Heiraten in der Corona Zeit
Wie sich Kurz & Co das Hochzeiten vorstellen.

Sehr geehrte Bundesregierung.

Als Hochzeitsdienstleister in Österreich fühle ich mich nicht nur im Stich gelassen, sondern regelrecht auf den Arm genommen. Und da bin ich nicht alleine. Einem sehr großen Anteil von ca. 40.000 künftigen Ehepaaren, von dem jedes bis zu 10.000 € und mehr für Ihre Hochzeitsfeier in die Wirtschaft steckt, tausende Unternehmen von der Gastronomie bis zum Blumenhändler die von diesen Umsätzen leben und 10.000 Arbeiter und Angestellte deren "Chefs" Ihre Gehälter von diesen Umsätzen bezahlen geht es genau so.

Ihre Verordnungen sind ein Scherz. Warum, erfahren wir in folgendem Realitätscheck.

Unsere Beispiel Hochzeit findet am 26.05.2020 statt. Unser "glückliches Brautpaar" hat keine Kosten und mühen gescheut, um Ihren Traum eines tollen Hochzeitstages wahr werden zu lassen.

Pünktlich um 9:00 Uhr wird zum Empfang geladen. Die 60 Gäste, bestehend aus Familie und Freunden, findet sich zu einem ersten Stell-Dich-Ein im großen Garten der Familie ein. Es wird gelacht, Geschenke werden abgeliefert, es gibt Kaffee und ein Mini Frühstück. Alle freuen sich über das tolle Wetter. Keiner hat Angst vor Corona bzw. einer Ansteckung, denn man hat sich mit der Familie ohnehin schon untereinander getroffen, seid das mit 01.05. wieder "offiziell erlaubt" war. Und andere haben bereits einen Antikörper Test hinter sich und wissen das sie nicht krank sind. Wieder andere wie der Herr Inspektor, der ein Freund der Familie ist wird ebenso wie Tante Mitzi die als Krankenschwester arbeitet regelmäßig getestet. Also alles gut. Alles nach Ihrem Verordnungen. Kein erhöhtes Risiko.

Es wird 10:30 die Trauung am Standesamt wartet. "Auf geht´s Hurra", aber nur für das Brautpaar und 8 weitere Gäste, denn so haben Sie es beschlossen. Also rein in 3 Autos, denn mehr als 4 Personen dürfen ja nicht mitfahren in der Fahrgemeinschaft, und natürlich nicht vergessen: Masken auf, weil die Trauzeugen, das Brautpaar und die Eltern wohnen ja nicht im gemeinsamen Haushalt.

Die Zeremonie am Standesamt, eher mau - Warum? Nicht nur weil die Freunde und Familienmitglieder fehlen, sondern weil die Standesbeamtin auf Grund Ihrer Auflagen, sich hinter einer Plexiglaswand versteckt, einen Mundschutz und ein Face Shield trägt, damit ja nicht passieren kann. Auch wenn die Dame damit aussieht wie aus einem billigen 80er Jahre Science Fiction Film. Aber egal. Es ist vollbracht. Gott sei Dank, war das Brautpaar so schlau schon vor der Hochzeit zusammen zu ziehen, mit Meldezettel und allem, sonst wäre der erste Kuss verboten gewesen. Ist ja öffentlicher Grund und Boden, wo man gerade steht. Also Maske runter, Bussi Bussi, Maske rauf und raus zur nächsten Station.

In der Pfarre Atzgersdorf warten bereits alle Freunde und Familien Mitglieder. Die Kirche prächtig geschmückt, und die Gäste haben (bis auf 3) einen Platz gefunden nach Ihrer 10m² Regelung. Also sitzen 57 in Familienverbänden,  mit Sicherheitsabstand zu anderen,  und natürlich Maske und freuen sich auf die Trauung. Die 3 armen Schlucker die leider nicht mehr teilnehmen durften, stehen inzwischen mit 1 Meter Abstand vor der Türe und hören halt zu.

(Edit: 07.05. - mittlerweile hat sich die katholische Kirche, Ihrem "Bruder im Geiste", dem neuen Messias Basti Kurz (freiwillig) angeschlossen, und besteht nun nicht nur auf die 10m², sondern zusätzlich auf max. 10 Personen bei der Trauung. Diese sind ja weit aus gefährlicher als eine normale Messe. Deshalb wohl auch der Rat: "Bitte auf einen Ringwechsel zu verzichten, wegen dem Ansteckungsrisiko, eh logisch eigentlich.....)

Maske Rauf und ab zur Tafel. Als gesetzestreue Bürgen, haben jeweils 4 Erwachsene Personen einen Tisch im selben Restaurant reserviert. Dort darf die Maske wieder runter. Die Gesellschaft sitzt, nun wieder teilweise beisammen, mit Mindestabstand zwischen den Tischen. Wurscht, hat der Kellner wenigstens Platz zum servieren, der sieht mit seiner angerauchten Brille über dem selbstgestrickten Mund Nasen Schutz seiner Oma, eh an "Schaß".

Der Fotograf der für teures Geld engagiert wurde tun sich ein wenig schwer mit seiner Arbeit. Gruppenfotos, und lustige Schnappschüsse sind ein wenig komplizierter als sonst, aber immer noch gesetzlich möglich. Nur den Brautstrauß muss man desinfizieren bevor er geworfen wird, dass findet dann im Freien statt. Im Gegenzug erspart man sich die Masken bei der Fotobox, die hat man eh schon dabei ;)

Auch die Raucher haben es nicht ganz so einfach. Zum Verlassen und Betreten des Lokals braucht es eine MNS, vor der Türe nicht mehr, aber dafür muss man Abstand halten. Eh nicht kompliziert. Gott sei Dank haben wir nicht so viele Raucher in Österreich.

Verdauungsschnaps fällt aus, denn es geht dann weiter zur Feier. Mit dem Auto, da soll man ja nicht trinken. Also Maske auf, und alle raus aus dem Lokal. Die müssen schnell umdecken, denn dank der großartigen Hilfen vom Staat, braucht man jetzt jeden Tisch mindestens 4 x am Tag voll, sonst geht man pleite.

Im Freien, Maske runter - wieder Luft, aber nur kurz, im Auto heißt es schon wieder Maske rauf. Schließlich wollte man der Greta zu liebe auf ein paar Autos verzichten, und fährt in Fahrgemeinschaften. Es geht wieder zur Oma in den Garten.

Dort warten Hochzeitskuchen, DJ, ein teures Partyzelt, etc. dass alles extra noch kurzfristig zu überteuerten Preisen, weil dringend, besorgt wurde. Die Feier kann starten. Ungezwungen und nach gesetzlichen Normen, denn im Privatbereich ist wieder alles erlaubt. Nach dem ersten Tanz, und ein wenig Stimmung wird es dann um 22 Uhr ungemütlich.

Der liebe Nachbar von 6,5 km Entfernung fühlt sich gestört, und die Polizei schreitet ein. "Corona Party - Hände hoch", rufen die Beamten die sich auf Grund einer Lärmbelästigung ja zum einschreiten berechtigt fühlen. Es hagelt Strafmandate, die allesamt am Ende nach einem Einspruch als unbegründet gewertet werden. Aber die Stadt Wien hats ja, Papier und Arbeitszeit der Herren kostet eh nix, und auf Grund von Corona gibt´s auf der Tangente nichts zu tun.

So , oder so in der Art, stellt sich die Bundesregierung das also vor. Das 80% aller Brautpaare gleich verzichten, ist also kein Wunder. Wäre ja an und führ sich kein Problem. Weder für uns als Hochzeitsdienstleister, noch für das Brautpaar, wären da nicht ein paar Haken in diesen ganzen Verordnungsdschungel.

Wir haben nur 52 Wochenenden um unseren Umsatz zu machen, sprich alle Hochzeiten die wir verschieben, können wir im nächsten Jahr nicht nachholen. Teilweise sind die Termine auch gar nicht frei, also kommt es zu absagen und Stornos. Umsatz weg, Kunde weg.

Das nächste Problem. Das leidige Storno. Was mach ma da?? Nach dem Gesetz ist die Hochzeit ja nicht verboten, sondern nur "sau blöd geregelt", also rechtlich richtig Stornogebühr verlangen um wenigstens selber eine Butter am Brot für die eigene Familie zu haben, und am Ende mit dem Kunden vor Gericht landen, weil der natürlich davon ausgeht: Eh klor Corona - höhere Gewalt - ich zahl nix.

Oder dem Kunden die Stornogebühr schenken, aus Menschlichkeit, dafür aber selber keine Miete zahlen können, und Entschädigung vom Staat? Weshalb, schließlich hat man ja gesetzlich nicht verboten das geheiratet wird, wenn der Kunde das von sich aus nicht mehr will, kann doch der Herr Bundeskanzler nichts dafür.

Sie sehen also HOFFENTLICH einmal wie realitätsfremd Ihre Maßnahmen in unserer Branche ankommen. Und wofür? Für ein Covid19 Gesetz, in dessem Text steht: wenn es zur Verhinderung der Verbreitung UNBEDINGT notwendig ist, dann......

Haben sie das Gefühl, dass sich bei unserer Beispielhochzeit, das Risiko einer Ansteckung durch Ihre Maßnahmen gesenkt hat, oder wäre es nicht ohnehin ungefährlicher gewesen, wenn die Hochzeit wie geplant stattgefunden hätte.

Nämlich mit 60 Personen, mit Standesbeamten direkt im Garten des Hotels, in dem auch die Tafel und Feier stattgefunden hätte. Wo die Umgebung sehr einfach zu kontrollieren ist, wo immer schon sehr hohe Hygiene Standards herrschen. Und wo niemand wirklich mit anderen Menschen als der eigenen Familie und dem Freundeskreis, denn man ohnehin ständig sieht, in Kontakt gekommen wäre?

Denken Sie mal darüber nach, und fragen Sie vielleicht mal nicht "Ihre Experten" die vom echtem Leben, eh keine Ahnung haben, sondern holen Sie sich Menschen ins Boot die Ihr Handwerk verstehen. Stellen sie KLARE, VERNÜNFTIGE und REALISTISCHE Regeln auf, oder lasse sie es bleiben, Bitte.

Danke
Paul Thavonat

Der Verfasser
Paul Thavonat ist seit mehr als 20 Jahren in der Eventbranche beheimatet und Betreiber mehrerer Eventagenturen. Er ist Eventmanager und Weddingplaner, Berufsfotograf und Entertainment Mitarbeiter bei TUI Crusies. Als DJ arbeitet er bereits weltweit.  Ausserdem hatte er mehr als 10 Jahre 2 Gastronomiebetriebe in Wien und Graz.

Zu seinen Ausbildungen gehören u.a.
Veranstaltungssicherheit & Crowd Management
Hygiene in der Gastronomie HACCP und Kreuzfahrtschiffs Hygiene

Bild: © Paul Thavonat
Location Felmayer Gastwirtschaft Schwechat

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