Landesgericht Krems
Gequälter Bub: 20 Jahre Haft für Mutter, 14 Jahre für die Freundin

In dieser Box wurde der Bub stundenlang eingesperrt. | Foto: Kurt Berger
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Entscheidung in einem der spektakulärsten Schwurgerichtsprozesse der letzten Jahre in Krems, um den fast zu Tode gequälten 12-jährigen Buben aus dem Waldviertel. Gerichtspsychiater Peter Hofmann sprach von einem Jahrhundertverfahren, auf Grund der aus psychiatrischer Sicht sehr komplexen schwierigen Beziehung zwischen den beiden Frauen.

KREMS/WAIDHOFEN THAYA. Die Mutter sei mit ihrem verhaltensauffälligen und zur Aggression neigendem Sohn von Anfang an völlig überfordert gewesen. Sie habe eine problematische Persönlichkeitsstruktur mit krankhaften Grundanlagen und einer schweren emotionalen Störung. Ihre Lebenssituation habe zu einer paranoiden Entwicklung mit eingeschränkter Realitätswahrnehmung geführt. Nach der Trennung von ihrem Mann und dem Tod ihrer eigenen Mutter sei schließlich die Zweitangeklagte ihre einzige Bezugsperson geworden und sie sei von ihr tief abhängig gewesen. Die 33-Jährige sei eingeschränkt zurechnungsfähig gewesen und er befürworte eine Einweisung in ein forensisch –therapeutisches Zentrum.

Entscheidung in einem der spektakulärsten Schwurgerichtsprozesse der letzten Jahre in Krems, um den fast zu Tode gequälten 12-jährigen Buben aus dem Waldviertel.  | Foto: Kurt Berger
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Keine schwere psychische Erkrankung

Die 40-jährige Zweitangeklagte leide nicht an einer spezifischen schweren psychischen Erkrankung, die man sofort eindeutig diagnostizieren und in eine Schublade stecken könne.

Gaslighting

Es handle sich hier um das sogenannte „Gaslighting“, eine Verunsicherungsstrategie. Dabei wird eine Person derart manipuliert, sodass diese schließlich nicht mehr weiß, was Realität oder Vorstellung ist. Die 40-Jährige versuche immer, das Kommando zu übernehmen, sich selbst als überhöht, aber vor allem als Opfer darzustellen und andere zu manipulieren. Wenn dies auf die Manipulation der Mutter zutrifft, liegen dem sehr sadistische Elemente zu Grunde.  Auch für sie sehe er eine Einweisung als erforderlich an.

Fast zu Tode gequält

Bei den Schlussplädoyers sprach die Staatsanwältin davon, dass die beiden Frauen den Buben fast zu Tode gequält und ihn auch seelisch zerstört hätten. Im Gerichtssaal hätten die Geschworenen nur eine Fassade der beiden Angeklagten gesehen.

Gerichtspsychiater Peter Hofmann sprach von einem Jahrhundertverfahren, auf Grund der aus psychiatrischer Sicht sehr komplexen schwierigen Beziehung zwischen den beiden Frauen. | Foto: Pixabay
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Williges Instrument

Die Mutter sei ein williges Werkzeug ihrer sadistischen Freundin gewesen. Diese habe bewusste Beitragshandlungen zu den Quälereien, ja, zur Folter gesetzt. Sie forderte die Verurteilung der Mutter auch wegen versuchten Mordes, die der Freundin wegen fortgesetzter Gewaltausübung an einem Unmündigen und Wehrlosen, sowie Freiheitsentziehung als Beitrags- und Auftragstäterin.

Nein zum Mordversuch

Anwältin Astrid Wagner forderte die Geschworenen auf, zum Mordversuch „Nein“ zu stimmen. Ihre Mandantin habe aufgrund ihrer verzerrten Realitätswahrnehmung die Lebensgefahr des Buben nicht erkannt. Nicht zuletzt sei sie von einem Tötungsvorsatz de facto zurückgetreten, da sie in letzter Sekunde die Reißleine gezogen und die Rettung gerufen habe, wenn auch erst nach Aufforderung einer Sozialarbeiterin. Das habe dem Buben das Leben gerettet. Zum Quälen des Sohnes sei ihre Mandantin ohnehin geständig.

Kein Monster

Sascha Flatz, Vertreter der Zweitangeklagten, bemängelte die Darstellung seiner Mandantin als Monster im Verfahren. Das sei sie nicht. Sie sei Mutter von vier Kindern, habe diese gut erzogen, habe 40 Jahre untadelig gelebt. Die Erstangeklagte sei in seine Mandantin verliebt gewesen, der Bub stand im Wege, deshalb hat sie ihren Sohn gehasst. Seine Mandantin habe zwar vom Vorgehen der Mutter gegen ihren Sohn gewusst, nicht jedoch das Ausmaß der Peinigungen. Er plädierte auf Freispruch oder zumindest auf Verhängung einer milden Strafe.

Die Mutter sei mit ihrem verhaltensauffälligen und zur Aggression neigendem Sohn von Anfang an völlig überfordert gewesen.  | Foto: Archiv
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Tränen zeigen nicht von Reue

Opferanwalt Timo Ruisinger aus Horn führte aus, dass die beiden Frauen anklagekonform zu verurteilen seien. Während der Bub im Spital um sein Leben kämpfte, versuchten sie Beweismittel wie Videos und Handys zu vernichten. Auch die Tränen der Zweitangeklagten haben nichts mit Reue zu tun, sie weint nur aus Angst vor einer Verurteilung. Ruisinger hielt seine Forderung nach 150.000 Euro Schadenersatz für das 12-jährige Opfer aufrecht.

Keine Antworten

Die beiden Frauen konnten sich zwar zum Schluss eine Entschuldigung für ihre Taten abringen, die Frage nach dem Warum blieb jedoch offen. Darauf gab es keine Antworten.

"Ich weiß nicht, weshalb ich das getan habe,"

sagte die Mutter.
Nach siebenstündiger Beratung kam das Schwurgericht zu folgendem Wahrspruch: 20 Jahre Haft für die Mutter. Die Geschworenen stimmten bei Mordversuch mit 7 zu 1 für Ja. Die Zweitangeklagte fasst 14 Jahre Haft aus, eines unter der Höchststrafe. Beide werden in ein forensisch-therapeutisches Zentrum eingewiesen. Die Urteile sind nicht rechtskräftig. -Kurt Berger

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