Über 900 Seiten
Zwettler Stadtgeschichte in zwei Bänden präsentiert
Historiker präsentierten einen Meilenstein in der lokalen Geschichtsforschung in Zwettl: Zwei Bände umspannen vier Epochen vom Mittelalter bis ins 21. Jahrhundert und bieten auf insgesamt 918 Seiten spannende Hintergründe zur Stadtgeschichte.
ZWETTL. Die Stadtgemeinde Zwettl lud am 25. Oktober zur Präsentation eines Meilensteins der lokalen Geschichtsforschung in den Sparkassensaal: Es wurden die beiden neuerschienenen Bände der Stadtgeschichte Zwettl der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Bücher sind das Ergebnis siebenjähriger Forschungstätigkeiten und schließen Forschungslücken in der Zwettler Stadtgeschichte über die vier Epochenblöcke Mittelalter, Frühe Neuzeit, 19. sowie 20./21. Jahrhundert. Rund 150 Gäste folgten der Einladung.
Start im November 2017
Das Projekt zur Erforschung der Stadtgeschichte Zwettls startete bereits im November 2017 mit Organisationsarbeiten und der Vorbereitung. Unter der fachlichen Projektleitung des früheren Stadtarchivars und „geistigen Vater“ des Projekts, Friedel Moll und Stadtarchivarin Elisabeth Moll sowie der organisatorischen Projektleitung von Stadtamtsdirektor-Stellvertreter Werner Siegl forschte seit Juni 2018 ein 14-köpfiges Team namhafter Historikerinnen und Historiker im Stadtarchiv Zwettl und in zahlreichen weiteren Archiven NÖs und Wiens. Sie hielten ihre Erkenntnisse in leicht lesbaren, aber fundierten Texten fest.
Verständnis der Vergangenheit
Dafür bedankten sich bei der Präsentation Bürgermeister Franz Mold und Vizebürgermeister Andrea Wiesmüller (beide ÖVP) herzlich.
„Ich bin überzeugt, dass diese beiden Bücher bei den Leserinnen und Lesern das Verständnis für Vergangenes wecken, die bewusste Auseinandersetzung mit unserer Geschichte fördern und sowohl als Lektüre als auch als Nachschlagewerk geschätzt werden“
, so Bürgermeister Franz Mold.
Überraschung: Weingarten bei Edelhof
Nach einer Gesamtpräsentation der Forschungsergebnisse im Oktober 2023 wurde vom Gemeinderat in der Sitzung am 19. März 2024 ein Grundsatzbeschluss zum Druck der Ergebnisse in Buchform gefasst. Damit wurden die Weichen für die Präsentation der beiden Bände gestellt.
Den Anfang machte Herbert Krammer, der auszugsweise die Stadtgeschichte Zwettl im Mittelalter, in der frühen Neuzeit und im 19. Jahrhundert vorstellte. Er griff dazu große Themen wie Bierbrauen, Migration und die städtischen Wappen heraus und präsentierte einige überraschende Forschungsergebnisse. So hatte das Forschungsteam herausgefunden, dass einst beim nahegelegenen Edelhof ein Weingarten angelegt worden war.
Lichtensteiner in Vergessenheit
Für Herbert Krammer selbst ist es verwunderlich, dass die Lichtensteiner, die im Jahr 1312 den Kuenringern als Stadtherren nachgefolgt waren, heute in Zwettl kaum bekannt sind und nicht mit einer eigenen Straße geehrt werden, lenkten sie doch über 100 Jahre die Geschicke der Stadt und verliehen ihr ein eigenes Wappen. Aber das liegt wohl in der Geschichtsforschung des 19. Jahrhunderts begründet, hielt Krammer fest, sowie in der identitätsstiftenden Kuenringerausstellung im Jahr 1981.
Zeitzeuge erzählte vom Hundertwasserbrunnen
Nach diesem informativen Vortrag bat Mag. Dr. Stefan Eminger den ehemaligen Zwettler Kulturstadtrat RegR Leopold Rechberger zu einem Gespräch auf die Bühne. Die beiden führten eine launige Unterhaltung über Kulturthemen, die Zwettl im späten 20. Jahrhundert bewegten. Natürlich wurde dabei auch die Entstehungsgeschichte des Hundertwasserbrunnens angesprochen.
Von den ursprünglichen Plänen, einen barocken Brunnen nachzubauen und darauf die original barocke Florianstatue, die heute an der oberen Landstraße steht, aufzusetzen, kam die Gemeindevertretung bald ab und beschloss, einen zeitgenössischen Künstler zu engagieren.
Peter Kastner wurde beauftragt, bei seinem Nachbarn Friedensreich Hundertwasser anzufragen, ob er nicht ein Brunnenprojekt umsetzen möge – am besten ohne Künstlerhonorar dafür zu verlangen, was Kastner tatsächlich gelang. Bei der Präsentation des Brunnenmodells in der Galerie von Helmut Schickhofer wurde Leopold Rechberger vom aufkeimenden Widerstand der Gästeschar überrascht.
„Die gerade Linie ist gottlos“
Es folgten einige Stadtbegehungen mit dem renommierten Künstler. In jener Zeit wurde das Stadtzentrum neu gepflastert. Die Handwerker hatten Schnüre gespannt, um die Steine schön gerade ausrichten zu können. Friedensreich Hundertwasser meinte zu Leopold Rechberger: „Die gerade Linie ist gottlos,“ marschierte in den Baustellenbereich und begann, die Steine in einer geschwungenen S-Form zu legen. Die Handwerker waren entsetzt, doch das künstlerische Muster wurde in die ursprüngliche Planung übernommen und blieb einige Jahre, bis die nächsten Grabungsarbeiten notwendig wurden, erhalten.
Erhältlich in Bürgerbüro, Zwettl-Info und Buchhandel
Gebundenes Wissen über Zwettl
Gabriele Kramer-Webinger und Josef Paukner sorgten für die musikalische Umrahmung, durch den Abend führte Elisabeth Moll. Sie bedankte sich bei Bürgermeister Franz Mold und Vizebürgermeister Andrea Wiesmüller dafür, dass diese ihre Geschichtsaffinität unter Beweis stellten und die Herausgabe der Stadtgeschichtebücher möglich machten.
„Es liegen nun schöne, gebundene Bücher zum Blättern und Schmökern vor, mit denen Geschichtsinteressierte viel Freude haben werden“
, so Moll. Die Bücher gibt's im Bürgerbüro, in der Zwettl-Info sowie im regulären Buchhandel.
Das Forschungsprojekt zur Zwettler Stadtgeschichte wurde unter anderem durch Fördermittel der Wissenschaftsabteilung des Landes Niederösterreich möglich gemacht.
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