ÄHRIGE TEUFELSKRALLE. Märchen und Geschichten für Erwachsene, Kinder und Kind gebliebene - Teil 125

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In einem Zauberwäldchen im wunderschönen Pielachtal habe ich heuer im Mai erstmals die Ährige Teufelskralle entdeckt. Das Pflänzlein zog mich magisch an, denn es wuchs mitten unter Farn, Waldmeister, Salomonsiegel, Sarnikel und Haselwurz - also den Pflanzen, bei denen sich der Sage nach auch die Naturwesen aufhalten. Den Namen, der meiner Meinung nach überhaupt nicht zur ätherisch schönen Pflanze passt, hat sie von den gekrümmten Röhrenblättern an der Blüte. Zugehörig zur Familie der Glockenblumen ist die Ährige Teufelskralle nicht giftig und dient Bienen, Hummeln und anderen Insekten als leckere Nahrungsquelle. Auch unsere Vorfahren sammelten im Frühling die jungen Blätter als Spinat oder Salat. Im Herbst wurden ihre Wurzeln - die Wildrüblein oder Weißrüblein roh mit Salz und Essig gegessen oder als Wildgemüse gekocht. Die noch geschlossenen Blütentriebe wurden angeblich gedünstet und mit Butter übergossen als Pfingstspargel gegessen. Allgemein kann man sagen, dass die Blüten der Ährigen Teufelskralle einen süßlich milden Geschmack haben, wohingegen die rohen Wurzeln eher scharf schmecken sollen. Aufgrund ihrer Rübenförmigen Wurzeln (lat. rapunculus = Rübchen) wird  die Ährige Teufelskralle auch "Rapunzel" genannt. Außerdem dürfte die Pflanze als Aphrodisiakum verwendet worden sein.  Ein Tee aus den Wurzeln soll angeblich von unseren Vorfahren bei Gallensteinen eingesetzt worden sein. Spannend ist, dass sie   HIERONYMUS BOCK  bereits 1574  in seinem „neuen Kräuterbuch“  als Wildgemüsepflanze abbildete. Sie wird übrigens auch Waldspinat genannt. Eine 1597 dokumentierte Anwendung empfiehlt die Ährige Teufelskralle angeblich auch bei "entzündlichen Prozessen im Mund- und Rachenraum".  Die Magie der Pflanze, habe ich sehr spannend auf den Radar bekommen, denn das folgende Märchen ist mir während eines Seminars eingefallen, bei dem es unter anderem um Chakren ging, Verwurzelung aber auch die Anbindung nach oben hin. Natürlich ist dieser Input sogleich ins Märchen eingeflossen. Als ich in Wolf Dieter Storls Buch "Die Seele der Pflanzen..." nachschlug, musste ich wieder mal lachen, denn die Überschrift zur Teufelskralle lautete "Mit Himmel und Erde verbunden"... In diesem Sinne... viel Spaß mit meinem Mitsommer Märchen von der Ährigen Teufelskralle und vom Farn. 

Es war einmal ein Königspaar, gesegnet mit Glück und einem wundervollen Königreich, in dem schon 100 Jahre Frieden herrschte. Trotzdem schien das Paar unter einem schlechten Stern zu stehen, denn die Kinder, die die Königin gebar, starben alle noch im Kindbett. sie war verzweifelt und wurde von Tag zu Tag magerer und blasser. Besorgt wanderte der König durch den Garten. "Warum?!" rief er immer und immer wieder. Seine Tränen benetzten, das Gras, dass er vor Gram Büschelweise ausriss. "Alles würde ich geben, wenn uns nur jemand helfen könnte!" Obwohl der König die besten Ärzte und Heiler des Landes hatte kommen lassen, war der Zustand der Königin bisher lediglich schlechter geworden. 

"So halt doch ein! Halt ein!" drang plötzlich ein krächzendes Stimmlein an des Königs Ohr. Irritiert fuhr der König hoch, konnte aber keine Menschenseele entdecken. "Zeig dich!" forderte er forsch. Da vernahm er wieder nur das Stimmlein: "Ich bin die Ährige Teufelskralle. Bitte bitte reiß mich nicht auch! Ich denke, ich kann dir helfen!" Das ließ den König aufhorchen und als er sich ins Gras beugte, erspähte er wirklich ein kleines, hässliches, struppiges Pflänzchen. "Einst trug ich ein wunderschönes zartes flauschig weißes Blütenköpfchen, dass fast aussah, wie das Kleid eines Engels. Und auch mein Geruch war nicht stinkend und Ekelerregend, sondern himmlisch süß und saftig. Doch meine Schönheit erregte Neid... zu viel Neid. Denn eines Tages traf mich der Fluch einer schwarzen Elfe. Nach der Signaturenlehre, so sagte sie, sollst du auch so aussehen wie du heißt. Und schwups krümmte und krallte sich alles in mir zusammen. Alles was blieb, ist das was du hier siehst. Erst wenn ich es schaffe, ein anderes Wesen von einem Fluch zu befreien, bekomme ich meine alte Gestallt zurück. Ich denke, euch könnte es wie mir ergangen sein. Das Glück, das die Götter über euch ausgeschüttet hatten, stach die anderen in die Augen. Ihr habt sie zu hell angestrahlt und so wurdet ihr verflucht! Der Neid der anderen liegt wie ein dichter Nebel über euch und hindert das Glück zu euch durchzukommen! Bin ich erst in meiner alten Gestalt kann mein Geruch den Nebel lichten!" Nachdenklich musterte der König das hässliche Pflänzchen. Wie gerne wollte er sich an den Strohhalm klammern, dem ihm das kleine Pflanzenwesen hier zuwarf. "Vertraut mir Herr. Die Königin wird schon bald ein neues Kind erwarten. Setzt mich unter sein Fenster und es soll dein Schaden nicht sein!"  So geschah alles, wie die Ährige Teufelskralle dem traurigen König geheißen. Auch das Pflänzlein gewann wieder die alte Gestallt zurück. Allerdings blieben ihr süßer Geschmack und lieblicher Duft aus. Dem König machte das jedoch nichts. Denn bald stellte sich wirklich ein allerliebstes Töchterlein ein, das zu einem wunderschönen Mädchen heranwuchs. Nur auf der Wange da trug sie ein Mal, das wie eine Kralle geformt war.  Trotz ihrer lieblichen Gestalt war sie jedoch Hochmütig und kalt. Trat nach den königlichen Haustieren und drangsalierte die Diener. "Hahaha!" Lachte sich der Teufel tief unten in der Unterwelt ins Fäustchen. "Meine Flüche trickst niemand so leicht aus!" Denn auch er hatte damals sein Händchen im Spiel gehabt, weil die himmlischen Mächte dem Königspaar  gar so gut gesonnen waren. Erst wenn die Seele der Prinzessin rein und weiß ist wie das Köpfchen der Ährigen Teufelskralle, wird auch die Pflanze  ihren Duft wieder erlangen. Erst dann kann das Königreich tatsächlich heil werden.

Da kam am Johannstag ein Wanderbursch des Weges. Selbstbewusst spazierte er in den königlichen Garten und setzte sich auf die Marmorbank von der Teufelskralle um Rast zu machen.  "Na dem werde ich zeigen wo's lang geht!" fuhr die Prinzessin auf als sie ihn sah. Doch irgendetwas ließ sie inne halten, irgendetwas in seinem Blick, seiner Haltung...  Wie in Trance setzte sie sich zu ihm und lauschte, als er von seinen Reisen erzählte. Er war in China gewesen, Russland, Rumänien, sogar bei den Indianern wollte er gewesen sein und überall hatte er die alten Heiltechniken erlernt.  Als er ihre Hand nahm, verdüsterte sich sein Blick. "Deine Chakren sind völlig zu! Du hast weder Wurzeln noch Anbindung zum Himmel. Und was dein Herz betrifft, das spürst weder du noch ein anderer. Was ist bloß mit dir passiert?"  Da bemerkte er das Mal auf ihrer Wange und er wusste instinktiv, dass hier nur die Lehren der Alten helfen konnten. "Hmmm so alt wie die Zeit selbst.." Schnell sprang er über den Graben und pflückte am nahen Waldrand Farnwedel. Alt wie die Zeit entfaltete dieser am Johannstag ganz besondere Kräfte. Er bettet das Königskind darauf und legte bunte wunderbar glänzende Edelsteine auf den Körper der Prinzessin, die ihn neugierig gewähren ließ. Als der Bursch seine Hände über sie hielt, war ihr als öffneten sich unzählige Türchen die ihr Lebtag lang verschlossen gewesen waren und sie musste zum ersten Mal im Leben weinen.  Da roch es plötzlich nach Schwefel und statt zwölf Uhr Mittags war es Zwölf Uhr Mitternacht. Der Wandersbursch war hellwach. Wenn der Teufel im Spiel war, so hieß es Obacht geben.  "Was wollte er nur?" Da fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. "Die blaue Blüte! Wenn der Teufel die geheimnisvolle blaue Blüte, die der Farn nur am Johannstag um Zwölf Uhr Mitternacht bildet vor ihm erwischt, dann hätte er Macht über alle Geschöpfe und aller Zauber wäre sein. Schafte ER es, schneller zu sein und ihm die wundersame blaue Farnblüte wegzuschnappen, wäre er imstande, jeden Zauber zu lösen, sein Glück und einen verborgenen Schatz zu finden!  Er musste ruhig werden, ganz in seine Mitte kommen... da begann die Prinzessin zu singen, ein wunderschönes Lied... und dieser Ton... "ohhhmmmmm"...  Summend weiteten sich seine Sinne... "Schnapp!" Die Musik, die seine Konzentration auf ein Äußerstes erhöht hatte, hatte den Höllenfürsten abgelenkt... nur den Bruchteil einer Sekunde... aber lange genug, um die Farnblüte vor ihm zu erwischen.  Mit einem höllischen Brüllen fuhr der Teufel hinab in die Unterwelt. Wieder einmal musste er sich geschlagen geben.  

"Jetzt hast du genau so ein Mal wie ich, Liebster!" flüsterte die Prinzessin als sie zart über die schmerzende Wange des Wandersburschen strich. Denn der Teufel hatte zwar nicht die magische Farnblüte, dafür aber die Wange des Burschen gestreift.  Doch da wurden sie wieder abgelenkt. "Was duftet hier so wunderbar süß und betörend? So einen Geruch hab ich bisher noch nirgends auf der Welt gerochen!" wunderte sich der Wandersbursch schnuppernd. "Das ist wohl unsere liebe Ährige Teufelskralle" lachten König und Königin und hakten sich bei den jungen Leuten unter, um ihnen die lang geheim gehaltene Geschichte von der Ährigen Teufelskralle zu erzählen und wie sie ihnen den Weg aus größter Herzensnot gewiesen hatte...

"Und jetzt, wo sich der Nebel des Neids endlich gelichtet hat, wird Hochzeit gehalten!" jubelte der König erleichtert. Höchste Zeit für mich, etwas kürzer zu treten!" Die jungen Leute hatten nichts dagegen und so wurde die traurige Geschichte unseres verfluchten Königreichs zu einer glücklichen, in der die Menschen mit den Lehren der alten Zeit neue wunderbare Wege beschritten.

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