonferenz begrüßte zwar die Maßnahme, bezeichnete sie aber gleichzeitig als nicht ausreichend. Schärfere Worte fanden Gewerkschaft und Studierendenvertretung. Sie bezeichneten die zusätzlichen 150 Mio. Euro als "Witz" und "Kasperltheater".
Einstimmung auf den "Arbeitskampf"
Vor diesem Hintergrund beginnen nun Gehaltsverhandlungen an den Universitäten. Vonseiten der Betriebsräte blickt man diesen offenbar wenig zuversichtlich entgegen. So kündigte etwa der Uni Wien-Betriebsratsvorsitzende Karl Reiter vor rund zwei Wochen an, "die Kolleginnen und Kollegen auf einen möglichen Arbeitskampf einzustimmen".
Am heutigen Mittwoch unterstrich Reiter nochmals seinen Unmut: "Die Situation ist katastrophal zur Zeit – wie hier vor allem von der Regierungsseite mit der Finanzierung der Universitäten umgegangen wird." Er sehe momentan kein Licht am Horizont, so der Uni Wien-Betriebsratsvorsitzende gegenüber Ö1.
Betriebsversammlungen inkl. Streikszenarien
Im Vorfeld der Lohnverhandlungen finden am Mittwoch in ganz Österreich Betriebsversammlungen statt. Dort sollen die Mindestforderungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie schon jetzt mögliche Streikszenerien festgelegt werden.
Das absolute Minimum für die bevorstehenden Uni-Gehaltsverhandlungen sei der Teuerungsausgleich, also rund sieben Prozent mehr, alles darunter würde im Streik enden – ein bei der derzeitigen budgetären Lage nicht völlig abwegiges Szenario.
"Eine Situation, in die wir nicht geraten wollen, ist die Qual der Wahl" zwischen keinem KV-Abschluss oder einem, der in weiterer Folge Einstellungsstopps oder sogar Kündigungen nach sich zieht, betonte Oliver Vitouch, Rektor der Uni Klagenfurt sowie Vizepräsident der Universitätenkonferenz, im Ö1-Morgenjournal.
Studierende protestieren mit Besetzungen
Unmut zeigen auch Studierende. Sie protestieren derzeit mit besetzten Hörsälen in ganz Österreich. Die Anliegen der Studentinnen und Studenten sind breit gefächert und gehen über den Klimaschutz hinaus. Wesentlich auch für sie: mehr Geld für die Unis.
Mit den Budgetforderungen der Universitäten zeigen sie sich entsprechend solidarisch, auch wenn ihnen etwaige Streiks wesentlich zu Lasten fallen würden. Denn dann entfiele für rund 300.000 Studierende der Lehrbetrieb, warnt etwa Studierendenvertreter Daniel Müller aus Innsbruck gegenüber Ö1.
Während die Lohnverhandlungen anlaufen, kämpfen die Studierenden in den Hörsälen weiter für mehr Mitbestimmung, Klimagerechtigkeit, einen Ausstieg aus fossiler Energie und eben mehr finanzielle Mittel. "Solange die Unis mit ihrem Budget nicht einmal den Status quo decken können, ist nicht der Zeitpunkt gekommen, um wegzugehen, sondern lauter zu werden und weiter zu protestieren", zeigte sich eine Sprecherin der Uni-Besetzungen am Dienstag im Standard-Interview kampfesmutig.
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