Zubringerlift spaltet Gemeinde Neustift
Die geplante Zubringerbahn von Neustift in die Schlick sorgt für unterschiedliche Meinungen in Neustift.
NEUSTIFT (kr). Vor rund zwei Wochen flatterte ein Postwurf der Gemeinschaftsliste in die Neustifter Haushalte. Darin geht es unter anderem um die Zubringerbahn von Neustift in die Schlick. Die Gemeinschaftsliste gibt darin die Meinung wieder, dass die geplante Talstation "das Ortsbild von Neustift beeinträchtigt", "die geplanten zusätzlichen Skiflächen unattraktiv" seien und die Zubringerbahn zu einer "Verkehrsproblematik" führen würde. Darauf folgend werden an die Gemeindeführung die Fragen formuliert, ob es für einen Tourismusort Sinn macht, den Elfer "zu vernachlässigen und ein nicht ausgereiftes (...) Projekt zu unterstützen", ob es zielführend sei, das "Überbleibsel eines ‘gestorbenen‘ Projekts umzusetzen" und ob es sich "die Bevölkerung nicht verdient hätte, dass große Projekte "zukunftsorientiert und nachhaltig" sind.
Das BEZIRKSBLATT hat bezüglich dieser Thematik die anderen Neustifter Listen nach ihren Meinungen gefragt, um ein Stimmungsbild in Bezug auf die Zubringerbahn wiedergeben zu können.
Gmoch-Eck bis Schlick
Zunächst stellt Bürgermeister Peter Schönherr auf Anfrage des BEZIRKSBLATTES klar, dass die Gemeinde Neustift nicht Gesellschafter bei der Errichtungsgesellschaft sei und dass es für Neustift bei diesem Projekt keine finanziellen Verpflichtungen gibt: "In den letzten Jahren wurde einmalig ein finanzieller Zuschuss für eine Machbarkeitsstudie gewährt – dies mit Zustimmung des Gemeinderates." Außerdem sei die Gemeinde nicht in die Verhandlungen und Gespräche über Nutzung von Grundstücken eingebunden. Bgm. Schönherr: "Die Gemeinde hat aber sehr wohl die Verantwortung, Rahmenbedingungen für eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung zu schaffen. Interessensabwägungen sind vom Gemeinderat vorzunehmen."
Aus einem der Gemeinde vorliegenden Antrag der Betreibergesellschaft geht hervor, dass die beabsichtigte Trassenführung der Seilbahn auch ein Grundstück der Gemeindegutsagrargemeinschaft überspannen soll – dort sollen auch Liftstützen errichtet werden. Über diesen – akkordierten – Vertrag muss der Gemeinderat in einer der nächsten Sitzungen entscheiden.
"Projekt nicht ausgereift"
Zum Vorwurf, dass die Gemeinde mit der Zubringerbahn ein "nicht ausgereiftes Projekt" unterstützen würde, sagt Bürgermeister Schönherr: "Das sehe ich absolut nicht so! Beim Elfer wurden in den letzten Jahren zahlreiche Verbesserungen (Beschneiung, Singletrail etc.) vorgenommen. Auch den Versuch, einen gebrauchten Sessellift von der Mittelstation zum Elfer zu bauen, hätte die Gemeinde unterstützt. Wenn die Gemeinschaftsliste von einem nicht ausgereiften Projekt spricht, dann kann ich nur auf die intensive Projektentwicklung der letzten Jahre hinweisen." Expertenanalysen, Wirtschaftlichkeitsberechnungen etc. wurden durchgeführt.
Im Postwurf sagt die Gemeinschaftsliste, dass das Projekt nicht zukunftsorientiert und nachhaltig sei – Schönherr: "Fakt ist, dass durch die Anbindung an ein bestehendes Skigebiet vorhandene Infrastruktur genutzt werden kann. Es muss also nicht ein 'neues Skigebiet' erschlossen werden." Auf das Argument der Gemeinschaftliste, dass es eine aufwändige Verkehrslösung geben müsse, sagt Schönherr, dass er verkehrstechnisch sogar Vorteile sieht: "Die Gäste aus Neustift müssen nicht mit extra Bussen (so wie derzeit) durch Fulpmes fahren. Das bestehende Verkehrskonzept sieht als Schwerpunkt den öffentlichen Nahverkehr vor." Derzeit sei die Zubringerbahn mit einer Abfahrt zur Mittelstation die einzige rechtlich mögliche Projektvariante im Stubai. Außerdem unterliege das Projekt ohnehin einem strengen Behördenverfahren, das alle Facetten kritisch hinterfragt. Alle Listen werden nun in einer der nächsten Sitzungen über den Antrag der Betreibergesellschaft an die Gemeindegutsagrargemeinschaft abstimmen. Bei einer Abstimmung im Gemeinderat würde die Gemeinschaftsliste das Projekt in dieser Form ablehnen, heißt es. Bgm. Peter Schönherr: "Junges Neustift unterstützt den Stubaier Tourismus mit seinen Betrieben und Interessen im Stubaital."
Die Meinungen der anderen Listen
GWZ: "Wir sind prinzipiell nicht dagegen"
Daniel Illmer von der "Gemeinsamen Wirtschafts- und Zukunftsliste Neustift" (GWZ) betont zum Thema, dass man sich nicht im Allgemeinen gegen das Projekt positioniere, aber: "Wir sind gegen das konkret vorliegende Konzept des Projektes." Dies unter anderem deshalb, weil es skitechnisch unattraktiv sei (da nur wenig Skifläche hinzukomme). Daniel Illmer: "Im Moment sehe ich aber eine Chance, dass das Projekt durch gewisse Abänderungen an Attraktivität sowohl für den Sommer als auch für den Winter gewinnen kann."
Was außerdem zu bedenken sei, ist laut Daniel Illmer, dass ab 1. Jänner 2019 das neue Seilbahn- und Skigebietsprogramm in Kraft tritt: "Dann wäre es vielleicht sogar möglich, dass man das Gebiet bis zum Burgstallsattel/Goldsutten erschließen kann – das wäre dann eine gute Perspektive, wie man attraktive und notwendige Skiflächen in großer Seehöhe dazugewinnen kann."
'Zukunft Neustift': "Wir sehen es skeptisch"
Friedl Siller von der Liste "Zukunft Neustift" betont: "Wir sehen dieses Projekt sehr skeptisch – vor allem deshalb, weil es keine Talabfahrt geben wird und nur wenig Skifläche hinzukommt." Auch die Überspannung sieht Siller kritisch – und: "In erster Linie braucht Neustift ein Skigebiet, wo man ins Tal herunter fahren kann."
'Für Neustift': "Wir brauchen etwas in dieser Richtung"
Martin Pfurtscheller von der Liste "Für Neustift" sagt: "Prinzipiell ist es so, dass Neustift etwas in dieser Richtung bräuchte. Zu 100 Prozent bin ich vom vorliegenden Projekt bis dato aber noch nicht überzeugt." Wichtig wäre nun in erster Linie eine Einigung in der Gemeinde, in welche Richtung es gehen soll.
Berger: "Man muss alle Pros und Kontras abwägen"
Patrick Berger, fraktionsloser Gemeinderat: "Das Wichtigste ist, die Pro- und Kontraargumente des Projekts gut abzuwägen – man muss bei so einem großen Projekt gut überlegen, wie man es angeht." Der Punkt der Wirtschaftlichkeit könne von den Gemeinderäten nicht bewertet werden – das liege in der Hand des Projektbetreibers.
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