Wien
Heftige Kritik an Polizei-Intervention bei Akademikerball-Protest

Die JöH übt heftige Kritik am Vorgehen von Verfassungsschutz und Polizei gegen eine ihrer Protestaktionen.  | Foto: Ouriel Morgensztern/ JöH
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  • Die JöH übt heftige Kritik am Vorgehen von Verfassungsschutz und Polizei gegen eine ihrer Protestaktionen.
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Die Polizei und der Verfassungsschutz haben eine Protestaktion der jüdischen österreichischen HochschülerInnen (JöH), einen Tag vor dem diesjährigen Akademikerball, aufgelöst. Der Vorfall schlägt hohe Wellen, die JöH und deren Rechtsbeistand verurteilen den Einsatz. Dieser wurde offenbar auf Zuruf des Akademikerball-Organisators eingeleitet. 

WIEN. Der Wiener Akademikerball hat eine lange Tradition. Seit 2013 wird er von den Wiener Freiheitlichen veranstaltet – und er ist seitdem nicht weniger umstritten. Deshalb wird auch jedes Jahr vor der Wiener Hofburg demonstriert, während prominente Vertreterinnen und Vertreter aus der rechten Szene im Ballsaal feiern. Heuer war es am Freitag, 7. März, wieder so weit. MeinBezirk berichtete:

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Eine Intervention der Polizei während einer Protestaktion der jüdischen österreichischen HochschülerInnen (JöH) gegen den Ball sorgt jetzt für heftige Kritik unter den Studierenden. Die Polizei und der Verfassungsschutz (LSE) hatten laut den JöH am 6. März einen Protest gegen den FPÖ-Ball unterbunden und Ermittlungen eingeleitet – und das, ohne die Staatsanwaltschaft zu involvieren, heißt es in einer Mitteilung. 

Akademikerball als "Naziball"

Bei der Protestform, die für den Polizeieinsatz sorgte, handelte es sich um eine Videoinstallation, die an das äußere Burgtor projiziert wurde. Darin ist der Akademikerball als „Naziball“ bezeichnet worden. Die ersten beiden Protesttage sind laut JöH ohne Zwischenfall verlaufen. Am dritten Tag, dem Vorabend des Balles, sei ein Mann am Rand der Kundgebung aufgetaucht, der von mehreren Anwesenden als FPÖ-Mandatar und Akademikerball-Organisator Udo Guggenbichler identifiziert wurde.

Schon im Herbst sorgte eine Lichtinstallation am Burgtor für Aufsehen. Es handelte sich um eine Mahnwache der Jüdischen Hochschüler:innen. | Foto: Ouriel Morgensztern/ JöH
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Nachdem der mutmaßliche Guggenbichler die Kundgebung beobachtete und Anrufe tätigte, seien dutzende Polizisten eingetroffen, um die Videoprojektion zu unterbinden, berichtete die JöH. Die Einsatzkräfte hätten Poster beschlagnahmt, die zur Demo am 8. März aufgerufen hätten. Sie hätten zudem Identitätsfeststellungen bei allen Kundgebungsteilnehmenden durchgeführt, da sie als "Beitragstäter" ebenfalls der "Verhetzung" verdächtigt worden seien – so zitieren die JöH die Beamten. 

Anruf von FPÖ-Politiker

Einzelne Polizisten hätten zeitweise versucht, eine Ersatz-Projektion mit körperlichem Einsatz zu verhindern, seien jedoch von ihrem Einsatzleiter zurechtgewiesen worden. Grund des Einsatzes sei die "Anordnung einer Juristin der Versammlungsbehörde" nach einer "Anzeige wegen Verhetzung" gewesen, so erinnern sie die JöH an die Aussagen der Beamten. Aus dem Polizeiakt sei schließlich hervorgegangen, dass die Anzeige wegen "Verhetzung" von Guggenbichler eingebracht wurde.

Hat Akademikerball-Chef Udo Guggenbichler (FPÖ) mit einem Anruf den Polizeieinsatz eingeleitet? (Archiv) | Foto:  ROBERT LIZAR / APA / picturedesk.com
  • Hat Akademikerball-Chef Udo Guggenbichler (FPÖ) mit einem Anruf den Polizeieinsatz eingeleitet? (Archiv)
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"Die Ermittlungen des Verfassungsschutzes gegen jüdische Studierende waren besonders befremdlich, da bei der Staatsanwaltschaft zum Zeitpunkt der ersten polizeilichen Ladung kein Verfahren bekannt war", so die JöH. Obwohl vollkommen unüblich, habe das LSE auf eigene Faust ein Ermittlungsverfahren aufgenommen. 

Bini Guttmann vertritt die JöH juristisch.  | Foto: M. Spitzauer
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Die Staatsanwaltschaft habe das Verfahren dann "offenbar noch am selben Tag, an dem sie zum ersten Mal davon erfuhr", eingestellt, so Bini Guttmann, juristischer Vertreter der JöH. "Offenbar wurde versucht, auf Zuruf von FPÖ-Politiker Guggenbichler politischen Druck auszuüben." Dafür sei der Tatbestand der Verhetzung missbraucht worden. Der Paragraf sollte eigentlich vulnerable Minderheiten vor Hassrede schützen und nicht kritische Proteste unterbinden. Man werde jedenfalls sämtliche rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, um den Vorfall aufzuklären.

Verfassungsschutz ist "Pflicht nachgekommen"

Die Kritik richtet sich sowohl an die Polizei als auch an den Verfassungsschutz, der unter der Einheit "Landesamt Staatsschutz und Extremismusbekämpfung (LSE)" geführt wird. Die Dienststelle des Bundes ist als Organisationseinheit Teil der jeweiligen Landespolizeidirektion (LPD) – also in diesem Fall der LPD Wien. MeinBezirk hat deshalb eine Anfrage an die LPD Wien gestellt. Was sagt sie zu den Vorwürfen, aufgrund einer gravierenden Fehleinschätzung und ohne Kenntnis der Staatsanwaltschaft tätig geworden zu sein?

Nationalratspräsident Walter Rosenkranz (in der Mitte) wurde ebenfalls von Fotografen gesichtet. | Foto: TOBIAS STEINMAURER / APA / picturedesk.com
  • Nationalratspräsident Walter Rosenkranz (in der Mitte) wurde ebenfalls von Fotografen gesichtet.
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"Nach Erstattung einer Anzeige hat die Kriminalpolizei grundsätzlich auch selbständig alles aufzuklären, was für die Beurteilung von Bedeutung ist", heißt es seitens der LPD Wien.  "Dabei hat sie natürlich auch die Berichtspflichten an die Staatsanwaltschaft zu beachten, wobei dieser sogar dann zu berichten ist, wenn aus Sicht der Polizei kein Anfangsverdacht vorläge." Das LSE sei seinen Berichtspflichten nachgekommen, betont die LPD abschließend. 

Ob damit nun der Fall erledigt ist, ist unwahrscheinlich. Die JöH scheinen entschlossen, an der Sache dranzubleiben. "Wir fordern eine umfassende Aufklärung dieser skandalösen Vorgänge", bekräftigen sie in einer Mitteilung.

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