Billigfleisch im Anflug
Villachs Bauern sehen EU-Mercosur-Deal kritisch

- Große Mengen an Billig-Fleisch könnten schon bald unsere landwirtschaftlichen Betriebe unter massiven Preisdruck setzen.
- Foto: Martin Lepuschitz
- hochgeladen von Peter Kleinrath
Das EU-Mercosur-Abkommen stößt bei heimischen Landwirten und Rinderzüchtern auf Kritik und Unverständnis. Und das hat viele Gründe.
VILLACH, VILLACH LAND. Bereits im Sommer 2019 wurde eine politische Grundsatzeinigung über den Aufbau der Freihandelszonen erzielt. Allerdings stellten die Regierungen mehrerer Staaten das Abkommen immer wieder infrage. Seit Ende letzten Jahres ist er durch, der EU-Mercosur-Deal. Was genau das bedeutet, lesen Sie unten im Absatz "Kritische Stimmen". Warum sich unsere regionalen Bauern gemeinsam mit der Landwirtschaftskammer klar dagegen positionieren, liegt auf der Hand. "Das Mercosur-Abkommen bedeutet Einbußen für alle Landwirte und Produzenten landwirtschaftlicher Produkte, weil wir mit billigem Fleisch aus dem Ausland überschwemmt werden", betont Roland Zellot, der im Villacher Stadtteil Turdanitsch eine Landwirtschaft mit Rinderzucht betreibt: "Dabei gibt es wie immer einen Lockvogel. Uns wird vorgegaukelt, dass, wenn wir billiges Fleisch abkaufen, dafür beispielsweise die Autoindustrie in Deutschland, Österreich und anderen europäischen Ländern angekurbelt wird. Wenn nämlich nur eine Seite vom Deal profitieren würde, wäre dieser niemals zustande gekommen."

- "Von uns bezieht man Fleisch, das mit den höchsten Standards produziert wurde!" - Roland Zellot, Landwirt aus Turdanitsch
- Foto: MeinBezirk.at
- hochgeladen von Peter Kleinrath
"Niemand fragt nach"
Es liegt auf der Hand, dass für die Tierhaltung in vielen Regionen der Welt der kostbare Regenwald abgeholzt wird. Zellot: "Dann wird das Fleisch der Tiere zu Dumpingpreisen verkauft. Wie diese Tiere gehalten, gefüttert und geschlachtet werden, fragt niemand. Deshalb sind Landwirte geschlossen, klar und deutlich gegen das Mercosur-Abkommen!"
"Regionalen Markt stärken"
Aus diesen und vielen weiteren Gründen ist es wichtiger als je zuvor, dass man bei den Bauern und Landwirten aus der Region einkauft. "Von uns bezieht man Fleisch, das mit den höchsten Standards produziert wurde. Wir verwenden ausschließlich unsere eigenen Futtermittel. Und wenn wir etwas – etwa Eiweiß – zukaufen, dann müssen wir das ganz klar nachweisen und deklarieren. Sämtliche Schritte müssen nachvollziehbar sein, was enorm wichtig ist", hebt Zellot hervor, der einen großen Teil seiner Fleischprodukte an Frierss und heimische Fleischhacker verkauft: "Meine Abnehmer können selbstverständlich genau nachvollziehen, woher die Fleischprodukte kommen und was drinnen steckt."

- "Der Import von Billigfleisch aus der Ferne kann nicht die Antwort sein!" - Stadtrat Erwin Baumann (FPÖ)
- Foto: FPÖ Villach
- hochgeladen von Peter Kleinrath
"Heger und Pfleger stützen"
Als Stadtrat ist Erwin Baumann (FPÖ) in Villach unter anderem für die Bereiche Land- und Forstwirtschaft zuständig. Vom Mercosur-Deal kann daher auch er ein Liedchen singen. "Der Deal bringt Nachteile für alle landwirtschaftlichen Betriebe in ganz Österreich und der gesamten Europäischen Union. Hauptmanko ist, dass einmal mehr nur die großen Player der Fleischindustrie bevorteilt werden, während kleine und mittelgroße Betriebe durch die Finger schauen", kritisiert Baumann: "Eigentlich ist es unsere Aufgabe und auch die Aufgabe der EU, dass ganz im Gegendteil unsere lokalen Heger und Pfleger unterstützt werden. Der Import von Billigfleisch aus weit entfernten Ländern kann nicht die Antwort sein!"

- Auch in Österreich gibt es Mercosur-Gegner.
- Foto: picturedesk.com/Westend61
- hochgeladen von Peter Kleinrath
Kritische Stimmen
Trotz Bedenken aus Ländern wie Frankreich, Italien und Polen hat die EU-Kommission Ende 2024 die Verhandlungen über eine umfangreiche Freihandelszone mit dem südamerikanischen Staatenbündnis Mercosur erfolgreich abgeschlossen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach nach dem Treffen mit Spitzenvertretern der Mercosur-Staaten Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay in Uruguays Hauptstadt Montevideo von einer "politischen Grundsatzeinigung". Auf der Plattform X (vormals Twitter, Anm.) sprach sie von einem "Gewinn für Europa", weil immerhin bereits 30.000 kleine europäische Unternehmen exportieren. "Viele weitere werden folgen, weil Mercosur das EU-Engagement für den Klimaschutz widerspiegelt."
Kritik aus Österreich
Die weltweiten Reaktionen über den Mercosur-Vertrag reichen von Jubel bis Entsetzen. In Österreich zeigt sich nicht nur der ÖVP-Bauernbund kritisch. Auch SPÖ, FPÖ, Grüne, Landwirtschaftskammer und Umweltschutz-NGOs sehen Nachteile aufgrund des durchgepeitschten Abkommens, das auf den Eckpunkten Freihandel, Zollsenkungen, Zugang zu Märkten, Handelsregelungen, wirtschaftliche Zusammenarbeit, Nachhaltigkeit und soziale Standards basiert.
Gründe für die Kritik
Kritische Stimmen haben die Befürchtung, dass das Abkommen Anreize für die Zerstörung von natürlichen Ressourcen schaffen könnte, weil es die Landwirtschaft und den Export von Produkten wie Fleisch und Soja begünstigt. Auch wird befürchtet, dass es den Wettbewerb auf den Agrarmärkten verschärfen könnte – vor allem im Bereich der Landwirtschaft. Die Befürchtung liegt nahe, dass "Mercosur-Produkte", die oft ohne die gleichen Umweltschutzauflagen produziert werden, den europäischen Markt überschwemmen und die Preise für lokale Produkte drücken könnten.




Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.