Leserpost zum Thema EKZ
Zwettl hat hat hat
... mehr zu bieten als öde Handelskettenmonotonie! Zum Beispiel engagierte Bürger, die bei weitreichenden Entscheidungen mitbestimmen wollen und die genug haben von der totalen Kommerzialisierung immer weiterer Bereiche. Sie sind fähig, in Alternativen zu denken. Aber beim Denken soll es nicht bleiben!
Dass das projektierte Einkaufszentrum in Zwettl ein wirtschaftflicher Schildbürgerstreich wäre, wurde von kompetenter Seite ausführlich dargelegt. Dadurch wurde mit Zahlen und Daten belegt, was eine einfache Überlegung schon offensichtlich macht.
Die durchaus als kriminell zu bezeichnende Misswirtschaft der letzten Jahrzehnte macht einen in absehbarer Zeit nennenswerten Zuwachs an Kaufkraft so wahrscheinlich wie ein wohlwollendes Eingreifen von Außerirdischen.
Chronische Schuldenpolitik (sehr zum Nutzen der Banken, aber zum Schaden der Bürger gleich mehrerer Generationen), Eurofighter (auf dubiose Weise erworben, auf Jahrzehnte hinaus eine finanzielle Bürde), zig-Millionen mit denen wir jährlich Eruatom mit unserem sauer erwirtschafteten Geld sponsern, die irrwitzigen Beträge, die im österreichischen Korruptionssumpf verloren gehen, die inzwischen unüberschaubare Zahl an sogenannten Bankenrettungen im In- und Ausland, ESM - all das will finanziert sein.
Jemanden, der uns weismachen will, ein weiterer Einkaufstempel in einer mit Verkaufsfläche bereits überversorgten Stadt, würde irgendein wirtschaftliches Problem lösen, kann man, will man höflich sein, als Träumer bezeichnen.
Es geht um viel mehr als um ein völlig sinnloses Bauprojekt:
Ziemlich genau vor vierzig Jahren schrieb der bayrische CSU-Abgeordnete Herbert Gruhl ein packendes Buch mit dem Titel "Ein Planet wird geplündert". Darin belegte der Autor akribisch den damaligen Stand der Naturzerstörung und gewissenlosen Ausbeutung der Ressourcen der Erde. Fast alle von ihm bearbeiteten Parameter haben sich seit damals dramatisch verschlimmert, einige sind dazugekommen, z.B. der sich unerwartet rasch beschleunigende Klimawandel.
Im heurigen, an klimabedingten mittleren Katastrophen wahrlich nicht armen Sommer, ging eine Meldung durch die Medien: In Österreich werden 20 ha (in Worten: zwanzig!) durch Baumaßnahmen mit Beton oder Asphalt versiegelt. PRO TAG! Die Folgen für den Wasserhaushalt sind verheerend. Bereits ein Viertel des Niederschlags gelangt nicht mehr in den natürlichen Wasserkreislauf.
Würden alle Menschen so leben wie wir in Europa, bräuchten wir heute schon mehr als zweieinhalb Planeten wie die Erde:
Als Ursache für solch aberwitziges Verhalten identifizierte Gruhl hemmungslose Habgier. Wer kann, kauft, egal ob notwendig, ob wenigstens sinnvoll, oder auch zum Schaden anderer. Von den Einkaufszentren typischerweise vertetenen Handelsketten werden fast ausschließlich Waren vertrieben, die in sogenannten "Billiglohnländern" unter menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen erzeugt werden. Bereits 65 Prozent aller in Österreich verkauften Waren kommen heute aus China! Mit diesem globalisierten Handel ist es der Politik gelungen, das einheimische Gewerbe fast zur Gänze zu vernichten. Demokratisch organisierte Betriebe wie "Die Waldviertler Werkstätten" in Schrems sind eine rühmliche Ausnahmen. (Macht man Heini Staudinge deshalb solche Schwierigkeiten wegen seiner von Kunden mitfinanzierten Photovoltaikanlage?)
Was hinterlassen wir unseren Kindern?
Wie werden kommende Generationen über uns urteilen? Werden sie uns lobpreisen für
- die exorbitanten Schulden?
- die zerstörten Grundwassersysteme?
- die verschwendeten Ressourcen?
- die Müllberge?
- die verseuchte, erodierte Erde?
- die ausgestorbenen Tier- und Pflanzenarten?
- die unglaublich hässliche Architektur (gemessen an den charaktervollen, ästhetischen Bürgerhäusern in Zwettl), die regelmäßig einen unerträglichen Tiefpunkt erreicht, wenn ein Einkaufszentrum in die Landschaft geklotzt wird?
Oder werden uns kommende Generationen für all das verfluchen?
Konservative Politik machen heißt, Wertvolles konservieren, also bewahren:
Wollen wir einen überflüssigen, hässliche, energieverschwendenden, die Anrainer (halb Zwettl!) schwer belastenden Konsumpalast am sensiblen Flussufer nächst der historischen Stadtmauer (übrigens Hochwassergebiet!)? Nehmen wir dafür das unvermeidliche Aushungern der Innenstadt in Kauf? Und die absehbare zusätzliche Verkehrsbelastung? Ein weiterer wirtschaftliches Ausbluten des Umlandes? All das im Geiste der Habgier und Verschwendung?
Oder lassen wir ein kleines Stück Restnatur unangetastet von Bauwahn und Zerstörungswut? Warum nicht einen netten, kleinen Park mit Obstbäumen, mietbaren Beetflächen und/oder einem Streichelzoo?
Gewiss: Natur aus zweiter Hand, aber ein Signal der Umkehr, des sich Besinnens auf wirklich Lebenswichtiges...
Robert Reimer per Leserbrief
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