Kellermayr-Prozess
Angeklagter: "Bin nicht schuld am Tod"

- Der Angeklagte im Landesgericht Wels.
- Foto: Steiner-Watzinger
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Der Angeklagte im Fall Kellermayr bekennt sich nicht schuldig. Der Vater glaubt weiterhin, dass seine Tochter ermordet wurde.
WELS, SEEWALCHEN. Unter einem riesigen Medienaufgebot startete heute, 26. März, der Prozess gegen einen 61-jährigen Deutschen. Dem in seinem Heimatland elffach Vorbestraften wird vorgeworfen, die Ärztin Lisa-Maria Kellermayr in E-Mails und Kurznachrichten gefährlich bedroht zu haben und so für ihren Selbstmord im Juli 2022 mitverantwortlich zu sein. Er wolle sie vor ein Volkstribunal stellen und ins Gefängnis bringen, war in den Nachrichten unter anderem zu lesen.
Claas nicht ausgeforscht
Der Staatsanwalt legte dar, das Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen lasse darauf schließen, dass die Nachrichten mit hoher Wahrscheinlichkeit zumindest mitursächlich seien.
Die Verteidigung präsentierte im Eröffnungsplädoyer den Schriftverkehr seines Mandanten mit der Ärztin sowie die E-Mails von einem gewissen Claas, der Kellermayr massiv bedrohte, indem er ihr schrieb, wie er ihre und ihre Mitarbeiter foltern und töten wolle. "Claas wurde bis heute nicht ausgeforscht", so der Verteidiger. "Es ist eine Tragödie, aber mein Mandant trägt keine Verantwortung am Tod von Frau Kellermayr."
Angeklagter: "Bin Sündenbock"
Der Angeklagte bekannte sich vor dem Schöffensenat als nicht schuldig. Er ließ von seinem Anwalt eine Stellungnahme verlesen, im weiteren Verfahren will er sich nicht mehr persönlich äußern.
"Der Tod lässt mich nicht kalt - aber ich bin nicht schuld daran", heißt es darin. "Ich bin nicht dieser jemand. Kellermayr hat sich nicht meinetwegen das Leben genommen."
Er habe damals viele E-Mails an Politiker, Wissenschaftler und Ärzte geschrieben, weil er wegen der 2-G-Regel (geimpft oder genesen) Angst vor dem Staat hatte. "Die meisten haben nicht geantwortet, sie tat es." Über Kellermayrs psychische Verfassung habe er keine Kenntnisse gehabt, so der Angeklagte, der sich als "Sündenbock" behandelt fühlt. "Der Prozess wird zeigen, dass ich keine Schuld trage."
Vater: Es war Mord
"Ich bin nicht der Meinung, dass es ein Selbstmord war", betonte Kellermayrs Vater gleich zu Beginn seiner Zeugenaussage. "Der Erhängungsvorgang kann nicht von ihr durchgeführt worden sein." Kellermayr wirft der Justiz mangelnde Beweissicherung vor. So sei etwa ein Zylinder nicht auf Fingerabdrücke untersucht worden. Es sei widerlegt, dass die Tür zum Panikraum von außen nicht zugesperrt werden konnte, so der Vater.
Mehrere Suizidversuche
Die Staatsanwaltschaft ging darauf nicht ein, die Verteidigung befragte ihn zur Vorgeschichte, Kellermayrs glückliche Kindheit und ihre schwierige Jugend. Es ging um Mobbing in der Schule und ein Trauma. Lisa-Maria Kellermayr hatte Freunden erzählt, während der Wienwoche vergewaltigt worden zu sein – Eltern und Lehrkräfte wussten nichts davon.
Während des Medizinstudiums sei es dann bergauf gegangen. Eine schwierige Zeit machte sie nach einer Operation an der Halswirbelsäule durch, von der sie sich nur langsam erholte. Die Angst davor, ihren Beruf nie ausüben zu können, gipfelte 2018 in einem Selbstmordversuch. Der Vater geht davon aus, dass sie damals gefunden werden wollte - wie auch bei anderen Vorfällen. "Ihre Suizidversuche waren nicht darauf aus, das Leben zu beenden."
Ein Leben in Angst
"Sie hatte sechs Monate Angst, ermordet zu werden", erzählt der Vater. Dazu kamen die viele Arbeit in der Ordination und der Disput mit der Polizei, die ihr keinen Personenschutz gewährte. "Es ist eine enorme psychische Leistung, dass sie diese Belastung so lange ausgehalten hat."
Im Sommer 2022 kamen wieder Selbstmordgedanken. Diese gipfelten im Juni 2022 in einer To-do-Liste für ihren Suizid. In einer Datei mit dem Namen "Abschluss" schreibt sie: "Ich habe keinen Plan B und ich brauche auch keinen Plan B." Rund zwei Wochen vor ihrem Tod war sie in fachärztlicher Behandlung deswegen. Der Arzt ging nicht davon aus, dass sie ernst macht.
Auch nicht der Vater: Denn Kellermayr hatte betont, sie rechne damit, Mitte August die Praxis, die wegen finanzieller Probleme geschlossen war, wieder öffnen zu können.
27 Zeugen sagen aus
Weiteres wurden am ersten Prozesstag ein Arzt, der Lisa-Maria Kellermayr in ihrer Ordination öfter vertrat, und ein ehemaliger Studienkollege befragt. Morgen, 27. März, sind die ehemaligen Mitarbeiterinnen der Ärztin an der Reihe.
Insgesamt werden im Prozess 27 Zeugen und zwei Sachverständige vernommen. Die Verhandlung ist für vier Tage anberaumt, mit einem Urteil ist am 9. April zu rechnen. Im Fall einer Verurteilung wegen gefährlicher Drohung muss der 61-Jährige mit ein bis zehn Jahren Haft rechnen.
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