Seelische Gesundheit: "Stigmatisierung verhindern"

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Der Waidhofner Psychiater Primar Friedrich Riffer über die alltägliche Ausgrenzung von Menschen mit psychischen Erkrankungen.
WAIDHOFEN. Der internationale Tag der seelischen Gesundheit wurde 1992 ins Leben gerufen und wird jedes Jahr am 10. Oktober begangen. Psychische Störungen sind weit verbreitet und laut einer Studie der WHO leidet mittlerweile jeder vierte Arztbesucher daran.
Primar Friedrich Riffer, Abteilungsleiter des Waldviertler Zentrums für Seelische Gesundheit, möchte diesen Tag zum Anlass nehmen, um verstärkt über psychische Erkrankungen aufzuklären und ein Miteinander einzufordern: "Ich selbst konnte vor kurzer Zeit bei einer Eigentümerversammlung meines Wohnhauses in Wien erleben, wie wichtig es ist, im Alltag die Stigmatisierung der Betroffenen zu verhindern. Thema dieser Versammlung war auch das Verhalten eines an Schizophrenie erkrankten Mitbewohners.
Dieser würde in heftiger Lautstärke Musik spielen, am Gang rauchen und die Wände bekritzeln. Ich selbst war in einer ungewohnten Rolle - der Psychiater war nur am Rande gefragt - als Mitbewohner und Betroffener diskutierte ich mit den Hausbewohnern. Verständnis gab es nur anfänglich, dann ging es in Richtung Klage, was für den Betroffenen den Wohnungsverlust zufolge hätte. Zusammengefasst war die Meinung der anderen Eigentümer: Wir haben nichts gegen psychisch Kranke, aber sie müssen sich wie wir an die Regeln halten, und wir sind nicht für die Erziehung zuständig“. Diese wurde, auf der Suche nach einfacher, rascher Lösung von der Mutter eingefordert, dabei „übersehend“, dass der Mann 40 Jahre alt, und nicht besachwaltet ist.
Nach meinem Hinweis, dass man von schwer psychisch Erkrankten nicht dasselbe Verhalten erwarten und einfordern sollte wie von Gesunden, jedoch das direkte Gespräch suchen kann um Vereinbarungen auszuhandeln, wurde dies auch beschlossen. Das kann gelingen, aber auch scheitern. Doch wer verhandelt kann Lösungen finden, und das gilt für alle Bereiche des Zusammenlebens. Auch, weil so aktuell, für Menschen, die auf der Flucht sind und unsere Hilfe benötigen.“
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