Gestreckte Drogen in Wien
Was sich 2022 in Kokain, Ecstasy & Co. befand

Mogelpackung Drogen: Nicht immer ist das drin, was einem vorgegaukelt wird. Das Strecken mit anderen Inhaltsstoffen ist mit gesundheitlichen Risiken verbunden. Für jene Konsumenten, die auf Nummer sicher gehen und wissen möchten, woraus sich ihr Kokain, Ecstasy und Co. zusammensetzt, können ihre Proben bei der "checkit!"-Einrichtung in Wien abgeben, die diese einer chemischen Analyse unterziehen. Jetzt liegt die Bilanz für das Jahr 2022 vor.

WIEN. Dass nicht immer das drinnen ist, was einem weisgemacht wird, kennt man aus dem Alltag. Das trifft auch auf psychoaktive Substanzen und Drogen zu. Diese werden zumeist auf illegale Weise erworben und sind somit keinen üblichen Konsumenten-Regularien unterworfen. Für all jene, die wissen möchten, was sich in ihrem Kokain, Speed und Co. befindet, gibt es in Wien mit "checkit!" eine Drogencheck-Einrichtung, die Teil der Suchthilfe Wien ist.

Konsumenten können ihre Substanzen bzw. Drogen dort abgeben. Ihre Proben werden im hauseigenen Labor einer chemischen Analyse unterzogen (Drug Checking) und deren Reinheitsgrad ausgewertet. "Wir bieten 'integrated drug checking' an. Das heißt, dass wir die Substanzanalyse mit Informationen und mit Beratung kombinieren", so Bettina Hölblinger, Bereichsleiterin der Suchtprävention checkit!. Das Ganze läuft natürlich anonym, kostenlos und vertraulich ab, betont sie.

Freizeitdrogen unter die Lupe genommen

Die Zielgruppe von checkit! besteht vor allem aus Konsumentinnen und Konsumenten, die in ihrer Freizeit gelegentlich Substanzen, so genannte "Freizeitdrogen", ausprobieren, und das noch zu einem frühen Zeitpunkt in ihrem Leben. Damit könne man laut Hölblinger eine so genannte "harm reduction" anbieten, als besonders effektiv Schaden minimieren.

Das Prozedere bei checkit! läuft natürlich anonym, kostenlos und vertraulich ab, betont Bettina Hölblinger,  Bereichsleiterin der Suchprävention checkit!. | Foto: Maximilian Spitzauer
  • Das Prozedere bei checkit! läuft natürlich anonym, kostenlos und vertraulich ab, betont Bettina Hölblinger, Bereichsleiterin der Suchprävention checkit!.
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Was sich so alles in den abgegeben Drogen – außer den Drogen selbst – im Jahr 2022 befand, hat checkit! ausgewertet und in einem Abschlussbericht zusammengefasst. Dieser liefert hilfreiche Erkenntnisse über das Konsumverhalten der Klientinnen und Klienten, aber auch über aktuelle Trends und Veränderungen am Substanzmarkt.

Über 1.800 abgegebene Proben

Insgesamt 1.836 vermeintlich psychoaktive Substanzen wurden vergangenes Jahr abgegeben und vom checkit!-Labor analysiert. Die Top 5 der abgegebenen Substanzen waren dabei folgende: 

  1. Kokain (599)
  2. Ecstacy (258)
  3. Speed (257)
  4. MDMA (144)
  5. Ketamin (139)

Daneben wurden Substanzen wie Cannabis bzw. cannabis-basierte Produkte, LSD, 2C-B (auch unter den Bezeichnungen Bromo, Erox, Nexus, Venus bekannt), Heroin und Methamphetamin im Jahr 2022 bei den checkit!-Stellen abgegeben und ausgewertet.

Die Ergebnisse der Analyse werden in drei Kategorien eingeteilt: erwartetes, unerwartetes (also mit Streckmittel versetzt) und ein Analyse-Ergebnis, bei der eine "Warnung" ausgegeben werden muss, weil die Zusammensetzung besonders bedenklich sei. | Foto: stock.adobe.com/Stanislau_V (Symbolfoto)
  • Die Ergebnisse der Analyse werden in drei Kategorien eingeteilt: erwartetes, unerwartetes (also mit Streckmittel versetzt) und ein Analyse-Ergebnis, bei der eine "Warnung" ausgegeben werden muss, weil die Zusammensetzung besonders bedenklich sei.
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"Aus dem Bericht können wir herausnehmen, dass das Angebot sehr gut angenommen wird", so Hölblinger in einem Gespräch mit MeinBezirk.at. Im Vergleich zu 2021 wurden demnach 500 Proben mehr zur Analyse abgegeben (2021: 1.336). 

Gefährliche Ecstasy-Variante im Umlauf

Die Ergebnisse der Analyse werden in drei Kategorien eingeteilt: erwartetes, unerwartetes (also mit Streckmittel versetzt) und ein Analyse-Ergebnis, bei der eine "Warnung" ausgegeben werden muss, weil die Zusammensetzung besonders bedenklich ist. Warnungen wurden bei rund acht Prozent der analysierten Proben ausgegeben. Weiters enthielten 27 Prozent der Proben ausschließlich oder zusätzlich unerwartete Stoffe.

Auch aktuelle Trends könne man grob – die Erhebung ist nicht repräsentativ – nachverfolgen. Dabei hebt Hölblinger vor allem die Partydroge Ecstasy hervor, die in den letzten Jahren zunehmend an Popularität gewonnen hat. Hierfür wurden für 2022 die meisten Warnungen von der checkit!-Stelle ausgegeben.

Bedenkliche Ecstasy-Variante im Umlauf: die "Blue Punisher". | Foto: NADJA WOHLLEBEN / REUTERS / picturedesk.com
  • Bedenkliche Ecstasy-Variante im Umlauf: die "Blue Punisher".
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Im medialen Rampenlicht standen zuletzt vor allem die sogenannten "Blue Punisher", einer besonders starken Variante von Ecstasy. In Deutschland waren zwei junge Mädchen mutmaßlich an den Folgen des Konsums dieser nach einem Marvel-Antihelden benannten Designer-Droge verstorben. "Der Hintergrund ist, dass diese Pillen sehr hoch dosiert sind. Der Gehalt des Wirkstoffes MDMA ist um ein Vielfaches zu hoch", erklärt Hölblinger die Gefährlichkeit der blauen Pillen.

Auch Kokain und Speed stark gestreckt

Von den 248 abgegebenen Ecstasy-Proben bei checkit! waren rund 28 Prozent zu hoch dosiert, acht Prozent davon enthielten dabei mehr als 200 Milligramm (mg) MDMA. Zum Vergleich: unerwünschte Nebenwirkungen treten bei einer Dosierung von über 1,5 mg pro Kilo Körpergewicht bei Männern, bei über 1,3 mg pro Kilo bei Frauen auf. Der Reinheitsgrad bei den ausgewerteten Ecstasy-Proben lag insgesamt bei 82 Prozent.

Bei den ausgewerteten Kokain-Proben wurde ein Reinheitsgrad von 69 Prozent ermittelt. So wurde in 413 von den 599 Proben ausschließlich der erwartete Inhaltsstoff Kokain gefunden. Dennoch beinhalteten 29 Prozent aller Proben pharmakologische Streckmittel wie Levamisol, Phenacetin oder Lokalanästhetika wie Lidocain.

Die am meisten abgegebene Drogenvariante war Kokain. Bei knapp einem Drittel der ausgewerteten Proben wurden Spuren von Streckmittel gefunden | Foto: BRS / Symbolbild
  • Die am meisten abgegebene Drogenvariante war Kokain. Bei knapp einem Drittel der ausgewerteten Proben wurden Spuren von Streckmittel gefunden
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Die Interaktion zwischen Lidocain und Kokain kann beispielsweise zum Teil sehr schwerwiegend und kann zu lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen führen, während Levamisol allergische Reaktionen hervorrufen kann und seltener sogar das Blutbild verändern kann (Agranulocytose).

Bei den abgegebenen und ausgewerteten Speed-Proben war der Reinheitsgrad besonders niedrig: nur 80 von den 257 analysierten Proben enthielten ausschließlich Amphetamin. Am häufigsten wurde dabei mit Koffein gestreckt, das in rund 60 Prozent der Proben enthalten war. Die Kombination von Koffein und Amphetamin kann das Herz-Kreislaufsystem stark belasten und das Risiko von Überhitzung und großem Flüssigkeitsverlust erhöhen.

Auch vor Clubs kann man Proben abgeben

Das Ergebnis des Drogenchecks kann unter Angabe der Probennummer persönlich, telefonisch oder online erfragt werden. Zusätzlich bietet die Einrichtung weiterführende Beratung zum eigenen Drogenkonsum an. Neben der stationären Drug Checking-Einrichtung in der Gumpendorfer Straße 8 ("checkit! homebase) bietet man auch einmal im Monat ein mobiles Drug Checking bei Veranstaltungen, etwa vor Nachtclubs, an. Außerdem gibt es in zwei ausgewählten Wiener Apotheken checkit!-Abgabeboxen. Hierfür müssen die Proben zuvor online registriert und nach Anleitung verpackt werden. Die Analyseergebnisse und weitere Informationen können bei checkit erfragt werden.

checkit! ist eine Einrichtung der Suchthilfe Wien GmbH und betreibt in Kooperation mit der Medizinischen Universität Wien ein Projekt zur Erforschung aktueller Konsumtrends und Veränderungen am Substanzmarkt. Mehr dazu hier: https://checkit.wien/

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