Die zwei Söhne überlebten

- hochgeladen von Bianca Werfring
Für die Ausrottungspolitik der Juden in der Hitlerära war es vollkommen belanglos ob ein Jude gläubig war oder an der Religion nicht interessiert war, es war egal welchen Beruf er ausübte, verfolgt wurden alle, vom Anwalt bis zum Handwerker und nur wenige überlebten den Holocaust. So überlebten aus der fünfköpfigen Familie Hacker nur zwei Söhne.
WIENER NEUSTADT. Die Familie Hacker lebte in Kobersdorf. Dort heiratete Maier Hacker auch seine Frau Regina. Sie bekamen drei Söhne - Siegfried, Ernst und Robert. Um ihren Kindern eine bessere Schulsituation zu bieten, übersiedelten sie etwa 1931 nach Wiener Neustadt.
Alles anders
Maier war Geschäftsführer eines Großviehhandelsbetriebes (Engros-Viehandel) der hauptsächlich Vieh aus Ungarn mit Eisenbahnwaggons nach Österreich brachte und verkaufte. Regina war Schneiderin, die schon in Kobersdorf ihren Beruf, wie auch später in Wiener Neustadt, ausübte. Maier Hacker ging mit seinen Söhnen zwar regelmäßig zur Synagoge, war aber nicht im strengen Sinn religiös. Die Eltern umsorgten ihre Kinder sehr und Siegfried, der älteste Sohn, erinnert sich noch genau daran, wie seine Mutter immer wieder zu ihm sagte: „Du wirst einmal ein Doktor werden“.
Durch den Anschluss 1938 änderte sich die Situation für die Familie radikal. Die Kinder wurden aus der Schule entlassen, auch wenn Siegfried sich noch an einen sehr „anständigen“ Oberlehrer in seiner Schule erinnert. Die Familie wurde Monate später nach Wien vertrieben. Siegfried, der zusammen mit seinem Bruder Ernst den Holocaust überlebte, hat noch die Bilder, der Reichspogromnacht vor Augen, als die Synagogen brannten. Maier war in Wien natürlich arbeitslos, was für ihn kaum erträglich war. Als er in Wien Plakate entdeckte, auf denen allen Juden, die Arbeit bekommen wollen, eine gute Arbeit in Lemberg (Polen) versprochen wurde, war er einer der ersten, der sich meldete und nahm gutgläubig das Angebot an. So kam er ohne seine Familie nach Lemberg in ein Lager.
Versteckt
Regina blieb mit ihren drei Kindern in Wien und wohnte dort „versteckt“ in einem Schrebergarten bei einer nichtjüdischen Freundin. Siegfried wäre in dieser Zeit beinahe nach Dachau deportiert worden. Er befand sich in einem Jugendlager, als die Nazis eines Tages verkündeten, dass die Jugendlichen am nächsten Morgen nach Dachau transportiert werden sollen. Doch ein Polizist öffnete, als die Nazis weg waren, das Lager und sagte, dass sie so schnell wie möglich verschwinden sollten. So kam Siegfried wieder nach Hause zu seiner Mutter. Bei der Suche nach Juden im Schrebergarten, machte die Haushälterin dem Suchtrupp glaubhaft, dass sie schon alle Juden aus dem Häuschen vertrieben habe.
Siegfried und sein Bruder Ernst kamen im März 1939 mit einem Jugendtransport mit der Bahn nach Triest und vor dort mit einem Schiff ins damalige Palästina. Der jüngste Bruder Robert kam nicht mit, da er bei seiner Mutter bleiben wollte.
Maier wurde am 20. 10. 1939 in das Lager nach Nisko in Polen deportiert und ist nicht mehr zurückgekommen. Regina wurde erst am 20. Mai 1942 mit ihrem jüngsten Sohn Robert ins Lager nach Minsk deportiert, wo sie beide umkamen. Die beiden Söhne Siegfried und Ernst haben in Israel Familien gegründet. Ernst ist vor wenigen Jahren gestorben und Siegfried lebt noch in einem Kibbutz in Israel.
Quellen: Werner Sulzgruber, Die jüdische Gemeinde Wiener Neustadt, Persönliches Interview mit Siegfried Hacker
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