Seelsorge
Und was gibt Ihnen Hoffnung?

- hochgeladen von Alfred Jungwirth
Zum Evangelium Johannes 14, 15-21 und zur Lesung 1. Petrusbrief 3, 15-18. Gedanken von Pfarrer Josef Schreiner zum 6. Sonntag in der Osterzeit.
Manchmal werden Menschen bei einem Interview gefragt: „Was gibt Ihnen Hoffnung?“. Es interessiert die Leser und Hörer, woraus jemand Kraft schöpft und was er/sie vom Leben hält. Und dies umso mehr, wenn eine schwere Krankheit oder ein Schicksalsschlag zu bewältigen wäre.
So könnten wir uns öfter einmal fragen und uns bewusst machen, was uns leben lässt – und das über den Tod hinaus. „Seid stets bereit jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach der Hoffnung fragt, die euch erfüllt“, heißt es im 1. Petrusbrief. Der Schreiber fordert die ersten Christen heraus, wenn sie gefragt werden, deutlich zu bekennen, worauf sie ihr Leben gründen. Er ist davon überzeugt, dass der Sieg des Lebens über den Tod, den Jesus uns in seiner Auferstehung errungen hat, für uns so tragfähig ist, dass er den Alltag durchdringen kann. Dieses Glaubens- und Lebenszeugnis soll aber nicht aufdringlich oder überheblich abgegeben werden, sondern „bescheiden und ehrfürchtig,“ wie es im Text des 1. Petrusbriefes heißt. Die Wertschätzung und Achtung des Andersdenkenden sei dabei im Vordergrund. Die Haltung, mit der wir anderen in solchen Gesprächen begegnen, dürfen wir auch für uns in Anspruch nehmen.
Der Geist der Wahrheit
Vor diesem Hintergrund ist die Zusage aus den Abschiedsreden des Evangelisten Johannes wichtig: „Und ich werde den Vater bitten, und er wird euch einen anderen Beistand geben, der für immer bei euch bleiben soll. Er ist der Geist der Wahrheit.“ Dieser Heilige Geist lebt seit der Taufe in uns. Seine Lebenskraft will uns durchdringen und ermutigen, uns den Aufgaben des Alltags zu stellen. Durch ihn nehmen wir teil an der göttlichen Lebendigkeit. „So dem Leben zu vertrauen heißt: fest damit rechnen, dass jeder Tag uns genau das bringen wird, was wir brauchen – wenn es auch nicht immer das ist, was wir wünschen. Wir verlassen uns eben darauf, dass die Lebensquelle uns schon gibt, was für uns gut ist, ob wir es immer gleich erkennen oder nicht“, schreibt der Benediktinerbruder David Steindl-Rast in seinem Buch „Credo“.
Ruhig werden und hinhören
Leben aus dem Geist braucht Räume der Stille, in denen wir ruhig werden und hinhören können, was uns im Inneren berührt. Die Mühen und Sorgen des täglichen Lebens aber lassen uns oft wenig Zeit dazu. Eine Möglichkeit, diesem Heiligen Geist in uns auf die Spur zu kommen, wären etwa die Fragen: „Wo zieht es mich hin? Wovon bin ich ergriffen? In welchen Situationen wird es mir warm ums Herz?“
Je bewusster wir leben, umso klarer erkennen wir, welches Geschenk es ist, überhaupt lebendig zu sein. „Diese Einsicht löst in jedem Atemzug tiefe Dankbarkeit aus und öffnet dadurch das Herz für immer größere Lebensfreude”, schreibt Bruder David weiter. Gerade die Dankbarkeit löst in unserem Inneren Verkrustetes und Verhärtetes auf, weil uns dabei bewusst wird, dass wir reichlich Beschenkte sind. Die wichtigsten Erfahrungen des Lebens, die Liebe, das Vertrauen, die Freundschaft, können wir uns nicht erarbeiten und nicht kaufen. Sie sind ein Geschenk, das uns einfach zufällt und uns wieder tiefe Erfüllung schenken kann.
Einander offen begegnen
Zurück zur Eingangsfrage: Was gibt Ihnen Hoffnung? Für mich persönlich ist es das Vertrauen, dass ich von einer unsichtbaren Kraft – die ich Gott nenne – getragen bin. Es ist, wie wenn ich im Attersee am Rücken liegend, mich vom Wasser tragen lasse und dabei die Wolken am Himmel betrachte. Hoffnung gibt mir aber auch, dass in jedem Menschen etwas Wertvolles schlummert, das in einer gelungenen Begegnung erweckt und gehoben werden kann. Wenn ich den Menschen freundlich und offen begegne, dann löst das im anderen vielleicht auch manche Blockade oder Angst. Christ sein ereignet sich in der Begegnung und in der Gemeinschaft. Das mussten wir in diesen Wochen der Entbehrung, aufgrund der Verbreitung des Corona-Virus, erfahren.
Keine gemeinsamen Gottesdienste mit der Pfarrgemeinde feiern zu können, tat für mich als Pfarrer weh. Hoffnung gibt mir schließlich auch, dass dieses Leben nicht das einzige ist. Wie es in einem Film heißt: „Das Beste kommt zum Schluss“. Da ist dann einer, der uns erwartet und uns mit offenen Armen empfängt, so wie der „Barmherzige Vater“ im Evangelium. Leben in Fülle ist uns allen verheißen.
Liebe Leserinnen und Leser, möge diese stärkende und in die Weite führende Lebenskraft Sie neu erfüllen und durch alle Höhen und Tiefen Ihres Lebens tragen.
Josef Schreiner, Pfarrer von Attersee und Pfarrprovisor von Abtsdorf, Nußdorf & Unterach
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