Wegen NS-Vergangenheit umstritten
Wiener Nobelpreisträger Konrad Lorenz wird 120

Polarisiert bis heute: "Gänsevater" Konrad Lorenz wäre am 7. November 120 Jahre alt geworden. | Foto: akg-images / picturedesk.com
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Unbestritten seine großen Errungenschaften im Bereich der Wissenschaft, umstritten wegen seiner Nähe zum nationalsozialistischem Gedankengut: der Geburtstag des Wiener Zoologen, Mediziners und Nobelpreisträgers Konrad Lorenz jährt sich am 7. November zum 120. Mal.

WIEN. Das Jahr 2023 wird doppelt in Verbindung mit dem Wiener Zoologen und Mediziner Konrad Lorenz (1903-1989) gebracht, der als Begründer der Verhaltensforschung gilt. Im Jahr 1973, also vor 50 Jahren erhielt er gemeinsam mit Karl von Frisch, der wie Lorenz als einer der bedeutendsten deutschsprachigen Verhaltensforscher gilt, und dem niederländischen Zoologen Nikolaas Tinbergen den Medizin-Nobelpreis. Er war damit bis zum Physiker Anton Zeilinger für fast fünf Jahrzehnte der letzte Österreicher, der diese wichtigste Auszeichnung in der Wissenschaft erhielt.

Dazu jährt sich der Geburtstag des "Gänsevaters" – jedem Schüler ist Lorenz vor allem aufgrund seiner intensiven Arbeit mit den Graugänsen bekannt – am 7. November zum 120. Mal. Doch der 1903 in Wien geborene Sohn eines angesehenen Arztes ist bis heute wegen seiner Nähe zu nationalsozialistischem Gedankengut umstritten.

Gedankengut nie abgelegt

So propagierte Lorenz, der 1938 in die NSDAP eintrat sowie Mitarbeiter des "Rassenpolitischen Amtes der NSDAP" war, die Erbgesundheit und sprach sich während der NS-Zeit wiederholt für den "Gnadentod" für Kranke und Schwache aus. Noch im Jahr 1973 verglich Lorenz in seinem polarisierenden Buch "Die acht Todsünden der zivilisierten Menschheit" Kriminelle mit Krebsgeschwüren und verwendete weitere fragwürdige Analogien zwischen Natur und Gesellschaft.

Auch im Jubiläumsjahr 2023 wird mit der Person Lorenz kritisch auseinandergesetzt. | Foto: akg-images / picturedesk.com
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Auch im Jubiläumsjahr 2023 wird mit der Person Lorenz kritisch auseinandergesetzt. Erst zuletzt machte ein Forschungsprojekt der Universität Wien, wo er 1928 sein Medizinstudium abschloss, Schlagzeilen. Dieses hatte sich thematisch mit den eigenen Ehrungen von Akademikerinnen und Akademikern auseinandergesetzt und einige große Namen als "problematisch" eingestuft – so auch auch den Nobelpreisträger von 1973 – MeinBezirk.at berichtete:

Viele Ehrungen der Uni Wien sind "problematisch"

Wie man auch zur Person Konrad Lorenz steht: seine Errungenschaften für die moderne Wissenschaft sind unbestritten und enorm wertvoll. Er war einer der ersten Zoologen, die sich intensiv mit der Psychologie der Tiere auseinandersetzten und damit die Ethologie oder Verhaltensbiologie, wie sie heute gelehrt wird, maßgeblich prägten. Auch in Bezug auf den Menschen und die Analyse seiner Verhaltensmuster steuerte Konrad Lorenz wertvolle Erkenntnisse bei, die er auch einer breiten Leserschaft verständlich vermitteln konnte. Durch sein unermüdliches Engagement für den Umweltschutz und vor allem gegen Atomkraft wurde er in seinen späteren Lebensjahren zu einer der wichtigsten öffentlichen Figuren der Grünen-Bewegung im deutschsprachigen Raum.

Biografen: "Widersprüchlichkeiten aushalten"

Die beiden Konrad Lorenz-Biografen Klaus Taschwer und Benedikt Föger, die ihr Werk anlässlich des Jubiläumsjahrs 20 Jahre nach ihrem Erscheinen neu auflegten, meinten in einem Interview mit dem ORF im vergangenen Oktober, dass "man seine Widersprüchlichkeiten aushalten" sollte – und Österreichs langjährige Versäumnisse im Umgang mit der NS-Vergangenheit nicht an Lorenz "überkompensieren".

Wie man auch zur Person Konrad Lorenz steht: seine Errungenschaften für die moderne Wissenschaft sind unbestritten und enorm wertvoll. | Foto: akg-images / picturedesk.com
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"Ähnlich, wie man früher seine 'braunen Fehltritte' verdrängte, werden jetzt seine unbestreitbaren Verdienste um die Wissenschaft und die Umwelt vergessen, was ähnlich falsch ist und ihm auch Unrecht tut", so Taschwer gegenüber dem ORF.

  • 1903: Konrad Lorenz wird am 7. November 1903 in Wien geboren.
  • 1921: Matura am Wiener Schottengymnasium.
  • 1922 - 1923: Studium der Medizin in New York.
  • 1923 - 1928: Studium der Medizin in Wien.
  • 1927: Heirat mit Margarethe Gebhardt. Aus dieser Beziehung gehen drei Kinder hervor.
  • 1928: Promotion zum Doktor der Medizin.
  • 1936: Habilitation an der Universität Wien.
  • 1937: Beginn der Forschung mit Graugänsen.
  • 1938: Eintritt in die NSDAP.
  • 1940 - 1941: Professor für Psychologie an der Universität Königsberg.
  • 1941 - 1944: Lorenz wird vom Militär eingezogen und arbeitet als Psychiater und Neurologe in Posen.
  • 1944 - 1948: Sowjetische Kriegsgefangenschaft.
  • ab 1957: Honorarprofessor für Zoologie an der Universität München.
  • 1961 - 1973: Direkter des Max-Planck-Institutes für Verhaltenspsychologie.
  • 1963: Sein Werk "Das sogenannte Böse. Zur Naturgeschichte der Aggression" erscheint.
  • 1973: Nobelpreis für Physiologie oder Medizin.
  • 1973: Sein Werk "Die Rückseite des Spiegels" erscheint.
  • 1989: Konrad Lorenz stirbt am 27. Februar 1989 in Wien.

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