Landesgericht St. Pölten
Freispruch in Vergewaltigungsprozess

- Richter Markus Grünberger
- Foto: Ilse Probst
- hochgeladen von Katharina Schrefl
Am Dienstag wurde ein 22-jähriger Syrer von der Anklage einer Vergewaltigung freigesprochen.
ST. PÖLTEN. Im Dezember letzten Jahres wandelte sich ein Abend von gemütlich zum Gegenteil: Anna (Name von der Redaktion geändert), eine junge Frau aus dem Bezirk St. Pölten, war gemeinsam mit ihrer Cousine in die Wohnung des Freundes dieser gefahren. Dort verbrachten sie gemeinsam Zeit, bis die Gruppe beschloss, noch eine vierte Person - den 22-Jährigen Angeklagten - dazu zu holen. Das begründete die Cousine damit, sie wolle dafür sorgen, dass Anna auch Gesellschaft habe.
Laut dem 19-jährigen Freund der Cousine soll Anna auch explizit nach männlichem Kontakt verlangt haben - die Wortwahl soll obszön gewesen sein. Annas Cousine erinnerte sich jedoch nicht an solche Aussagen und die Frau selber verneinte dies.
Zwei vor Gericht
Der 19-jährige Syrer musste sich als Zweitangeklagter ebenfalls vor Richter Markus Grünberger und den Schöffen verantworten. Er war wegen Falschaussage in Zusammenhang mit dem Fall gegenüber der Polizei angeklagt, wozu er sich schuldig bekannte. Dafür muss er im Rahmen einer Diversion 90 Tage gemeinnützige Arbeit leisten (nicht rechstkräftig).
Der Vorfall
Gemeinsam tranken die vier Alkohol, dann zogen sich die Cousine und ihr Freund ins Schlafzimmer zurück, Anna und der Angeklagte blieben zu zweit im Wohnzimmer. Die junge Frau berichtet, der Syrer habe sie geküsst, an den Brüsten angefasst und ihr auch das T-Shirt ausgezogen. Dann habe er sich selber der Kleidung entledigt und wollte sie zum Oralverkehr zwingen. Dabei habe sie schon zu Beginn der Handlungen widersprochen. "Ich habe gesagt, ich will das nicht", sagte sie aus. Sie habe geweint und sich sehr unwohl gefühlt - auch, weil es zwei Jahre zuvor schon zu einem ähnlichen Vorfall gekommen sei, den sie aber nie angezeigt hatte.
Sie soll versucht haben, ihn wegzurdücken. Warum sie sich nicht mehr körperlich wehrte, begründete sie mit: "Ich habe gedacht, wenn ich ihn einfach machen lasse, hört es irgendwann auf."
Unterschiedliche Aussagen
Dass es zu sexuellen Handlungen gekommen sei, verneinte der Angeklagte nicht. Jedoch soll alles einvernehmlich vorgegangen sein. Annas Cousine und deren Freund sagten aus, nichts von einer Auseinandersetzung mitbekommen zu haben. Die Wohnung sei sehr hellhörig, und wäre das so vorgefallen, wie Anna aussagte, hätten ihre Cousine und ihr Freund das gehört, betonte Verteidiger Roland Schöndorfer.
Schöndorfer legte nahe, dass Anna aufgrund psychischer Probleme, beziehungsweise ihrer verschriebenen Psychopharmaka, die man nicht in Kombination mit Alkohol einnehmen sollte, die Situation anders erlebt hatte, als sie vorgefallen war.
In dubio pro reo
Nach kurzer Beratung verkündete Richter Markus Grünberger, dass der Angeklagte freigesprochen wurde. Für eine Verurteilung wäre der Nachweis eines Verbrechens nicht überzeugend genug erbracht worden. Das Urteil ist rechtskräftig.


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