100 Jahre Burgenland
Rabenbräu in Neustift an der Lafnitz im Wandel der Zeit

- Urgroßmutter Elisabeth Schmidt legte den Grundstein für die heutige Erlebnisgastronomie rund um das Rabenbräu. Hier ist sie gerade mit ihrem Ross Fani unterwegs.
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Aus der Asche des Ersten Weltkrieges stieg nicht nur das Burgenland empor, sondern begann zu der Zeit auch die Geschichte des Braugasthofes Schmidt in Neustift an der Lafnitz.
NEUSTIFT AN DER LAFNITZ. Erbaut wurde das heutige Rabenbräu bereits um 1890, wo es vom ungarischen Staat als Zollhaus genutzt wurde. Nach dem Ersten Weltkrieg diente es noch kurzeitig als Amtsgebäude bis es von Urgroßvater Josef Schmidt und seiner Frau Elisabeth erworben wurde. Die Arkade des Grenzgasthauses steht heute auf steirischem Boden, der restliche Teil befindet sich im Burgenland.
"Eigentlich brachte meine Urgroßmutter Elisabeth den Stein ins Rollen. Sie hatte bereits vor und während des Ersten Weltkrieges gute Kontakte zur Steiermark gepflegt." (Andreas Schmidt)
Mit ihrem guten Netzwerk startete die unternehmerische Erfolgsgeschichte der Familie Schmidt mit einer Bäckerei, die um 1930 gegründet wurde und bis Anfang der 1970er Bestand hatte.

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Mit dem Fahrrad nach Aspang
Der heute 96-jährige Großvater Josef Schmidt war erst zarte 11 Jahre alt, als sein Vater 1936 verstarb. Doch schon damals war klar, dass er das Familiengeschäft weiterführen wird. Seine Bäckerausbildung absovlierte er im über 30 Kilometer entfernten Aspang. "Er fuhr damals mit dem Fahrrad zu seiner Lehrstätte und kehrte am Wochenende nach Hause zurück", sagt Andreas Schmidt.
Schützengräben und Granaten
Der Zweite Weltkrieg war eine besonders schwere Zeit für das strategisch günstig gelegene Anwesen der Familie Schmidt. "Auf der einen Seiten kämpften die Russen und auf der anderen Seite die Engländer. Einmal wäre der Großvater fast von einer Granate getroffen worden, die ein russischer Soldat durch das Fenster warf", so Schmidt.
Das Gebiet war voll von Schützengräben, Soldaten und die Kämpfe fanden direkt vor der Haustür statt. Während der russischen Besatzungszeit quartierten sich die Soldaten im heutigen Braugasthof ein und man musste alles verstecken, was nicht niet und nagelfest war.
"Wo wir heute unseren Whiskey lagern, befanden sich früher die Tagesarrestzellen vom Zollhaus. Dort hat mein Großvater die Tiere versteckt und nachts heimlich auf engstem Raum einen Stier geschlachtet." (Gastwirt Andreas Schmidt)

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Wiener Gäste auf Sommerfrische
Nach dem Zweiten Weltkrieg und mit dem Ende der russischen Besatzung begann die neue Blütezeit. Josef Schmidt heiratete seine Hermine, die er bereits aus seiner Schulzeit kannte. Ihre Spontanhochzeit war zwar recht unspäktakulär, dafür hatte ihre Ehe 70 Jahre lang Bestand.
Die Bäckerei wurde um ein Wirtshaus erweitert und es kamen in den 1950er-Jahren viele Wiener Gäste zur sogenannten "Sommerfrische" ins südburgenländische Grenzland. Irgendwann wurde es Großvater Josef Schmidt aber zuviel und er konzentrierte sich ganz auf die Gastronomie.
Bewirtung im Blut
Josef Schmidt junior führte den Betrieb seines Vaters 1984 weiter, sein Herz hing aber auch an anderen Projekten in Wien. "Mein Vater hat dort einige Lokale geführt mit insgesamt 150 Mitarbeitern", so Andreas Schmidt. Daher ging das Familienunternehmen bereits 1997 an den Enkel Andreas Josef Schmidt über. Er erweiterte das Gasthaus stetig, erst um eine Brauerei, dann um eine Whiskey-Destillerie. Doch auch während des Lockdowns war Andreas Schmidt nicht untätig. Es wurde modernisiert, renoviert und wird in Kürze auch der neue Shop eröffnet, in dem man nicht nur Bier und Whiskey einkaufen kann, sondern auch die köstlichen Wildspezialitäten von den eigenen Dammhirschen.

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Neueste Kreation
Natürlich setzt auch dem Traditionsunternehmen die Corona-Pandemie zu, doch hat die Familie Schmidt schon weitaus schlimmere Krisen überstanden. Mit etwas Humor präsentiert Andreas Schmidt daher seine neueste Whiskey-Kreation: Seinen 10 Jahre gereiften Lockdown-Whiskey. "Er ist ganz leicht zu trinken und ist gut abgereift in Sherryfässern", so Andreas Schmidt.
Herz für Mensch und Tier
Dass das Rabenbräu immer gut besucht ist, liegt nicht zuletzt an der herzlichen Art, wie die Familie Schmidt die Gäste empfängt und bewirtet. Jäger und Gastwirt Andreas Schmidt hat aber auch ein großes Herz für Tiere. Regelmäßig nimmt er verletzte Tiere mit nach Hause, peppelt sie wieder auf und manche bleiben dann für immer bei ihm. So auch die 40 Kilogramm schwere Wildschweindame Lieserl. "Wir haben sie aufgrund ihres geselligen Wesens nach meiner Urgroßmutter Elisabeth benannt", erzählt Andreas Schmidt mit einem Lächeln.
Bericht von Karin Vorauer
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