Viele sind einsam
Wie die Arbeit der Telefonseelsorge Wien funktioniert

Ruth Lesigang hat vor zwei Jahren die Ausbildung zur Telefonseelsorgerin gemacht. Sie ist jede Woche vier Stunden lang im Einsatz. | Foto: Maximilian Spitzauer/MeinBezirk
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  • Ruth Lesigang hat vor zwei Jahren die Ausbildung zur Telefonseelsorgerin gemacht. Sie ist jede Woche vier Stunden lang im Einsatz.
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Die Telefonseelsorge der Erzdiözese Wien hat unter der Nummer 142 rund um die Uhr ein offenes Ohr. Ein wichtiger Dienst an der Gesellschaft, wie knapp 100.000 Anrufe alleine im Jahr 2023 zeigen.

WIEN. Ruth Lesigang ist eine von 173 Ehrenamtlichen bei der Telefonseelsorge Wien. Alleine im vergangenen Jahr haben 96.616 Personen diese kostenlose und anonyme Hilfestellung genutzt. Zusammen mit ihren Kolleginnen und Kollegen kümmert sie sich um die größten Sorgen der Wienerinnen und Wiener.

Ohne die offenen Ohren würden viele, vor allem einsame Menschen, oft nicht mehr weiterwissen. Im Interview mit MeinBezirk verrät Lesigang, warum sie sich ehrenamtlich engagiert, wie wichtig ein gutes Gespräch ist und was sie sich vom Christkind für ihre ehrenamtliche Tätigkeit wünscht.

Wöchentlich vier Stunden im Einsatz

Wie sind Sie zu dieser ehrenamtlichen Aufgabe gekommen?
RUTH LESIGANG: In schwierigen Situationen in meinem Leben habe ich erfahren, wie gut es tut, mit jemandem darüber zu sprechen. Dabei habe ich auch bemerkt, was die Qualität eines Gesprächs ausmacht. Es gibt Menschen, bei denen mir das Reden nicht geholfen hat, so eng und lieb sie mir auch sind. Und dann gibt es andere Menschen, die eine natürliche Begabung dafür haben, auf einen einzugehen. Das ist etwas, das mich sehr angesprochen hat und das ich immer auch versucht habe, weiterzugeben. Als eine Freundin mir erzählt hat, dass es eine Ausbildung zur Telefonseelsorgerin gibt, war das genau das, was ich neben meinem Beruf als Juristin machen wollte.

Seit wann sind Sie ehrenamtliche Telefonseelsorgerin?
Ich habe meine Ausbildung vor zwei Jahren begonnen. Sie dauert ein ganzes Jahr lang. Es braucht diese Zeit auch, um zu lernen, worauf es ankommt. Denn es geht nicht um Sachverhalte, man braucht keine Anamnese zu machen. Es geht um das Hier und Jetzt und darum, wie es den Menschen aktuell geht. Darauf gehe ich ein. Es ist großartig, dass uns das in der Ausbildung so mitgegeben wurde.

"Ein sehr, sehr großes Thema ist die Einsamkeit. Das betrifft auch junge Menschen", verrät Lesigang. | Foto: Maximilian Spitzauer/MeinBezirk
  • "Ein sehr, sehr großes Thema ist die Einsamkeit. Das betrifft auch junge Menschen", verrät Lesigang.
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Wie oft sind Sie denn für die Telefonseelsorge im Einsatz?
In der Regel einmal in der Woche für vier Stunden. Weiters versuche ich, einmal im Monat einen Nachtdienst zu machen. Der dauert von 20 bis 8 Uhr in der Früh.

Viele Menschen sind einsam

Welche Themen beschäftigen die Menschen am meisten?
Ein sehr, sehr großes Thema ist die Einsamkeit. Das betrifft auch junge Menschen. Aber auch Beziehungsprobleme, Sucht und suizidale Gedanken. Gut 50 Prozent der Anrufenden sind jedoch einsam. Auch wenn man nicht alleine ist, kann man einsam sein, da man niemanden hat, mit dem man offen sprechen kann. Wer bei der Telefonseelsorge anruft, kommt in einen geschützten Raum. Hier darf man über alles reden.

Wie darf man sich ein solches Gespräch vorstellen?
Wir führen ein empathisches, wertschätzendes und authentisches Gespräch. Ich bringe mich da ja auch ein. Die Anrufenden bekommen von mir ein offenes Ohr. Ich frage sie, wie es ihnen in ihrer jeweiligen Situation geht. Über Gefühle zu sprechen, ist für viele Menschen recht schwierig und auch ungewohnt. Aber das anzusprechen, öffnet und klärt so vieles. Es sind tolle Gespräche, wenn man bemerkt, dass man die Person nicht wirklich an der Hand nimmt, aber ein Stück weit an ihrer Seite geht und viele Möglichkeiten öffnet. Das Gespräch ist ja nur ein ganz kurzer Zeitraum. Wir wissen nicht, wie es danach weitergeht. Aber man spürt sehr oft am Ende des Gesprächs: Das war jetzt gut. Und oft wird es mit einem Lachen und einem herzlichen Danke beendet. Das ist auch für mich total bereichernd.

Es braucht mehr Empathie und Nächstenliebe

Gibt es auch Gespräche, die Sie betroffen machen?
Ja, natürlich. Es gibt Momente, da weint man einfach mit dem Anrufer. Das gehört auch dazu. Es kommt bei einem an – und das ist auch legitim. Dann hilft es, mit anderen Telefonseelsorgern zu sprechen. Weiters haben wir einmal im Monat eine Supervision. Da haben wir die Möglichkeit, alles hineinzutragen. Das ist großartig.

"Ich wünsche mir vom Christkind, dass es uns allen Empathie und Nächstenliebe vor allem auch gegenüber einsamen Menschen schenkt", verrät die ehrenamtliche Telefonseelsorgerin. | Foto: Maximilian Spitzauer/MeinBezirk
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Welchen Wunsch an das Christkind haben Sie bezüglich Ihrer Tätigkeit bei der Telefonseelsorge?
Ich wünsche mir vom Christkind, dass es uns allen Empathie und Nächstenliebe vor allem auch gegenüber einsamen Menschen schenkt. Außerdem wünsche ich mir, dass man mehr aufeinander zugeht und es wertschätzt, dass es andere Meinungen gibt. Es ist großartig, dass es die Telefonseelsorge gibt. Aber es ist natürlich auch ein bisschen traurig, dass wir so sehr gebraucht werden.

So erreichst du die Telefonseelsorge

Die Telefonseelsorge ist rund um die Uhr unter der Telefonnummer 142 erreichbar. Wer lieber schriftlich kommuniziert, für den gibt es täglich von 16 bis 23 Uhr einen Sofortchat. Außerdem bietet die Telefonseelsorge Wien auch eine Beratung per Mail, bei der man innerhalb von 48 Stunden eine Antwort erhält.  

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