Gewalt gegen Frauen
1.400 Frauen holten Hilfe im Gewaltschutzzentrum
Immer mehr Salzburger Frauen wehren sich gegen Gewalt in der Beziehung. Dadurch steigen die Zahlen bei allen Salzburger Anlaufstellen an. Die Polizei hat 2021 so viele Betretungsverbote ausgesprochen wie nie zuvor.
SALZBURG. So viele Wegweisungen wie nie zuvor und 200 Hilfesuchende mehr im Salzburger Gewaltschutzzentrum – diese Zahlen zeichnen das Bild vom Thema "Gewalt gegen Frauen" in Salzburg.
"Mehr trauen sich Hilfe zu suchen"
Knapp über 1.000 Menschen nutzten heuer schon die Betreuung und Beratung des Gewaltschutzzentrums. Die Exekutive hat rund 700 Betretungsverbote ausgesprochen. Das sind um 30 Prozent mehr als im Vorjahr.
Diese hohen Zahlen seinen aber durchaus positiv zu bewerten, sind sich Christina Riezler vom Gewaltschutzzentrum und Martin Kaltenegger von der Polizei Salzburg einig: "Es handelt sich nicht unbedingt um mehr Gewalttätigkeit in den Familien, vielmehr gehen wir davon aus, dass sich durch die hohe Medienpräsenz des Themas in der Corona-Zeit mehr Frauen trauen Kontakt aufzunehmen und die Polizei einzuschalten."
"Wir gehen von über 90 Prozent Dunkelziffer beim Thema Gewalt im Privatbereich aus. Daher sind steigende Fallzahlen ein gutes Zeichen."
Martin Kaltenegger, Landeskriminalamt Salzburg, Abteilung Kriminalprävention.
Doppelt so viele Prozessbegleitungen
Das bestätigt auch Agnes Menapace vom Frauennotruf Salzburg: "Im Vergleich zum Vorjahr sind wir in doppelt so vielen Prozessbegleitungen tätig."
Verpflichtende Beratung für Täter eingeführt
Heuer wurden wegen der steigenden Zahlen an Frauenmorden in Österreich von der Bundesregierung neue Maßnahmen in der Gewalt-Präventionsarbeit eingeführt. Dazu gehört unter anderem, dass seit 1. September 2021 jeder, durch die Polizei weggewiesene Täter, eine verpflichtende sechsstündige Beratung absolvieren muss.
Durchgeführt werden diese Beratungen in Salzburg vom Büro Männerwelten. "Diese Vorgangsweise ist in Europa einzigartig", sagt Uwe Höfferer von Männerwelten. Von Resultaten können man in dieser kurzen Zeit freilich noch nicht sprechen, aber "in den ersten beiden Monaten wurden 120 Männer nach Wegweisungen zu uns geschickt. Das sind viel mehr, als wir kalkuliert hatten."
Ausgebildete Polizisten für Gewalt in der Privatsphäre
Weiters müssen ab 1. Jänner 2022 auf jeder Polizeiinspektion ausgebildete GIP-Beamte sitzen. "GIP steht für 'Gewalt in der Privatsphäre'. Die dafür ausgebildeten PolizistInnen sollen eine Anlaufstelle für Opfer und Gefährder sein. Sie führen Opferkontaktgespräch und präventive Rechtsgespräch durch und sind Ansprechpartner für andere Organisationen, die in diesem Bereich tätig sind", sagt Martin Kaltenegger vom Landeskriminalamt Salzburg, Abteilung Kriminalprävention. Bei der Polizei erhoffe man sich dadurch auch eine bessere Gefährdungseinschätzung treffen zu können.
Mehr Schutzunterkünfte in Salzburg
Seit 1. Juli 2021 ist in Salzburg ein neues Gewaltschutzkonzept in Kraft. Herzstück des Konzeptes sind 37 Schutzunterkünfte an acht Standorten im ganzen Land. Darin enthalten sind fünf Plätze im Frauenhaus Pinzgau und 19 Plätze im Frauenhaus in der Stadt Salzburg sowie 35 Übergangswohnungen, die von der Caritas betreut werden.
Kein Mehrbedarf in den Lockdowns
Mit diesem Angebot habe man ausreichend Plätze für Bedürftige Frauen und ihre Kinder zur Verfügung, sagt die zuständige Landesrätin Andrea Klambauer. Die ersten Lockdowns hätten an der Auslastung in Salzburgs Frauenhäusern und Schutzunterkünften nichts verändert. Rund zwei Drittel der Plätze seinen gefüllt gewesen. "Aktuell ist die Auslastung 'gut'. In den Schutzunterkünften sind vier Plätze frei und im Frauenhaus Pinzgau ist eine Wohnung frei. Sollten es bei den Plätzen eng werden, können wir zwischen den Unterkünften jonglieren", sagt Klambauer.
"Viele Maßnahmen wirken gut"
Das Frauenhaus sei allerdings nur eine Möglichkeit für betroffene Frauen Schutz zu erhalten, sagt Christina Riezler vom Gewaltschutzzentrum: "Betretungsverbote und einstweilige Verfügungen funktioniert und schützen die Frauen sehr gut. Es sollen nicht immer die Frauen zum Weggehen gezwungen werden, sondern die Männer als Täter weggewiesen werden."
"Die Zahlen haben nichts mit den Lockdowns zu tun. Entweder ein Mensch ist gewalttätig oder er ist es nicht."
Christina Riezler, Gewaltschutzzentrum Salzburg
Podcast "Gewalt gegen Frauen"
Die RegionalMedien Salzburg haben sich bereits im Frühjahr 2021 dem Thema "Gewalt gegen Frauen" gewidmet. Dazu ist eine mehrteilige Podcast-Reihe mit allen wichtigen Akteuren in Salzburg entstanden. Hier kannst du die Folgen nachhören:
Hör dir die Podcast-Folgen an:
- Martin Auer, berät Gewaltausüber bei „Männerwelten“
- Christina Riezler, Gewaltschutzzentrum Salzburg
- Gabriele Rechberger, Organisation Viele, zuständig für die Schutzwohnungen in Salzburg.
- Brigitte Hutegger, pädagogische Leiterin im SOS-Kinderdorf in Seekirchen.
- Andrea Klambauer, Landesrätin für die Themen Frauen, Familie und Chancengleichheit.
- Agnes Menapace, Leiterin Frauennotruf Salzburg
- Martin Kaltenegger, Landeskriminalamt Salzburg
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