„Ich bin dann mal weg“
Pilgerreise: Als Zwettlerin allein am Jakobsweg

Melanie in Finisterre, am „Ende der Welt“ an der Westküste von Galicien im Nordwesten Spaniens | Foto: privat
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  • Melanie in Finisterre, am „Ende der Welt“ an der Westküste von Galicien im Nordwesten Spaniens
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Melanie Mayerhofer aus Zwettl marschierte 800 Kilometer von Saint-Jean-Pied-de-Port in Frankreich bis nach Santiago de Compostela.

ZWETTL/SANTIAGO DE COMPOSTELA. Von diesen vier Wochen inspiriert weiß sie heute umso mehr:

„Der Weg ist nicht so wichtig, sondern die Menschen darauf und die Verbundenheit, die mit ihnen entsteht."

Eigentlich beschritt Melanie den Jakobsweg nur, weil sie wiederholt ankündigte, diesen Weg in Angriff zu nehmen. Nachdem sie mehrfach angestupst wurde, fasste sie endlich den Entschluss dazu. Zuvor wollte sie ihre Kondition steigern und unternahm mit ihrem Vater eine Radtour von Zwettl zum Großglockner.

„Es ist jedoch nicht unbedingt notwendig, fit zu sein. Jeder kann seinen eigenen Weg bestimmen, manche Menschen gehen nur sechs Kilometer am Tag“,

so Melanie. Ihr Durchschnitt lag bei 33 Kilometern pro Tag – der Rekord bei beeindruckenden 43,7 Kilometern.

Man braucht nicht viel

Bevor die Stempeljagd startete, brachte Melanie noch schnell ihre Hunde beim Züchter unter, der sich dafür dankenswerterweise bereit erklärte. Ausgestattet mit Rucksack, zwei Hosen, drei T-Shirts, zwei Paar Socken, drei Unterhosen (Waschmaschinen gibt es in den Herbergen), gut eingegangenen Wanderschuhe, (plus Reserveschuhe), Nordic-Walking-Stöcke (die haben sich bewährt), Kapperl, Regenponcho, Handy, Haarbürste, Zahnbürste und Handtuch suchte sie sich das ideale September-Wetter um die 17 Grad Celsius aus, inklusive Regenschauern und einem Sonnenbrand. Die Sonnencreme befand sich zu Hause. Eine Stirnlampe für die frühen, dunklen Morgenstunden kam auch mit.

Tipi-Zelt und Schlafsäle

„Die ersten zwei Nächte habe ich vorgebucht, weil ich nicht wusste, ob es einfach ist, ein Quartier zu bekommen. Danach bin ich bis zum letzten Tag ohne Vorbuchung weitergelaufen“,

was sich als kleiner Fehler erwies.

„In Santiago war es schwer. Da hätte ich auf die Ratschläge der anderen hören sollen. Nach zwei Stunden Suche wurde ich endlich fündig.“

Die Unterkünfte variierten von Schlafsälen mit 30 Personen über private Herbergen mit Garten, Kloster und Dachboden bis hin zu einem Tipi-Zeltlager mit nur acht Leuten.

"Zum Glück schlafe ich recht gut, weshalb mich Schnarchen und Mitreisende, die die Nachtruhe missachteten, nicht gestört haben",

erwähnt Melanie. Die Hygienebedingungen reichten von sauber bis hin zu "es geht noch".

„Ich will heim“

Erwartungshaltung, Langeweile und Angst kamen nie auf.

„Meine Mutter hatte sehr viel mehr Angst um mich.“

Trotzdem ergab sich für Melanie auf halber Strecke ein Moment, der Unbehagen in ihr hervorrief: das Hochwasser zu Hause.

„Das hatte ich ständig im Kopf, da wollte ich nach Hause. Aber ich hätte sowieso nichts machen können. Eigentlich wollte ich Souvenirs mitnehmen, die ersparte ich mir und spendete das Geld der Feuerwehr."

Emotionale Momente

„Die Freundlichkeit der Menschen hat mich zutiefst beeindruckt. Keiner hat etwas und gibt doch so viel. Jeder ist individuell auf dem Weg, die meisten jedoch, um sich selbst zu finden oder Probleme zu bewältigen. Einmal vergaß ich meine Walking-Stöcke und ein Einheimischer hat sie mir 30 Kilometer mit dem Auto nachgebracht“,

ist Melanie bewegt. Die gesamte Reise und die durchquerten Ortschaften versprühten etwas Magisches.

"Es gibt Felder, Wälder, Sonnenaufgänge, die ganz anders wirken als bei uns. Diesen Anblick konnte ich richtig genießen, weil ich im Kopf frei war",

schwärmt sie. Beim Abendessen trafen sich die bekannten Gesichter wieder, die Melanie mit ihrem zügigen Tempo meist hinter sich ließ. Besonders angetan hat es ihr die gotische Kathedrale in Burgos in Spanien, welche überwältigend groß, prunkvoll und mit vielen Seitenschiffen ausgestattet ist.

Erkenntnisse gibt´s auch

Am Jakobsweg ist man selten allein. Die Pilger befinden sich zwar zahlreich, aber gut verteilt auf dem Weg. Jedoch ändert sich dies in den letzten 100 Kilometern, auf denen sich bereits große Menschenmassen tummeln. Melanie beobachtete:

"Ich glaube, die gehen kurze Strecken, um später behaupten zu können, sie hätten den Jakobsweg zurückgelegt."

Auch sollte man auf den Körper hören, damit man sich nicht übernimmt. Etwas, das Melanie weniger erfreute:

„Trotz des vielen Marschierens habe ich zugenommen, weil ich es mir punkto Essen so richtig gut gehen ließ“,

äußert sie. Aber nicht nur so manch kulinarisches Schmankerl blieb an ihr „haften“, sondern auch eine innere Zufriedenheit und Gelassenheit:

„Es hat ein tiefes Vertrauen in mir geschaffen, dass es immer weiter geht und immer irgendwer da ist, der hilft. Man muss einfach den ersten Schritt machen, ob auf dem Jakobsweg oder im Leben. Mich hat das gestärkt, dass ich allein losmarschiert bin“,

kann Melanie jedem empfehlen.

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