Salzburger Original
Hans Lutsch: „Alles begann mit der Taube Kowalski"

Hans Lutsch setzt sich gemeinsam mit seiner Frau Gabriela seit rund 15 Jahren für die Stadttauben ein. Begonnen hat das ganze mit einer verletzten Taube, welche die beiden bei sich aufnahmen. | Foto: Philip Steiner
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  • Hans Lutsch setzt sich gemeinsam mit seiner Frau Gabriela seit rund 15 Jahren für die Stadttauben ein. Begonnen hat das ganze mit einer verletzten Taube, welche die beiden bei sich aufnahmen.
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Seit über 15 Jahren setzten sich Hans Lutsch und seine Frau Gabriela für die Tauben in der Stadt Salzburg ein. Wir trafen uns mit dem Salzburger Taubenexperten zum Interview und erfuhren, wie alles begann; nämlich mit einer verletzten Taube namens Kowalski.

SALZBURG. Viele Menschen sehen Tauben als Ärgernis. Dies führt auch immer wieder zu Gräueltaten, wie zum Beispiel der Vergiftung von knapp 100 Tauben in Wals Siezenheim im vergangenen Dezember. Andere wiederum haben ein Herz für die Tiere und setzen sich aktiv für sie ein. Vor rund 10 Jahren gründeten Hans Lutsch und Gabriela Arnold die ARGE Stadttauben Salzburg. Eine ihrer zentralen Forderungen sind Taubenschläge, um den Tieren ein artgerechtes Leben zu ermöglichen und sie gleichzeitig von der Straße wegzubekommen.

Eine verletzte Taube

Wie Taubenexperte Hans Lutsch uns im Interview erzählt, begann alles mit einer verletzten Taube, die seine Frau eines Tages nach Hause mitbrachte. „Vor circa 16 Jahren hat meine Frau eine Taube mit nach Hause gebracht, die offensichtlich ein Anflugtrauma gehabt hat. Sie hat aus dem Schnabel geblutet, ihre Augen waren angeschwollen und sie hatte eine äußerlich erkennbare Kopfverletzung. Das Tier war also völlig mitgenommen", so Hans Lutsch. Gabriela hatte das Tier bei Mistkübeln gefunden. Die Taube war gestresst und desorientiert. „Darüber gab es einen Glasüberbau und bei so etwas gibt es immer die Gefahr, dass Vögel dagegen fliegen, weil sie das nicht erkennen können, wenn man es nicht markiert. Sie dürfte dort im Stress dagegen geflogen sein", führt Hans Lutsch fort.

Nachdem sie die Taube zu ihnen nach Hause gebracht hatten, stellten sich Hans und Gabriela sogleich die Frage, was man mit dem Tier jetzt tun sollte. Auf der Suche nach fachlicher Auskunft und Hilfe stießen die beiden schnell an ihre Grenzen. Die von ihnen kontaktierten Tierärzte gaben an, sich mit Tauben wenig auszukennen und stellten auch kaum Diagnosen. Einen fachkundigen Tierarzt fanden die beiden dann über Taubenzüchter aus der Umgebung. „Er hat die Chancen für die Taube aber als eher gering eingeschätzt und gemeint, die Aussicht ist schlecht, dass sie das überlebt", so Hans Lutsch.

Kowalski

Doch die Taube überlebte. Nach dem Unfall war das Tier blind, konnte aber mit Unterstützung von Hans Lutsch und Gabriela Arnold in einem Vogelbau weiterleben. „Die Taube konnte in dem Vogelbau auch alles selbstständig, außer das Fliegen. Das war kein Thema mehr. Aber eine blinde Taube sollte auch nicht fliegen. Sie hat dann noch 15 Jahre lang bei uns gelebt und wir haben sie Kowalski genannt." Laut Hans Lutsch können Stadttauben bei richtiger Haltung 15 bis 20 Jahre alt werden. Durch die schlechten Lebensbedingungen werden sie aber frei lebend in einer städtischen Umgebung meistens nur 2-3 Jahre alt. 

15 Jahre lebte Kowalski bei Hans und Gabriela | Foto: Hans Lutsch
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Der Beginn

Nach diesem Vorfall stellten sich Hans und Gabriela die Frage, was sie nun tun sollten, wenn sie wieder eine Taube finden würden. Die beiden begannen sich selbst für die Stadttauben starkzumachen.

„Es gibt niemanden, der Tauben aufnimmt, versorgt oder pflegt. Das einzige, was bleibt, ist die Euthanasie. Denn der Tierarzt behält die Taube auch nicht. Wenn sie niemand übernimmt, dann stirbt die Taube leidend oder man erlöst sie. Und ich hab mir gedacht, 'das kanns nicht sein'. Denn für Hunde, Katzen und andere Tiere gibt es Tierheime und auch Aufnahme- und Auffangstationen und Tierärzte, die sich mit ihnen auskennen. Aber anscheinend kennen sie sich mit Tauben nicht aus. Da hat das Ganze in meinem Kopf zu arbeiten begonnen. Ich dachte mir, dass da etwas geschehen muss."
Hans Lutsch, Tierschützer ARGE Stadttauben

Hans Lutsch gemeinsam mit Mitgliedern des Vereins gegen Tierfabriken bei einer Demonstration vor dem Schloss Mirabell. | Foto: Philip Steiner
  • Hans Lutsch gemeinsam mit Mitgliedern des Vereins gegen Tierfabriken bei einer Demonstration vor dem Schloss Mirabell.
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Projekt Taubenschlag

Ein erster Erfolg bei ihrem Einsatz für die Stadttauben gelang Hans und Gabriela im Jahr 2009. In Zusammenarbeit mit der ÖBB, der Stadt Salzburg und dem Tierschutzombudsmann Alexander Geyerhofer wurde ein Taubenschlag am Bahnhof eingerichtet, in dem hunderte Tauben unterkamen. Diese wurden dann von Hans und Gabriela sowie auch einigen Freiwilligen betreut. Angelehnt an das Augsburger Stadttaubenkonzept wurden die Tiere hier mit Futter versorgt, ihr Lebensraum wurde regelmäßig gereinigt und es erfolgte ein Eieraustausch um die Population zu kontrollieren.

In etwa so sieht ein typischer Taubenschlag aus. | Foto: Symbolbild: Stadttaubenhilfe Österreich
  • In etwa so sieht ein typischer Taubenschlag aus.
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„Innerhalb von eineinhalb Jahren war die Bude voll mit rund 400 Tauben. Das hat natürlich eine gewisse Anlaufzeit gebraucht. Wir haben das auch wirklich minutiös dokumentiert und versucht auch Studien zu machen", so Hans Lutsch. Er bezeichnet das Projekt als einen großen Erfolg. Denn die Stadttauben seien letztendlich die Nachkommen von Brieftauben, die wiederum einfach Haustiere sind. Im Gegensatz zu wilden Artgenossen wie der Türkentaube sind diese Tiere lediglich auf der Suche nach einem sicheren Unterschlupf und einer stabilen Nahrungsquelle. Bietet man den Stadttauben diese Bedingungen, wollen sie ihren Taubenschlag auch eigentlich nicht mehr verlassen und machen somit auch keinen "Ärger".

Seit knapp zehn Jahren machen sich Hans und Gabriela mit ihrem Verein ARGE Stadttauben Salzburg für die Tiere stark. | Foto: Philip Steiner
  • Seit knapp zehn Jahren machen sich Hans und Gabriela mit ihrem Verein ARGE Stadttauben Salzburg für die Tiere stark.
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„Normalerweise sagt man, dass in so einem Fall die Stadttauben 80 Prozent der Zeit in ihrem Taubenschlag verbringen und sich 20 Prozent der Zeit außerhalb aufhalten. Bei unserem Taubenschlag zeigte sich da aber ein noch viel deutlicheres Bild. Die Tauben wollten ihren Unterschlupf eigentlich gar nicht mehr verlassen. Um den Taubenschlag ordentlich reinigen zu können, mussten wir sie dann aber trotzdem manchmal nach draußen schicken. Sie haben dann vor dem Taubenschlag gewartet und sind bei der ersten Gelegenheit wieder reingekommen. Im Endeffekt bleiben die Tauben eher zu 99 Prozent im Taubenschlag".
Hans Lutsch, ARGE Stadttauben

ARGE Stadttauben

Rund zweieinhalb Jahre lang gab es den Taubenschlag. Nach Abschluss der Renovierungsarbeiten am Salzburger Hauptbahnhof im Jahr 2012 brauchte die ÖBB die Räumlichkeiten wieder und setzte die Tauben wortwörtlich vor die Tür. Rund zwei Jahre später gründeten Hans Lutsch und Gabriela Arnold ihre Aktionsgemeinschaft ARGE Stadttauben Salzburg. 2018 ernannte der deutsche Tierschutzverein PETA die beiden auch zu „Helden für Tiere". Mittlerweile, so Hans Lutsch, haben sich auch viele Salzburger Tierärztinnen und Tierärzte beim Umgang mit Tauben professionalisiert. Auch heute setzen sich die beiden weiterhin sehr intensiv für die Tiere ein und fordern einen Taubenschlag. Im Gespräch ist ein neuer Taubenschlag in der Stadt Salzburg jedenfalls auch schon wieder seit einigen Jahren. Wann und in welcher Form dieser kommen wird, ist jedoch noch offen.

Mehr zum Thema:

VGT und ARGE Stadttauben demonstrieren für Taubenschlag
Podcast mit Taubenexperte Hans Lutsch
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