MISTEL & STECHPALME. "Der Weihnachtsbaum der Mäuse": Märchen und Geschichten für Kinder, Kindsköpfe und Kind gebliebene - Teil 67

Zu Beginn meiner liebsten, wenn auch der finstersten Zeit im Jahr, habe ich mir heute eine kindlich naive Weihnachtsgeschichte einfallen lassen. Im Mittelpunkt stehen die zwei, für den Dezember typischten Pflanzen: Mistel und Stechpalme (bei uns auch Schradler genannt). Die Stechpalme "holly" gilt im angelsächsischen Raum als DAS Symbol für Weihnachten schlechthin. Ihre wunderbar grün glänzenden, dornigen Blätter samt den leuchtend roten Beeren sind auch bei uns ein beliebtes Weihnachtsmotiv.

Die Mistel wächst meistens auf Obstbäumen und ist ein Halbschmarotzer. Mit ihrer Saugwurzel bohrt sie sich in das Holz der Wirtspflanze und entnimmt ihr Wasser und Nährstoffe. Bei den keltischen Druiden galt sie als wichtigste Zauberpflanze. Noch heute werden die Mistelzweige als Schutz aufgehängt.
Als Räucherung soll sie langsame negative Schwingungen in lichtere höhere Schwingungen transformieren und ebenfalls schützend wirken.

Was die Beeren anbelangt, so symbolisierten die roten Beeren der Stechpalme für die Kelten die weibliche Lebensenergie, während die weißen Beeren der Mistel den männlichen Samen verkörperten. Zusammen galten die Beeren beider Pflanzen bei der Wintersonnwende als "mythisches
Elternpaar", das die Erde neu mit Fruchtbarkeit segnete, die dann im Frühjahr wiederkehrte...

Der Weihnachtsbaum der Mäuse

Es war einmal, auf einer Lichtung im tief verschneiten Winterwald, da lebte eine kleine Landmaus. Das winzige Nagetierchen wohnte in einer kleinen Höhle am Fuße einer knorrigen alten Eiche. Für sie war es das schönste Fleckchen auf der ganzen Welt - so behaglich und geborgen fühlte sie sich in ihrem Heim. Jedes Jahr zu Weihnachten, machte sich die kleine Landmaus auf den Weg, in den Obstgarten, wo in den ausladenden Kronen der Apfelbäume prächtige Mistelzweige wuchsen. Hurtig wie nur eine Maus es vermag, kletterte sie den Stamm hoch und packte ihren kleinen Rucksack, den sie aus Eichelblättern genäht hatte, randvoll mit schimmernd weißen Mistelbeeren. Damit wollte sie ihren Christbaum schmücken, denn das Weihnachtsfest nahte und die Lichtung war schon winterlich weiß. Der Lichterbaum der kleinen Landmaus wuchs alle Jahre wieder aus einer alten, hölzernen Zwirnspule, die einmal ein vorbeiwandernder Mensch verloren hatte. Als Schmuck hängte die kleine Landmaus an jedem Weihnachtsfest die wunderschönen weißen Mistelbeeren an die Zweiglein ihres Tannenbäumchens. So hatte sie es bei den Menschen im Dorf gesehen - und so hielt sie es auch.

Kurz vor Weihnachten kündigte sich unerwarteter Besuch an. Ihre Cousine, die Stadtmaus, war gerade in der Nähe und fand es bequem, die Gelgenheit zu nutzen um etwas Großstadtflair auf die kleine Lichtung zu bringen.

"Was machst du denn da?" wollte die Stadtmaus wissen, nachdem die Landmaus ihren kleinen Rucksack abgelegt hatte und von der Stadtmaus - Küsschen rechts, Küsschen links begrüßt worden war. "Ich war eben erst den Schmuck für meinen Christbaum holen. Die edlen weißen Mistelbeeren lassen das Bäumchen wie mit Feenglanz erstrahlen! Sind sie nicht wunderschön?!"

"Schön??? Also, für mich wirken sie eher blass und farblos! Wir in der Stadt schmücken unsere Bäumchen mit glänzend roten Stechpalmen Beeren! Immerhin ist rot anregend, macht Appetit und Feierlaune!" Das konnte die kleine Landmaus nicht nachvollziehen und so schlug sie vor, einen Wettstreit zu machen. Als Jury luden sie alle Tiere ein, die ebenfalls auf der Lichtung wohnten.

Umringt von Mäusen, Hasen und Rehen, Raben, Igeln, einem Specht, einer Bache mit ihren Frischlingen, Fasanen und sogar einem Hermelin in weißem Königspelz, gingen die beiden Mäuse mit Feuereifer ans Werk. Sie putzten ihre Christbäumchen auf, wie sie es noch nie zuvor getan hatten: der eine hatte als Spitze einen Stern, der andere einen goldenen Spitz. Wurden beim einen Bäumchen die lockigen Haare eines in Wasser eingeweichten Rohrkolbens benutzt, so bekam das andere eine Girlande aus echtem Lametta, das die Stadtmaus im Schnee gefunden und mitgebracht hatte. Die beiden Mäuse machten sich erst wichtig und plusterten sich auf - mit der Zeit aber fingen sie an zu schreien und zu streiten, dass sich alle Schaulustigen rundherum die Ohren zuhielten.

Keiner von ihnen hatte den Habicht bemerkt, der das Treiben auf der Lichtung schon eine ganze Weile mit wässrigem Gaumen beobachtet hatte. Sein Jagdinstinkt hatte sich längst auf "super leckere Weihnachtsmischung" fixiert: fette rustikale Waldmaus mit feiner Eichelnote gemischt mit zartem Stadtmausfilet in Beerensauce - genau so hatte er es am Liebsten! Ja ja, der Weihnachtsschmauß mit Weihnachtsmaus schien perfekt.

Ein letztes Mal nahm der Habicht sein Ziel ins Visier, schärfte Blick und Krallen und stürzte sich pfeilschnell auf die Waldtiere. Hätte nicht die vor Wut puterrote Landmaus in demselben Moment eine Eichel auf den vornehmen Lichterbaum der Stadtmaus geworfen und damit das Bäumchen zum Umstürzen gebracht, sodass Beeren, Spitz, Zweige und Lametta wild durcheinander kullerten und die Waldjury piepsend, und kreischend Reißaus nahm, hätte er die Mäuschen samt Schwänzchen und Mausöhrchend ratzeputz verschlungen.

So aber, schwang der Habicht im letzten Moment verdutzt ab. Das Chaos auf dem Waldboden war selbst einem hartgesottenen Räuber wie ihm zu viel.

Sekunden lang war es Muchsmäuschen still auf der Lichtung. Aus der Ferne konnte man das wütende Kreischen eines Raubvogels vernehmen. Langsam krochen die Waldbewohner aus ihren Verstecken hervor. Auch Landmaus und Stadtmaus erwachten aus ihrer Ohnmacht und rappelten sich mühsam auf. Bleich vor Schreck sahen sie sich um. Von den beiden Christbäumchen war nicht mehr viel übrig. Am Boden kullerten weiße und rote Beeren bunt durcheinander.

Da begannen beide plötzlich lauthals zu lachen. "Das war knapp!" prusteten sie und fielen einenader in die Arme. Und weil ein Lachen das von Herzen kommt ansteckend ist, lachten bald alle Tiere auf der Lichtung mit, bis ihnen die Tränen kamen. "Wie dumm wir doch waren!" rief die Landmaus, als sie wieder Luft bekam. "Da streiten wir uns, wer den schönsten Christbaum hat. Dabei ist es die Mischung, die den perfekten Weihnachtsschmuck ergibt!" Wie im richtigen Leben, konnte das Ganze auch hier nur wahre Volkommenheit erlangen, wenn alle Farben ihren Platz hatten, gut durchmischt waren und am richtigen Platz in ihrer Eigenart erstrahlen konnten. "Kommt, helft alle mit. Lasst uns die Teile vom Boden aufsammeln und gemeinsam einen neuen Baum schmücken!"

So kam es, dass auf der Lichtung plötzlich der schönste Weihnachtsbaum stand, den die Tiere des Waldes - ja selbst die feine Stadtmaus - je gesehen hatten.

Und dann - ja dann wurde gefeiert. Kuchen, Pasteten, Karottensaft und Beerenwein wurden da aus den Behausungen auf die Lichtung geschleppt. In der Mitte entzündeten sie ein behagliches Feuer um das Mäuse und Hasen, Fasane und Eichhörnchen bis spät in die Nacht hinein ausgelassen tanzten und sprangen.

"Das war das schönste Weihnachtsfest, das wir je hatten!" piepste ein kleines Mäusekind verträumt, bevor ihm die müden Äuglein zufielen, und sah noch einmal zufrieden zum Christbaum hinüber, dessen weiße Mistelbeeren und rote Stechpalmenbeeren noch immer ein magischer Schimmer umgab.

Als dem kleinen Mäusekind endgültig die Augen zugefallen waren und es in einen tiefen glückseligen Schlummer versunken war, gesellte sich sogar die Schneefee zu ihnen. Ihre FLockenkinder tanzten hurtig vom Himmel und hüllten die Lichtung in eine friedvolle Schneedecke, deren unzählige Kristalle im Schein des verblassenden Feuers glitzerten.


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Foto: IV
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Industriellenvereinigung
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