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SteirerStimmen Folge 143: Vom Text zum Täter mit Karoline Marko
Im Podcast SteirerStimmen erklärt die Sprachwissenschaftlerin Karoline Marko die Disziplin der "forensischen Linguistik". Sie verrät, wie von einem Text auf eine Person geschlossen werden kann, was Emojis über das Alter ihrer Verfasserinnen und Verfasser aussagen und welche Ausbildungsangebote es im Bereich der forensischen Linguistik gibt.
GRAZ. Eine hochrangige Politikerin erhält seit einigen Wochen Drohbriefe, die möglicherweise alle von derselben Person stammen. Die Polizei kommt bei einer Ermittlung nicht mehr weiter, ist aber auf eine Postkarte gestoßen, die der bislang unbekannte Täter geschrieben haben könnte. Ein Jugendlicher wird ständig mit anonymen Textnachrichten belästigt, in denen er beleidigt wird.
All diese Fälle haben zwei Gemeinsamkeiten: Sie sind erstens frei erfunden. Wären sie das nicht, könnte aber zweitens die sogenannte forensische Linguistik zu ihrer Aufklärung beitragen.
Von Rechtssprache bis Straftaten
Bei der forensischen Linguistik handelt es sich, wie die Anglistin Karoline Marko im Podcast SteirerStimmen erläutert, um eine sprachwissenschaftliche Disziplin mit drei verschiedenen Anwendungsfeldern: Zunächst gibt es die sogenannte Rechtslinguistik, die sich mit der Rechtssprache und deren Verständlichkeit beschäftigt. Ein zweiter Bereich untersucht die Sprachverwendung in polizeilichen Verhören und vor Gericht, um beispielsweise Diskriminierungen und Ungleichbehandlungen erkennen und diesen vorbeugen zu können.
Beim dritten Anwendungsfeld handelt es sich schließlich um die sogenannte Autorenanalyse, die insbesondere für die Aufklärung und Verfolgung von Straftaten von Relevanz ist. Eine solche könnte für die einleitend genannten, erfundenen Tatbestände zur Anwendung kommen.
Was Texte verraten
Innerhalb der Autorenerkennung unterscheidet man, wie Marko erläutert, wieder zwischen zwei verschiedenen Arten der Textanalyse: Einerseits kann der Fall vorliegen, dass von einem anonymen Text auf den Urheber bzw. die Urheberin geschlossen werden soll, indem etwa Alter, Geschlecht, Bildungsniveau oder ähnliche Größen ermittelt werden.
Andererseits kann aber auch das Szenario eintreten, dass ein Schriftstück und weitere Vergleichstexte vorliegen. In diesem Fall soll dann herausgefunden werden, ob alle Texte von derselben - möglicherweise ohnehin bereits verdächtigten - Person stammen.
Der Fall Franz Fuchs
Als ein bekannter Fall, für dessen Aufklärung auf Methoden der forensischen Linguistik zurückgegriffen wurde, gelten die Ermittlungen rund um Franz Fuchs. Der steirische Attentäter verschickte in den Jahren 1993 bis 1996 insgesamt 25 Briefbomben und legte drei Sprengfallen, wodurch vier Menschen getötet und dreizehn weitere Personen zum Teil schwer verletzt wurden.
Im Rahmen der Beweisaufnahme wurden die sichergestellten Reste der Briefbomben mit Bomben-Bauplänen, Notizen aus Lexika und Ziffernschreibungen verglichen, die in der Wohnung von Franz Fuchs aufgefunden wurden. Diese belegten eindeutig, dass er der gesuchte Bombenbauer war, da Fuchs als Urheber sämtlicher Schriften identifiziert werden konnte. Darüber hinaus bestärkte die insgesamt sechs Monate andauernde Analyse des Schriftmaterials aber auch die Einzeltätertheorie, weil keinerlei Hinweise auf die Existenz möglicher Mittäterinnen oder Mittäter gefunden wurden. Unter anderem aufgrund dieser Erkenntnisse wurde Fuchs für schuldig befunden zu lebenslanger Haft verurteilt.
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