"Nachdem ich mich hier versammelt habe..." - Beitragsreihe Lyrik
Heinz Erhardt: Der legendäre Humorist, Lyriker und Schauspieler der 50er und 60er Jahre
Die Nachkriegsjahre. Wahrhaftig keine einfachen Zeiten, weder in Deutschland, noch in Österreich. Viele Städte waren stark beschädigt, die materielle und finanzielle Not in der Bevölkerung unvorstellbar groß. Viele Familien hofften sehnsüchtig darauf, Söhne und Väter im Zuge der Kriegsheimkehrerbewegung wieder zu sehen. So auch die junge Familie Erhardt, und tatsächlich: Der bereits mehrfache Vater Heinz Erhardt kommt nach kurzer Gefangenschaft wieder in seine Heimat zurück. Dort ist er bereits kein Unbekannter, denn schon vor seinem Einrückungsbefehl war er als humorvoller Vortragskünstler in der Berliner Theater- und Musikszene bekannt geworden.
Nach einigen Anfangsschwierigkeiten der Nachkriegszeit holten ihn die Amerikaner zum neugegründeten Nordwestdeutschen Rundfunk, kurz NDR. Durch das boomende Radio wurde Heinz Erhardt mit seinen eigenen Sendungen einem immer größeren Publikum nicht nur bekannt, sondern wurde von diesem auch sehr geliebt. Über die der Nachkriegszeit folgenden Wirtschaftswunderjahre hinweg avancierte Erhardt mit seinen unzähligen Bühnen- Fernseh- und Radioauftritten zu dem wohl bekanntesten Komiker und Unterhaltungskünstler des deutschsprachigen Raums seiner Zeit. Als Schauspieler verkörperte er in zahlreichen Kinofilmen sehr erfolgreich den etwas schusseligen, humorvollen, stets fleißigen Deutschen der späten 50er und 60er Jahre.
Die Art und Weise seines Humors ist einzigartig und wurde noch durch die Art seines Vortrags erheblich verstärkt. Da er zahlreiche Gedichte schrieb, die mich immer wieder zum schmunzeln bringen, darf Erhardt in unserer Beitragsreihe zur Lyrik nicht fehlen. Daher wird es im Gegensatz zu den letzten Beiträgen keine eigenen Werke, sondern in diesem Fall einen Auszug von lyrischen Texten Heinz Erhardts geben.
Heinz Erhardt wurde 1909 in Riga geboren und war ein deutscher Komiker, Schauspieler, Komponist, Musiker und Dichter. Seine Karriere erreichte ab den 1960er Jahren laufend neue Höhepunkte, bis sie krankheitsbedingt viel zu früh ein jähes Ende fand. Erhardt verstarb am 5. Juni 1979 in Hamburg.
Die polyglotte Katze
(Heinz Erhardt)
Die Katze sitzt vorm Mauseloch,
in das die Maus vor kurzem kroch,
und denkt:"Da wart nicht lang ich,
die Maus, die fang ich!"
Die Maus jedoch spricht in dem Bau:
"Ich bin zwar klein, doch bin ich schlau!
Ich rühr mich nicht von hinnen,
ich bleibe drinnen!"
Da plötzlich hört sie - statt"miau" -
ein laut vernehmliches"wau-wau"
und lacht:"Die arme Katze,
der Hund, der hatse!
Jetzt muß sie aber schleunigst flitzen,
anstatt vor meinem Loch zu sitzen!"
Doch leider - nun, man ahnt’s bereits -
war das ein Irrtum ihrerseits,
denn als die Maus vors Loch hintritt -
es war nur ein ganz kleiner Schritt -
wird sie durch Katzenpfotenkraft
hinweggerafft! - - -
Danach wäscht sich die Katz die Pfote
und spricht mit der ihr eignen Note:
"Wie nützlich ist es dann und wann,
wenn man ’ne fremde Sprache kann ...!"
Der Kabeljau
(Heinz Erhardt)
Das Meer ist weit, das Meer ist blau,
im Wasser schwimmt ein Kabeljau.
Da kömmt ein Hai von ungefähr,
ich glaub’ von links, ich weiß nicht mehr,
verschluckt den Fisch mit Haut und Haar,
das ist zwar traurig, aber wahr. ---
Das Meer ist weit, das Meer ist blau,
im Wasser schwimmt kein Kabeljau.
Geld erzählen
(Heinz Erhardt)
Ich finde solche, die von ihrem Geld erzählen
und solche, die mit ihrem Geiste protzen
und solche, die erst beten und dann stehlen,
ich finde solche, Sie verzeihn, zum Kotzen.
Das Gewitter
(Heinz Erhardt)
Der Mond verbirgt sein bleiches Licht,
die Sterne am Himmel, sie funkeln nicht.
Die Nacht ist schwül.
Im Herzen wirds bang.
Der Uhu krächzt einen Totengesang.
Da - brichts aus schwarzer Nacht hervor,
als wäre geöffnet der Hölle Tor,
als ständen die Säulen des Erdballs in Flammen,
als stürze das ganze Weltall zusammen,
und aus der Wolken feuchtem Schoß
der Regen in Strömen sich ringsum ergoss,
als wollten des Wassers wilde Gewalten
das Land zum unendlichen Meere gestalten.
Und wie es stürmt und brandet und kracht,
da, eine Jungfrau tritt hinaus in die Nacht
und ruft in die tosenden Winde hinaus:
\"Na, das ist'n Dreckwetter, da bleib ich zuhaus!\"
TIPP: Interessierte finden auf Videoportalen im Internet zahlreiche Beiträge zu Heinz Erhardt.
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