Politik – ehrenhaft, verlässlich, glaubwürdig, ehrlich und vertrauensvoll?

- hochgeladen von Alexander Martin
In den letzten 5 Jahren hat sich fast jeder mit Politik beschäftigt, auch wenn ihm das vorher nicht wirklich interessiert hat. Das hat vor allem mit den einschneidenden Ereignissen der letzten Jahre zu tun die alle betroffen haben.
Man hat dadurch viel mehr die Menschen wahrgenommen, die eigentlich die Geschicke unseres Landes leiten und lenken welche früher nur sehr selten „aufgefallen“ sind. Es wurde uns von verschiedenen Persönlichkeiten gesagt, was richtig ist, von anderen was falsch ist und alle sprachen sie mit voller Überzeugung.
Viele Menschen haben in diesen Jahren wieder oder intensiver begonnen sich mit den verschiedensten Meinungen und Aussagen der unterschiedlichen Parteien und deren Politik zu beschäftigen. Auch ich habe das nach sehr vielen Jahren wieder gemacht und da bekam ein Satz meines Vaters, den er mir vor ca. 40 Jahren bei meiner Berufssuche sagte, eine echte Bedeutung:
„Wenn alle Stricke reißen, dann geh in die Politik,
da nehmen sie jeden - man muss nur gescheit daherreden können
und da bist du ein Meister.“
Nüchtern betrachten weiß ich heute, was er damals meinte. Völlig unabhängig welche Partei oder Person einem persönlich sympathisch oder unsympathisch ist. Fakt ist, dass man als Bürger sich schon manchmal die Frage stellt, was die mehr oder weniger gewählten Volksvertreter den ganzen Tag machen, außer sich gegenseitig anzufeinden. Deren Aufgabe sollte es doch sein für uns das Beste zu machen, dafür wurden sie gewählt und werden sehr gut bezahlt.
Nun gut zu einer echt guten Kommunikation gehören verschiedene Meinungen, die man dann gemeinsam ausdiskutiert, das ist das Salz in der Suppe. Nur das habe ich die letzten Jahre völlig vermisst.
Nein nicht die verschiedenen Meinungen, sondern das gegenseitige Wertschätzen und Akzeptieren das es auch eine zumindest zweite Meinung zu einem Thema gibt. Und es gab für viele Themen der letzten Jahre mehr als eine Meinung, nur wurde immer nur eine als - die richtig - präsentiert und andere wurden sofort im Keim erstickt.
Wenn das Politik ist, dann stellt sich die Frage, ob das ein erstrebenswerter Job ist und ob den jeder aus Überzeugung oder der guten Bezahlung wegen macht. Speziell wenn man als Mitglied einer Partei persönlich auch manchmal eine andere Meinung zu einem Thema hat. Ganz schlimm, wenn man einen Gegenvorschlag einer anderen Partei etwas abgewinnen kann das aber nicht zugegeben bzw. gesagt werden darf, da man sonst in den eigenen Reihen seine Probleme bekommt.
Das glauben sie jetzt nicht das es das gibt? Dann waren sie noch nie in einem Parteiverbund involviert.
Ich habe genau diese Erfahrung vor ca. 25 Jahren in einer mittelgroßen Stadt gemacht, als ich aufgrund der damals neuen Vorzugsstimmen motiviert war als „neuer“ sofort in den Gemeinderat zu kommen. Dort kann man dann wirklich etwas für die Bürger seiner Stadt oder seines Dorfes gestalten, dachte ich. Ich war voller Tatendrang, ging zu jeder noch so „unnötigen“ Sitzung und verteilte brav meine Werbeflyer persönlich an der Haustür der Menschen immer mit einem Gespräch und meinem Notizblock für deren Anliegen.
Es lief gut und wenn nur ein Bruchteil derer die meinten „meine Stimme hast du“ es wirklich tun ist der Gemeinderat nur mehr Formsache. Dann kam eine weitere dieser Sitzungen und ich durchschaute immer mehr diesen ganzen „Zirkus“ wie ich es heute nenne. Bei dieser Sitzung wurde mir klar gemacht, es gibt eine klare Linie/Meinung und die ist vorgegeben. Ich habe scheinbar zu oft dagegengesprochen oder etwas vorgeschlagen, das kam intern nicht gut an.
So entschied ich mich noch vor der Wahl meine Kandidatur zu beenden, da meine Vision etwas persönlich für Bürger machen zu können mit einem Schlag zunichte gemacht wurde.
Und weil es mich interessiert hat, wie das heute ist, besuchten wir heuer die erste Gemeinderatssitzung nach den Gemeinderatswahlen in unserem kleinen Dorf bei der auch vom Bürgermeister abwärts alle gewählt wurden, so stand es im Protokoll. Zuerst wurde der neue Gemeinderat angelobt, wo alle beteiligten mit den Worten „ich gelobe“ antworten mussten.
Ein Teil eines Satzes dieser Angelobung ist mir hängengeblieben dieser lautete
„… bei allen Abstimmungen ist parteiunabhängig zu entscheiden …“
Dieser Schwur wurde für die Zuhörer und das waren sehr viele an diesem Abend - zum Running Gag - der ca. dreistündigen Zeremonie, denn egal welche Abstimmung bzw. Wahl (vom Bürgermeister, Vizebürgermeister, etc.) stattfand, das Ergebnis war vorher schon abgesprochen und „parteiunabhängig“ war selbst im kleinen Dorf nichts.
Es ist für uns einfache Bürger ernüchternd, was nach der Wahl aus einem Ergebnis gemacht wird. Man geht immer aufs Neue seinem Wahlrecht nach und glaubt daran, dass das Wahlergebnis, sofern es Verschiebungen gegeben hat, dann auch ernst genommen und dementsprechend umgesetzt wird.
Für mich steht fest, nicht einmal, wenn alle Stricke reißen, ist die Politik mein Job 😊
Und wenn Wahlergebnisse auch weiterhin nicht von den Politikern respektiert werden, dann sehe ich in wenigen Jahren nur eine „Partei“ mit der absoluten Mehrheit und das werden die NICHTWÄHLER sein.
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