Kunst als politisches Statement
Brett vorm Kopf - Leistung Null
Was ist Arbeit? Was ist Leistung? Diese Begriffe sind neu zu denken, wenn man die Wirtschaft und Gesellschaft im 21. Jahrhundert richtig verstehen will. So ist der Begriff "Leistungslohn" antiquiert: die Vorstellung, dass "hohe" Leistungen hoch bezahlt und "niedrige" Leistungen niedrig bezahlt werden. Eigentlich unerträglich, dass Menschen im 21. Jahrhundert, in einer demokratischen Gesellschaft, so denken. Die Ausstellung "Arbeit und Leistung" beschäftigt sich mit diesen Fragen, u.a. Reinhard Fuchs und Waltraud Zechmeister.
Waltraud Zechmeister: Der Mensch in meinem Bild ist kaputt, zerstört von einem System, das immer nur Leistung fordert. Er ist an Fäden aufgehängt gewesen, die ihn wie eine Marionette in eine bestimmte Richtung gelenkt haben – und zwar zu immer mehr Leistung, geschuldet der Forderung nach Wachstum, dieser sinnlosen Prämisse der westlichen Wirtschaft. Ich für meinen Teil habe es nie verstanden, warum um Gottes willen die Wirtschaft jedes Jahr wachsen muss – damit die Bosse immer mehr verdienen oder damit wir immer mehr kaufen. Jedenfalls ist dieses System jetzt einmal an seine Grenzen gestoßen genauso wie der Mensch in meinem Bild: Die Fäden, die ihn zum Funktionieren angehalten haben, sind gerissen und haben sich ineinander verknotet. Es gibt graue Fäden, die seine Ausbeutung durch die Arbeit ausdrücken sollen, und orange, die für sein Privatleben stehen – alles verwirrt, totales Chaos und Burnout. Im rechten unteren Bildbereich verweist eine rote Rose – in der gleichen Farbe wie der Mensch – auf eine mögliche Lösung des Problems, und zwar die Hinwendung zur Kunst, die die Seele des Menschen wieder heilen kann, wenn er sich ihr bedingungslos hingibt.
Bild zur Ausstellung: Leistung gleich Null, Mischtechnik, 70 x 90 cm
Reinhard Fuchs: Freundlich lächelnde Manager, Industriebosse im eleganten Anzug und Magnaten aller Art versprechen die Erfüllung unserer Bedürfnisse, das wahre Leben, vielleicht sogar das endlose Glück auf Erden. Ihre Macht äußert sich in protzigen Palästen, dessen pompöse aufwändige Architektur aus Glas und Edelstahl eine schier unendlich große Finanzkraft ausstrahlt. Die Arbeit solcher Leute beschränkt sich oft auf das Repräsentieren. Ihre Leistung findet sich in den glitzernden Prachtbauten. Derartige Finanzzentren sollen beeindrucken und die Macht des Geldes symbolisieren. Sie sind in allen Metropolen dieser Erde zu sehen.
Bestens ausgebildete Agenten laden hilfsbereit zum Geschäfte machen ein. Die Arbeit dieser Manager mündet in enormen Gagen, entspricht aber oftmals kaum der wirklichen Leistung. Die neue IT-Welt lenkt nicht nur gigantische Wirtschaftssysteme, sondern sie beeinflusst in immer höherem Maße die Tätigkeit des Einzelnen bis hinein in die Privatsphäre. Viele Menschen merken gar nicht mehr, dass ihr Leben zum größten Teil von Computern gesteuert wird. Ihre Abhängigkeit wird ihnen nicht bewusst.
Die Arbeit der Landbevölkerung hingegen erhält allzu häufig keinen entsprechenden Gegenwert. Der Preis für landwirtschaftliche Produkte wird oft von Agrarkonzernen, Lebensmittelketten und Großverbrauchern bestimmt. Die erbrachte Leistung ist vielfach schlecht honoriert. Das Verhältnis Arbeit – Leistung gerät auch in der Agrarwirtschaft zunehmend in Schieflage.
Die Zusammenhänge unserer kompliziert gewordenen Welt werden von vielen Menschen nicht mehr begriffen. Wir verschließen zu oft die Augen und können soziale, ökonomische und ökologische Probleme nicht mehr erkennen.
Mein Werk „Brettl vor’m Kopf“ zeigt einen dieser Finanzhaie, der mit ausgestreckter Hand auf den Betrachter zukommt. Er trägt einen feschen Hut, merkt aber nicht, dass Stirn und Augen mit einem Brett bedeckt sind, das - wie der Hut - aus einer PC-Leiterplatte besteht. Er scheint ferngesteuert und lebt in einer eigenen virtuellen IT-Welt. Die aus Leiterplatten erbaute Finanzmetropole, mit zahlreichen Münzen aus reichen Ländern geschmückt, korrespondiert mit einem kaum sichtbaren kleinen Dorf, das sich bescheiden in die hügelige, von Feldern geprägte Landschaft schmiegt. - Das digitale Umfeld des Managers steht in diametralem Gegensatz zur natürlichen Lebenswelt der Landbevölkerung.
Beitrag zur Ausstellung: Brettl vor'm Kopf, Mischtechnik, Leiterplatten, Münzen, Acryl auf Leinwand, 50 x 70 cm
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