Mobilität der Zukunft – nichts geht ohne Öffis
Strafen für Zweitautos und Zufahrtsobergrenze für PKW in den Städten. Geht das mit Salzburgs Politikern? Wir haben nachgefragt.
SALZBURG. Salzburg ist ein Auto-Bundesland. 82 Prozent aller Haushalte besitzen einen PKW, davon 31 Prozent mehr als einen. Insgesamt sind 321.735 Autos im Bundesland gemeldet (Stand 2021). Die meisten davon haben einen Verbrennungsmotor (95 Prozent). Zwei Prozent sind Elektroautos. Die meisten "Stromautos" sind in der Stadt Salzburg (1.904) und im Umland (2.089) gemeldet.
Fahrzeugdichte steigt stetig
Mit diesen PKWs werden regelmäßig weite Strecken zurückgelegt. Erwerbstätige pendeln 28,2 Kilometer zu ihren Arbeitsstätten und verbringen durchschnittlich zwischen 25 Minuten pro Strecke im Auto. Der Kraftfahrzeugbestand sowie die Fahrzeugdichte im Bundesland steigen seit dem Jahr 2000 kontinuierlich an. Im Jänner 2023 wurden österreichweit sogar über ein Fünftel mehr PKW neu in den Verkehr gebracht, als noch vor einem Jahr – meldet die Statistik Austria.
Alternative Antriebe gesucht
Dabei hat sich die Nachfrage nach alternativ Antrieben erhöht: Binnen Jahresfrist ist der Anteil alternativ betriebener Neuwagen an sämtlichen PKW-Neuzulassungen in Österreich um vier Prozentpunkte auf 40,9 Prozent gestiegen, heißt es von der Statistik Austria.
Es scheint also, als sei kein Ende des Individualverkehrs in Sicht.
Jedes Zweitauto muss ein E-Auto sein
Die RegionalMedien Salzburg haben das Grazer Meinungsforschungsinstituts GMK* mit einer Umfrage zum Thema "Mobilität der Zukunft und Nachhaltigkeit" beauftragt. 800 Salzburgerinnen und Salzburger wurden gefragt:
Die Frage: "In der Zukunft muss jedes angemeldete Zweitauto pro Haushalt ein Elektro-Auto sein. Hat eine Familie mehrere Autors mit Verbrennungsmotor, müssen Strafzahlungen getätigt werden. Würden Sie das sehr, ziemlich, weniger oder gar nicht befürworten?"
Die Antworten: 80 Prozent der Befragten würden dieser Vision „weniger“ oder „gar nicht“ zustimmen; nur 18 Prozent „sehr“ oder „ziemlich“. Je älter die Befragten werden, umso weniger stimmen sie dieser Idee zu: Unter-35-Jährige: 28 Prozent „sehr“ oder „ziemlich“; Über-60-Jährige: 9 Prozent Zustimmungen. Eher Grüne Wähler können mit dieser Idee etwas anfangen (48 Prozent „sehr“ oder „ziemlich“), FPÖ-Wähler am wenigsten (6 Prozent „sehr“ oder „ziemlich“)
Politik will lieber Anreizsysteme
In der Salzburger Politik findet diese Idee keinen Zuspruch. Einig sind sich alle darin, lieber Anreizsysteme schaffen als strafen zu wollen.
Landeshauptmann Wilfried Haslauer und die ÖVP sehen zusätzliche positive Effekte in der weiteren Begünstigung der E-Mobilität. "Jüngere Menschen haben einen veränderten Mobilitätszugang, für sie nimmt das Auto nicht mehr so eine wichtige Rolle ein", bewertet der Landeshautpmann die niedrigere Ablehnung der jüngeren Befragten.
Die Salzburger FPÖ lehnt eine solche Regelung "aus Überzeugung ab". "Diese Utopien gehen vor allem zulasten von Familien in ganz Salzburg, die auf das Auto angewiesen sind. Diese Forderung geht an der finanziellen Lebensrealität der Salzburger Familien vorbei", sagt FPÖ-Landeschefin Marlene Svazek.
Für die SPÖ müsse es Anspruch sein, eine so gute öffentliche Verkehrsinfrastruktur anzubieten, dass pro Haushalt maximal ein Auto nötig sei; "von mangelnden E-Schnellladestationen und schwerer Finanzierbarkeit abgesehen", sagt SPÖ-Chef David Egger.
Neos würden es vorziehen, klimaschädliche Subventionen wie Steuerbegünstigung von Diesel, das Dienstwagenprivileg und die aktuelle Form des großen Pendlerpauschale zu streichen. "Das wäre ökologisch und steuerpolitisch sinnvoll", so Landessprecherin Andrea Klambauer.
Das Ziel der Salzburger Grünen ist es, denn öffentlichen Verkehr so zu verbessern, dass die Fahrt mit dem eigenen Auto immer unattraktiver wird. "Denn Autos brauchen Platz, egal wie sie angetrieben werden", sagt Martina Berthold.
"Persönlich freue ich mich über die vielen jungen Initiativen und ihre Forderungen für mehr Klimaschutz. Sie unterstützen uns Grüne im Einsatz für eine intakte Umwelt und die Lebensgrundlagen auch für die kommenden Generationen. Deshalb müssen Teile der Landesregierung endlich aufwachen.“
LH-Stv. Martina Berthold, Grüne Landessprecherin
Zufahrtsobergrenze für Autos in Städten
Auch die Mobilität in den Salzburger Städten ist vielfach Thema. Staus, Parkplatzsituation Lärm, machen das Pendeln in die Zentren oft mühsam. Wir haben daher 800 Salzburgerinnen und Salzburger gefragt:
Die Frage: "In der Zukunft stellen alle Städte eine Zufahrtsobergrenze für Autos auf. Ist die maximale Anzahl erreicht, darf kein Auto mehr in die Stadt hineinfahren. Würden Sie das sehr, ziemlich, weniger oder gar nicht befürworten?"
Die Antworten: 54 Prozent der Befragten sind „sehr“ oder „ziemlich“ für diese Einfahrtsbeschränkungen. 44 Prozent sind „weniger“ oder „gar nicht“ dafür. Die meiste Zustimmung gibt es von den älteren Befragten. Die Unter-35-Jährigen stimmen der Idee zu 44 Prozent zu, die über-60-Jährigen zu 61 Prozent. Auch hierfür kann man Grüne Wähler eher begeistern (77 Prozent "sehr" oder "ziemlich"), gefolgt von SPÖ-Wählern (68 Prozent "sehr" oder "ziemlich").
Europäische Vorbilder finden
Auch die Politik ist für diese Idee offener. "Viele europäische Städte lösen das Problem mit einer Citymaut. Es gibt sehr gute technische Lösungen. Das eingenommene Geld wird für Verbesserung des Angebots des öffentlichen Verkehrs (Zubringerdienste von Park & Ride) genutzt", sagt Neos-Landessprecherin Klambauer.
Für den Landeshauptmann und die ÖVP liegt der Schlüssel im öffentlichen Verkehr: Kostengünstige öffentliche Verkehrsmittel an der Peripherie würden für weniger Autos in der Stadt sorgen, so Haslauer. Für ihn liegt der relativ hohe Zuspruch im Wunsch begründet, "in Salzburg künftig über für ein nachhaltiges und zukunftsorientiertes System an öffentlichen Verkehrsmitteln, zu verfügen", so Haslauer.
Touristen abfangen und Parkflächen bieten
Die Salzburger Freiheitlichen sagen, man müsse vor allem über Angebote für Touristen nachdenken, damit diese ohne Auto in die Stadt kommen.
"Bevor man neue Maßnahmen wie beispielsweise eine Zufahrtsobergrenze erfindet, soll in der Landeshauptstadt erst einmal die flächendeckende Parkraumbewirtschaftung umgesetzt werden", sagt SPÖ-Chef Egger.
Grüne würden diskutieren
Je weniger Autoverkehr desto lebendiger werden Städte, sind die Salzburger Grünen überzeugt. "Zuerst kommt für uns der Ausbau des öffentlichen Verkehrs, die Reduktion der Parkplätze im Zentrum und die Parkraumbewirtschaftung – falls alle diese Maßnahmen nicht wirken, diskutieren wir gerne auch über Zufahrtsobergrenzen“, so Berthold.
Wusstest du schon?**
- 9.000 Kilometer legt jeder Österreicher pro Jahr mit einem Pkw zurück.
- 40 Prozent aller Pkw-Fahrstrecken in Österreich sind kürzer als fünf Kilometer.
- Acht Mal mehr Menschen sterben an den Folgen von Bewegungsmangel als bei Verkehrsunfällen und vier Mal so viele durch Luftverschmutzung.
- Drei Autobusse transportieren bei durchschnittlichem Besetzungsgrad gleich viele Passagiere wie 120 Pkw.
- 1/3 weniger Co2-Emissionen verursacht ein Autobus als ein Pkw.
- Zwei Prozent der gesamten Jahresverkehrsleistung werden in Österreich mit dem Fahrrad zurückgelegt.
- Zehn Fahrräder können auf der Fläche eines Pkw-Stellplatzes geparkt werden.
**Klima und Energie: Wissen kompakt. Wien 2019
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*Datenquelle der Umfrage:
Auftraggeber: RegionalMedien Salzburg
Ausführende Gesellschaft: GMK Gesellschaft für Marketing und Kommunikation, Graz
Sample und Methode: 800 telefonische Interviews (CATI), Quotenverfahren.
Maximale Schwankungsbreite: +/-3,6 Prozent.
Abfragezeitraum: November/Dezember 2022
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