Einstiegsdroge für Jugendliche
"Snus" wird immer mehr zum Jugend-Problem

"Snus" wird in Form von kleinen Beutelchen zwischen Zähne und Lippe geschoben. | Foto: Foto: Danilov1991xxx/Panthermedia
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  • "Snus" wird in Form von kleinen Beutelchen zwischen Zähne und Lippe geschoben.
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Immer mehr Jugendliche "snusen" und schaden damit ihrer Gesundheit ganz massiv. Das Tragische daran:  Die Konsumenten werden immer jünger.

BEZIRK BRUCK-MÜRZZUSCHLAG. "Snus" (gesprochen wird: snüs) gibt es schon seit vielen Jahren; es gilt als rauchfreie Alternative des Tabakkonsums und besteht aus fein gemahlenem Tabak vermengt mit Aromen, Salzen, Wasser, Feuchthaltmitteln und Puffer, portioniert in kleinen Päckchen. Ursprünglich aus Skandinavien stammend finden die kleinen Tabakbeutel, die man sich zwischen Zähne und Lippe legt, auch in unseren Breiten vor allem bei Jugendlichen immer öfter Verwendung – und das, obwohl der Verkauf laut Vivid (Suchtberatungsstelle)europaweit durch die Tabakproduktrichtlinie 2001/37/EU verboten ist; einzig Schweden hat 1994 für sich eine Ausnahmeregelung erwirkt.

Mehrfache Wirkung

Das Nikotin, das in den kleinen Päckchen oft in der Dosierung mehrerer Zigaretten enthalten ist, wird über die Mundschleimhaut aufgenommen. "Nikotin hat einerseits eine aktivierende, aufputschende, anregende Wirkung, andererseits, über die Herabsetzung der Muskelspannung, auch einen entspannenden Effekt. Weiters führt Nikotin zur Ausschüttung von Dopamin, ein Botenstoff im Gehirn, der eine wichtige Rolle in der Entwicklung von Sucht und Abhängigkeit spielt. Prinzipiell führt regelmäßiger Konsum von psychoaktiven Substanzen (Nikotin, Alkohol oder andere illegalisierte Substanzen) sowohl bei Erwachsenen als auch bei Jugendlichen zu Veränderungen im Hirnstoffwechsel, teilweise auch zu strukturellen Veränderungen im Gehirn. Bei Jugendlichen ist jedoch die Entwicklung des Gehirns noch nicht abgeschlossen. Ein Eingriff in die sensible Hirnchemie sollte daher möglichst vermieden werden", erklärt Vera Kaiser von der Steirischen Gesellschaft für Suchtfragen b.a.s. 

Der Verkauf von "Snus" ist in Europa verboten, mit Ausnahme Schweden. Bei uns ab 18 Jahren erhältlich sind jedoch so genannte "Nic-Bags". | Foto: Pixabay
  • Der Verkauf von "Snus" ist in Europa verboten, mit Ausnahme Schweden. Bei uns ab 18 Jahren erhältlich sind jedoch so genannte "Nic-Bags".
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Snus ist potenziell gesundheitsgefährdend: So ist das Risiko für Lungenkrebs im Vergleich zum Rauchen zwar geringer, jenes für Krebs im Mund- und Rachenraum durch Snus jedoch höher. Laut DKFZ (Deutsches Krebsforschungszentrum in Heidelberg)enthalten rauchlose Tabakprodukte krebserzeugende (kanzerogene) Stoffe, welche Bauchspeicheldrüsenkrebs, Mundhöhlenkrebs und Speiseröhrenkrebs auslösen können. Sie enthalten zudem giftige Substanzen; diese schädigen die Nerven und können Vergiftungssymptome wie Übelkeit und Atembeschwerden auslösen, die bei hohen Dosen sogar bis zum Atemstillstand gehen können. Und: Rauchlose Tabakprodukte, inklusive Snus, verursachen Parodontitis, Karies, Zahnverlust, Zahnfleischrückgang, Frühgeburten und Präeklampsie (schwangerschaftsbedingter Bluthochdruck); möglicherweise sind sie auch an der Entstehung von Schäden des Herz-Kreislaufsystems, Diabetes und des metabolischen Syndroms beteiligt.

Snus gilt als Einstiegsdroge, vor allem für Jugendliche. Viele Sportler:innen greifen zu Snus, weil es als mental leistungssteigernd gilt. 

Nikotinbeutelchen

Nicht zu verwechseln ist Snus mit Nikotinbeuteln, die in Österreich seit etwa 2019 auf dem Markt sind, keinen Tabak sondern Nikotin enthalten und unter der Bezeichnung „Nikotinsäckchen“, „Nikotin-Pouches“ und „Nic-Bags“ erhältlich sind. Vom österreichischen Tabak- und Nichtraucherinnen- und Nichtraucherschutzgesetz (TNRSG) sind sie derzeit nicht erfasst. Denn mangels Tabak fallen sie nicht in die Definition „Tabakerzeugnisse“ und mangels Erhitzung fallen sie nicht in die Definition von „Verwandten Erzeugnissen“, zu denen E-Zigaretten zählen. Auch die EU-Tabakprodukte-Richtlinie regelt Nikotinbeutel bislang nicht. Sie fallen auch nicht unter das Tabakmonopol und sind somit ab 18 Jahren frei erhältlich.

Warum aber greifen Jugendliche immer öfter zu Snus? "Darauf kann ich Ihnen leider auch keine Antwort geben. Aber in der ESPAD-Befragung 2019 – das ist eine Befragung von europäischen Schüler:innen zum Thema Alkohol und Drogen – gaben 12,4 Prozent der steirischen Schüler:innen an, bereits Snus oder Kautabak konsumiert zu haben", so Vera Kaiser.

Problematik an heimischen Schulen

Einer, der die Snus-Problematik unter Jugendlichen immer öfter beobachtet und deshalb jetzt auch zum Thema macht, ist Peter Zwigl, Direktor am BG/BRG/BORG Kapfenberg. Zuletzt hat er sich mit per E-Mail an die Eltern seiner Schülerinnen und Schüler gewandt. "Warum Jugendliche teilweise schon im Alter von 13 oder 14 Jahren zu Snus greifen, weiß ich nicht. Aber ich denke, es ist eine Mischung aus mehreren Faktoren: Einerseits soll es beruhigend wirken, andererseits ist es eine geruchlose Alternative zum Rauchen, d.h. es kann besser unbemerkt also niederschwelliger konsumiert werden. Manche wollen vielleicht einfach nur probieren und sich einen Kick dabei holen", vermutet er. Dazu kommt, coronabedingt, aber noch ein weiterer, nicht unwesentlicher Aspekt: "Dadurch, dass wir in der Schule lange Zeit Masken tragen mussten, blieb der Konsum von Snus in vielen Fällen unbemerkt. Ich sehe ja nicht, was sich hinter der Maske tut." Und vielleicht sind es auch die durch Corona massiv gestiegenen psychischen Probleme, die Jugendliche immer öfter zu den kleinen Beutelchen greifen lassen."

Peter Zwigl ist Direktor am BG/BRG/BORG Kapfenberg; er kämpft jetzt gegen die Snus-Problematik unter Jugendlichen an seiner Schule mit Hilfe von Workshops zur Aufklärung an. | Foto: Paller
  • Peter Zwigl ist Direktor am BG/BRG/BORG Kapfenberg; er kämpft jetzt gegen die Snus-Problematik unter Jugendlichen an seiner Schule mit Hilfe von Workshops zur Aufklärung an.
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Kampfansage

Gerade deshalb ist Zwigl fest entschlossen, dagegen anzukämpfen: "Ich kann als Schule, anders als andere, nicht tatenlos zusehen, sondern muss reagieren", ist er überzeugt. Deshalb setzt er auf Prävention in Form von Workshops und Aufklärung für Eltern, Schüler:innen und Lehrer:innen; Hilfe holt er sich dabei von Vivid (Fachstelle für Suchtprävention). Schon Anfang Juni soll es deshalb einen Workshop für Lehrer:innen geben, in dem auch über die rechtliche Lage informiert wird. Zwigl ist nämlich der Meinung, dass zu wenige Schulpsycholog:innen bzw. Sozialarbeiter:innen für diesen Bereich zur Verfügung stehen bzw. greifbar sind, dies aber genau deren Aufgabe wäre.

"Wir informieren deshalb auch verstärkt die Eltern über die Problematik. Generell bemerken wir, durch einen gesamtgesellschaftlichen Wandel bedingt, dass sich viele Eltern einfach viel zu wenig um ihre Kinder kümmern, mit ihnen wichtige Themen wie eben dieses Thema nicht bzw. zu wenig besprechen", so Zwigl.

"Und wir reden natürlich auch mit den Schüler:innen. Wir können außerdem über unsere Hausordnung regeln, dass der Konsum in der Schule verboten ist; bei Zuwiderhandeln sind dann eben dementsprechend die Konsequenzen zu tragen", so Zwigl.

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