Der Canaletto-Blick: Neue Ausstellung im Belvedere

- Bernardo Bellotto alias Canaletto malte sein berühmtes Kunstwerk auf dem Balkon des Oktogon-Zimmers.
- hochgeladen von Andreas Edler
Die neue Ausstellung "Der Canaletto-Blick" beleuchtet die berühmte Sicht vom Oberen Belvedere auf Wien aus verschiedenen Perspektiven. Über objektive und subjektive Blicke auf Wien.
WIEN. Für die einen ist er der Maßstab aller Stadtansichten, für die anderen ein Hindernis aus einer längst vergangenen Zeit. Weltberühmt wurde er allemal. Es war Mitte des 18. Jahrhunderts, als der Künstler Bernardo "Canaletto" Bellotto (1722–1780) auf dem Balkon des Oktogon-Zimmers jenes Meisterwerk schuf, das die Stadt mehr als 250 Jahre später noch beschäftigen sollte.
Als Canaletto-Blick wird allgemein die Perspektive vom Oberen Belvedere auf die Wiener Innenstadt bezeichnet. Dieser berühmten Ansicht widmet das Belvedere ab 29. Juni eine eigene Ausstellung. Die Idee dazu hatte einer, der eigentlich mit der Epoche des Barock, in der das berühmte Gemälde entstand, nichts zu tun hat: Kurator Markus Fellinger ist Spezialist für das 19. und 20. Jahrhundert. Die aufgeheizten Diskussionen rund um das Bauprojekt am Heumarkt, dessen Gegner die endgültige Verunstaltung des sakrosankten Ausblicks befürchten, ließen auch Fellinger nicht kalt. "In den Foren wird viel diskutiert, aber ich habe das Gefühl, dass sich kaum jemand wirklich auskennt", sagt er.
Die Irrtümer beginnen beim Originalgemälde und ziehen sich bis zu den aktuellen Renderings der Firma Wertinvest und deren Gegner. "Das Gemälde wurde von Maria Theresia in Auftrag gegeben und spiegelt im Grunde politische Machtverhältnisse wider", ist Fellinger überzeugt. Stadtbilder seien oft keine objektiven Darstellungen.
Manipulation mit dem Pinsel…
Das Bild wirke naiv abgemalt, aber das sei nicht der Fall. Wesentliche Gebäude, insbesondere im Besitz des Herrscherhauses stehende, wurden hervorgehoben bzw. größer dargestellt, als sie in Wirklichkeit sind – das gilt für das Untere Belvedere, für das Palais Schwarzenberg oder für die Karlskirche, die von Maria Theresias Vater Karl VI. in Auftrag gegeben wurde.
"Es war die hochbarocke Phase in Wien und das Städtebild veränderte sich stark", sagt der Experte. Man wollte seinen Reichtum und die Errungenschaften der Kaiserin zeigen – und war sich dabei gar nicht bewusst, welchen Einfluss das Gemälde haben würde. Denn für die Öffentlichkeit sei der Ausblick vom Privatbalkon der Kaiserin gar nicht gemalt worden. Öffentlich wurde der Blick erst etliche Jahre später.
…und am Computer
Was damals der Pinsel war, ist heute der Computer. "Die Renderings des Heumarkt-Projekts haben beispielsweise mehr mit Kunst als mit objektiver Wirklichkeit zu tun", behauptet Fellinger. Sowohl die Gegner als auch die Befürworter bedienen sich, wie damals Canaletto, gewisser Stilmittel und Akzente, um das Bauprojekt in einem wahlweise sehr guten oder sehr schlechten Licht darzustellen. Das und wie damit gezielt die Meinung der Öffentlichkeit manipuliert werde, ist auch Teil der Ausstellung.
Gerne wird der Canaletto-Blick als der Maßstab für die Sicht auf Wien bezeichnet. Doch die Aussicht hat sich seit der Entstehung ordentlich verändert. Zweimal maßgeblich, um genau zu sein: ab dem Jahr 1858, als damit begonnen wurde, die Stadtmauer abzureißen, um die Ringstraße zu bauen, und ab den 1960er-Jahren, als das Gartenbauhochhaus, das Intercont und das Hilton aus dem Boden gestampft wurden – nicht ohne Widerstand der Canaletto-Verteidiger.
Die neue Ausstellung will mehr Objektivität in die Angelegenheit bringen und einen neutralen Blick auf aktuelle städtebauliche Debatten werfen. "Ein Urteil kann sich der Besucher selbst bilden", so der Kurator.
Info und Öffnungszeiten: "Der Canaletto-Blick" im Belvedere
Die Ausstellung "Der Canaletto-Blick" widmet sich vom 29. Juni bis 14. Oktober Wiens berühmtester Stadtansicht. Zu sehen sind Werke von Salomon Kleiner, Rudolf von Alt, Tina Blau, Carl Moll oder Gerhart Frankl, die sich im Laufe der Zeit mit dem Blick vom Belvedere aus beschäftigt haben. Das Originalgemälde wird im Kunsthistorischen Museum aufbewahrt und kann nicht transportiert werden – in der Ausstellung wird es in einem Livestream gezeigt. Via Augmented Reality lässt sich der Canaletto-Blick auch auf der Belvedere-App entdecken.
Wo? Oberes Belvedere, Prinz-Eugen-Straße 27, 1030 Wien.
Wann? 29. Juni bis 14. Oktober 2018. Öffnungszeiten: tägl. 9–18 Uhr, freitags bis 21 Uhr.
Im Web? www.belvedere.at





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