Auszug aus "Unglaubliche Luftfahrtgeschichten"
Die geretteten Osterhasen am Flughafen Wien

- hochgeladen von Gerhard Gruber
Es war um die Osterzeit im Jahr 1979 und ich saß in meinem Büro am Flughafen Wien. Dieses war damals im Gerätezentrum Ost, heute befindet sich dort der Skylink mit seinen Andockpositionen. Mein Fenster war im ersten Stock und zeigte nach Osten. Dort, wo heute viele Flugzeuge stehen, sah man damals nur weite Wiesen.
Der Traktor mit dem Mähwerk war unüberhörbar, und so schaute ich ihm eine Weile zu, wie er auf und ab fuhr. Als er wieder näherkam, sah ich auf einmal einen Feldhasen flüchten. Das war so weit nichts Ungewöhnliches, da man fast das ganze Jahr herumlaufende Feldhasen sah. Diesmal bemerkte ich aber, dass der Hase bei seiner Flucht einige neugeborene Hasen zurückließ. Ich rannte eilig die Treppen runter und noch bevor das Mähwerk kam, sammelte ich vier hilflos herumstolpernden Hasenbabys ein.
Die kleinen Häschen waren das Tagesgespräch und wurden ausführlich von allen Kollegen bestaunt. Da ich die Kleinen berührte, war ich mir nicht mehr sicher, ob sie von der Hasenmutter akzeptiert werden würden. Das war so weit kein Problem, ich hatte in meiner Jugend bis zu 60 Hasen. Dabei kam es auch vor, dass das Muttertier kurz nach der Geburt starb, und ich die Hasen mit der Flasche aufzog.
Ich nahm daher zwei Hasen zu mir nach Hause, sie bekamen die Namen Herbert und Andrea. Die anderen zwei Hasen nahm mein Kollege Peter Greil zu sich. Die ersten Wochen unterhielten sich Peter und ich über den Fortschritt bei der Aufzucht. Da er einige Tage nichts mehr erzählte, fragte ich ihn, wie es seinen Hasen geht. Ich war erschüttert, als er berichtete, dass die Hasen von seinem Hung gefressen wurden.
Meine Aufzucht war sehr erfolgreich und schon bald bekamen die Hasen eine beachtliche Größe. Mit ihren langen Hinterbeinen hatten sie kein Problem, neugierig über den Tischrand zu schauen.
Mit dem Erwachsenwerden wurde auch klar, dass sie nicht in der Wohnung bleiben können. Sie machten ständig Dinge, die so gar nicht in einen Wohnbereich passten. Bis heute wundere ich mich, wie sie schafften, das Strom führende Kühlschrankkabel komplett durchzubeißen, ohne dabei getötet zu werden.
Da sie noch nie in der freien Wildbahn waren, plante ich einen stufenweisen Prozess der Auswilderung. Der 2.000 m² große Garten meiner Eltern war bestens für den ersten Schritt geeignet. Um ihn fluchtsicher zu machen, befestigte ich ein engmaschiges Gitter am Zaun. Der Garten hatte alles, was Herbert und Andrea für das Überleben brauchten. Neben dem großen Auslauf gab es saftige Wiesen und auch genug Möglichkeiten zum Verstecken. Es war schön zu sehen, dass sie die große Fläche genossen.
Schon bald verloren sie die Zutraulichkeit und es war unmöglich, sie noch zu streicheln. Sie waren eindeutig schneller als ich, und die Kunst des Hakenschlagens beherrschten sie auch viel besser.
Leider währte diese Idylle nicht lange und ich fand Herbert tot im Garten. Die Spuren zeigten, dass es einen Kampf gab. Herbert war schon seit den frühen Tagen der mutigere und immer kampfbereit. Andrea war dagegen die ruhigere und verkroch sich lieber in einem Versteck. Das hat ihr offensichtlich das Leben gerettet.
Andrea erfreute sich noch mehrere Wochen über das bestens geeignete Riesengehege. Ich plante schon den nächsten Schritt für die komplette Freilassung, aber Andrea kam mir zuvor. Wie mir meine Eltern erzählten, kletterte Andrea auf einen Holzstoß. Von dort sprang sie über den Zaun zum Nachbarn. Dessen Grundstück war nicht fluchtsicher und so konnte sie auf die Straße hoppeln und war binnen kürzester Zeit auf dem nahegelegenen Feld.
Die Zeit mit den beiden Hasen war sehr eindrucksvoll. Es gab lustige und weniger lustige Erlebnisse. Das traurigste Ereignis war natürlich das Begräbnis von Herbert. Ich dachte noch lange an Andrea und hoffte, dass sie viele Jahre ein erfülltes Hasenleben hatte.
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Zu den Fotos:
Die Feldhasen während der Aufzucht.




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