Recht auf Sozialhilfe
Wiener Mindestsicherungsgesetz für VfGH rechtswidrig

- Das Wiener Mindestsicherungsgesetz soll auf Landesebene regeln, wie das darüber stehende Soziahlilfe-Grundsatzgesetz durchgeführt wird.
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Das Wiener Mindestsicherungsgesetz soll im Detail regeln, wer laut Bund sozialhilfeberechtigt ist. Doch der Verfassungsgerichtshof sieht jetzt Diskrepanzen darin. So würden darin Nicht-Österreicher untereinander diskriminiert. Das Wiener Gesetz wurde daher gekippt.
WIEN. Einen Paukenschlag gibt es am Freitag vonseiten des Verfassungsgerichtshof (VfGH). Dieser hebt Bestimmungen des Wiener Mindestsicherungsgesetzes (WMG) auf, welche den Anspruch auf Sozialhilfe bis dato regelten. Ausgangspunkt war eine Beschwerde eines Nicht-EU-Bürgers.
Dieser lebt seit 2003 in Österreich und war seit 2013 als "Familienangehöriger" von österreichischen Staatsbürgern gemeldet. Doch dann folgte die Scheidung von seiner Ehefrau, der Mann verließ die Familie und lebte seit 2022 alleine. Parallel dazu wurde er Inhaber einer "Rot-Weiß-Rot – Karte plus", welche ihm einen befristeten Aufenthalt in Österreich gewährt.

- Der Verfassungsgerichtshof hat das Wiener Mindestsicherungsgesetz gekippt.
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2023 wurde der Mann arbeitslos und so suchte er um Leistungen aus dem Mindestsicherungsgesetz an. Diese wurden ihm jedoch von der zuständigen MA 40 (Sozialhilfe) verwehrt. Denn laut der Argumentation der Behörde würde ein befristeter Aufenthaltstitel durch die "Rot-Weiß-Rot – Karte plus" keine Gleichstellung mit österreichischen Staatsbürgern darstellen, heißt es in dem Akt, den der Verfassungsgerichtshof zusammenfasst.
Zu kurzsichtig ausgelegt
Nachdem die Beschwerde des Mannes von den Zuständigen in Wien abgewiesen wurde, landete der Fall letztendlich dann beim Verfassungsgerichtshof. Dieser nahm ihn zum Anlass, um das WMG genauer unter die Lupe zu nehmen. Vereinfacht erklärt regelt das WMG, wie die Wiener Behörden das Sozialhilfe-Grundgesetz (SH-GG) des Bundes umsetzen, zum Beispiel bei der Gewährung der Finanzmittel. In dem darüber stehenden SH-GG des Bundes ist geregelt, dass Fremde Anspruch auf Sozialhilfe haben, wenn sie mindestens fünf Jahre einen bestimmten Aufenthaltstitel in Österreich haben, und sie wohl auch länger hier bleiben.
Das Wiener Mindestsicherungsgesetz muss also der bundesgesetzlichen Regelung folgen. Durch die verschiedenen Umstände hatte der Mann diese fünf Jahre schon lange hinter sich, auch wenn seine "Rot-Weiß-Rot – Karte plus" ihm für die Zukunft nur einen zeitlich begrenzten Aufenthalt genehmigt. Gleichzeitig sei laut VfGH durchaus auch annehmbar, dass dem Mann auch nach Ablaufen der befristeten "Rot-Weiß-Rot – Karte plus" ein weiterer, rechtmäßiger Aufenthalt gewährt wird. Es sei also diskriminierend, wenn einzig und alleine die derzeitige Aufenthaltsgenehmigung hier schlagend würde, ohne Berücksichtigung der anderen Gegebenheiten.

- Die gesetzlichen Bestimmungen in Wien verstoßen demnach gegen jene des darüberstehenden Bundes.
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So gibt es etwa auch den Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt – EU", der – wie der Name schon herleitet – einen längeren Aufenthalt in der EU, und somit auch in Österreich, gewährt. Doch nur rein zwischen den (vorerst) befristeten und den bereits länger gewährten Genehmigungen zu unterscheiden, sei zu kurzsichtig. Sein Anspruch auf finanzielle Unterstützung wurde ihm in Wien trotzdem verwehrt. Das Wiener Gesetz verstoße daher gegen die Anforderungen des bundesweit geltenden Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes.
Gesetz nach Urteil gekippt
Der VfGH erklärt zusammenfassend: "Nach dem SH-GG haben Fremde Anspruch auf Sozialhilfe, wenn sie sich seit mindestens fünf Jahren dauerhaft und rechtmäßig in Österreich aufhalten; das Erfordernis eines bestimmten Aufenthaltstitels normiert das SH-GG nicht." Zwar dürfe ein Landesgesetz bei der Ausführung vom Gesetz her maßgebliche Aufenthaltstitel für eine Berechtigung aufzählen, aber es muss hierbei "sachliche Differenzierungen" geben.
Er sieht also das Wiener Mindestsicherungsgesetz in seiner jetzigen Form als rechtswidrig an. Es wird daher spätestens bis zum 31. März 2026 aufgehoben, erklärt man beim Verfassungsgerichtshof. Die Wiener Bestimmung muss sich also ändern, damit es auch mit dem Bundesgesetz in Einklang gebracht werden kann.
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