Kaum am Start, sorgt Pendlerrechner mit vielen Mängeln für Verwirrung

Kaum am Start, sorgt Pendlerrechner mit vielen Mängeln für Verwirrung AK Präsident Zangerl fordert Reform: „Fairer Pendlerabsetzbetrag muss endlich großes und kleines Pauschale ablösen“

Kaum ist der lange angepriesene Pendlerrechner auf der Homepage des Finanzministeriums abrufbar, sorgt er mit vielen Pannen für Negativ-Schlagzeilen und für Verwirrung bei Betroffenen. „Das Rechner-Programm muss sofort überarbeitet werden, vor allem aber auch die ihm zugrunde liegende Verordnung“, fordert AK Präsident Zangerl ein gerechteres Modell ein.

Seit Mittwoch vergangener Woche ist der lange schon angekündigte Pendlerrechner auf der Homepage des Finanzministeriums abrufbar. Mit diesem Berechnungsprogramm sollen alle Arbeitnehmer ihren Anspruch auf Pendlerpauschale einfach und unkompliziert abfragen können.

Was in der Theorie vielversprechend klingt, weist in der Praxis jedoch erhebliche Mängel auf: So klagen viele Arbeitnehmer über unrealistische Wege, die vom Pendlerrechner als schnellste Verbindung ausgegeben werden. Dennoch sind diese Ergebnisse des Pendlerrechners grundsätzlich rechtsverbindlich.

Seltsame Kombinationen. Da gemäß Pendlerverordnung nicht die gesamte Wegstrecke, sondern nur der überwiegende Teil mit öffentlichen Verkehrsmitteln zumutbar sein muss, wird als schnellste Verbindung häufig eine Kombination aus Pkw und Zug angegeben. Dabei spielt es aber z. B. keine Rolle, ob der Arbeitnehmer überhaupt ein Auto oder einen Führerschein besitzt.

Für einen Arbeitnehmer können öffentliche Verkehrsmittel laut Pendlerrechner etwa zumutbar sein, wenn er beispielsweise zunächst mit seinem Auto 45 km bis zu einem Bahnhof fährt und dort auf den Zug umsteigt, sofern die weitere Fahrtstrecke mit dem Zug 46 km beträgt, also um nur 1 km länger ist.

Kuriositäten. Irrelevant ist für den Pendlerrechner auch, ob am Bahnhof tatsächlich Parkplätze zur Verfügung stehen und er damit als Park-and-Ride-Anlage (P+R-Anlage) überhaupt nutzbar ist. So wird einfach jeder Haltepunkt als P+R-tauglich angesehen. Für Pendler vom Oberland nach Innsbruck kann es bedeuten, dass der Umstieg an der Haltestelle Roppen angegeben wird, und für jene, die vom Unterland nach Innsbruck müssen, ein Umstieg in Pill-Vomperbach. Für Arbeitnehmer, die von Innsbruck in eine Umlandgemeinde pendeln, kann es laut Pendlerrechner wiederum am schnellsten sein, mit dem Auto zum Innsbrucker Hauptbahnhof zu fahren und dort das Auto stehen zu lassen! Obwohl jeder Ortskundige weiß, dass dort keine P+R-Plätze zur Verfügung stehen! Andererseits ist es für Arbeitnehmer, die in unmittelbarer Nähe zum Innsbrucker Hauptbahnhof wohnen und nach Wörgl pendeln, laut Pendlerrechner am schnellsten, zuerst mit dem Pkw nach Fritzens-Wattens zu fahren.

Bemerkenswert ist, dass beim Pendlerrechner alle Fahrplandaten von Bus und Bahn hinterlegt sind. Dies führt allerdings dazu, dass für das Ergebnis der Abfrage auch die Uhrzeit entscheidend ist, und das sowohl in Hinblick auf Fahrzeit, als auch auf Wegstrecke. So ergibt die Berechnung für die Strecke Stams-Innsbruck mit Arbeitsbeginn um 8 Uhr einen Weg von 36 km. Bei einem Arbeitsbeginn um 7.30 Uhr gibt der Rechner zuerst die Fahrt mit dem eigenen Pkw zum Bahnhof Telfs/Pfaffenhofen an, wodurch sich eine Wegstrecke von 42 km ergibt.

Pendlerverordnung. Rechtlich gesehen setzt der Pendlerrechner die Vorgaben der Pendlerverordnung um, mit der versucht wird, Kriterien zur Zumutbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel zu definieren. Allerdings werden damit schonungslos die Schwächen dieser Verordnung aufgezeigt, und wie unzulänglich deren Umsetzung ist. Zudem untermauert der Pendlerrechner nur eindrucksvoll die Kritik, die die AK Tirol seit Jahren am Pendlerpauschale und dem damit verbundenen bürokratischen Aufwand übt, weil die Bedingungen im Alltag mit diesem Modell kaum erfasst werden.

„Mit den aktuell aufgezeigten absurden Berechnungen wird das Vertrauen der Menschen in staatliche Einrichtungen stark strapaziert und das verbreitete Bild, nach dem Beamte in Ministerien weit von der Realität entfernt sind, nur noch unterstrichen“, betont AK Präsident Erwin Zangerl. „Wir fordern daher die sofortige Aussetzung des Pendlerrechners und eine grundlegende Überarbeitung des Programmes sowie der ihm zugrunde liegenden Verordnung. Diese muss beinhalten, dass die Unterscheidung zwischen großem und kleinem Pendlerpauschale abgeschafft und stattdessen ein Pendlerabsetzbetrag eingeführt wird, der einzig und allein die Distanz zum Arbeitsplatz als entscheidendes Kriterium vorsieht. Für diese Distanzberechnung wäre der Pendlerrechner dann aber durchaus brauchbar.“

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