Mein Wirt – ein Beitrag zur Wirtshauskultur
Ein ganz normaler Donnerstag in Altenberg

Seit dem Jahr 2015 treffen sich die "Rentner Männer" einmal im Monat im Altenberger Hof im Ortsteil Altenberg in Neuberg zum Stammtisch. Es dreht sich viel ums Essen, um Musik aber niemals um Politik.

NEUBERG. ALTENBERG. Der Altenberger Hof in Altenberg in Neuberg ist ein Dorfwirtshaus, wie es im Buche steht. Das Wirtshaus im Dorfzentrum ist Treffpunkt für die Menschen im Ort. Jeden ersten Donnerstag im Monat treffen sich die Mitglieder der "Rentner Männer" ab 17 Uhr zum Stammtisch. Zuerst wird gemeinsam gegessen. Diesmal waren es Ripperl mit Krautsalat. "Bei jedem Stammtischtreffen machen wir uns das Essen für das nächste Monat aus", erzählt Gerhard Stieninger, der den Männerhaufen organisatorisch zusammenhält. Diesmal war die Essensdebatte sehr kurz: fürs Herrengulasch gab es regen Zuspruch, die Geröstete Leber fiel durch.

Klarinette, die Steirische und eine Gitarre: zu besonderen Anlässen gibt es auch Musik beim Stammtisch der "Rentner Männer". | Foto: Hackl
  • Klarinette, die Steirische und eine Gitarre: zu besonderen Anlässen gibt es auch Musik beim Stammtisch der "Rentner Männer".
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"Früher trafen sich hier im Wirtshaus immer die ,Old Girls' zum Kuchenessen. Da musste eine Gegenveranstaltung her und so haben wir begonnen, uns regelmäßig zu treffen", so Gerhard Stieninger. Der Stammtisch ist kein Verein, es gibt keinen Mitgliedsbeitrag und auch keine sonstigen Aktivitäten.

Bis zur Sperrstunde

Bis auf die Lockdowns wurde noch kein Termin ausgelassen. "Wir sind stets so zwischen 12 und 21 Männer. Wir fangen um 17 Uhr an, so um 22 Uhr beginnen wir auf die Uhr zu schauen", erzählt Heinz Holzheu, der vom Preiner Gscheid so oft es geht zu Fuß nach Altenberg zum Stammtisch kommt. Heimwärts geht es mit dem Auto – seine Frau holt ihn verlässlich ab.

Auch bei ihm wird es nicht anders sein, als bei anderen Stammtischen: Und was gibt es Neues? Eigentlich eh nichts. Und was habt Ihr dann sechs Stunden geredet? Dies und das!

Ob Frauen erwünscht sind? Diese Frage geht unter und wird nur indirekt beantwortet. "Sie holen uns hin und wieder ab. So gesehen sind sie ein wichtiger Teil von uns", so eine anonyme Wortspende.

Wirtshausgespräche im Altenberger Hof: jeden ersten Donnerstag im Monat trifft man sich. | Foto: Hackl
  • Wirtshausgespräche im Altenberger Hof: jeden ersten Donnerstag im Monat trifft man sich.
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Manchmal mit Musik

Das Essen ist vorbei, am Tisch stehen die selten gewordenen Dopplerflaschen von einem Winzer aus dem Weinviertel. "An die an sich nicht festgeschriebene Regel, dass hier nicht politisiert wird, daran hält sich eigentlich ein jeder. Dadurch kommen wir auch fast nie ins Streiten", erzählt (Altbürgermeister) Bernhard Schrittwieser.

Mittlerweile hat sich Gerhard mit seinen zwei Freunden die Musikinstrumente geschnappt und sie beginnen mit dem Musizieren. Der Redebedarf – besser gesagt, der Informationstransfer – ist jedoch so groß, dass der Musik nicht allzuviel Aufmerksamkeit geschenkt wird. "Musik gibt es nicht jeden Donnerstag, aber doch hin und wieder zu passenden Anlässen", sagt Gerhard lachend.

Offen auch für "Zuagroaste"

Ull Dieter Wintersberger ist ein "waschechter Zuagroaster". Für den gebürtigen Wiener, der viele Jahre in Rohrmoos-Untertal in Schladming verbracht hat, und der sich jetzt in Neuberg sesshaft gemacht hat, gehört der Stammtisch zum fixen Monatsritual. "Ich wurde in dieser Runde so herzlich aufgenommen, die Menschen sind so bodenständig, ehrlich und von herzerfrischendem Humor. Ich fühle mich so richtig geborgen hier und möchte kein Donnerstagstreffen verpassen."

Gerhard kann dem nur beipflichten: "Wir haben kein Aufnahmeritual, wir sind offen für jeden Neuen", sagt er und fügt lachend hinzu "sofern er einige Doppler zu zahlen vermag." Unterschiedlich sind auch die Mitglieder – Unternehmer, Jäger, Förster, Landwirt und ein ehemaliger Bürgermeister. Alle sind sie im Ruhestand, das eint sie.

Authentische Wirtshauskultur

Ewald Holzheu ist der Wirt des Altenberger Hofes, der übrigens im Gemeindebesitz ist. "Mich freut es, dass hier noch echte Wirtshauskultur zelebriert wird. Da ist nichts künstlich aufgesetzt, da ist alles noch authentisch.

Der Altenberger Hof im Neuberger Ortsteil Altenberg. | Foto: Hackl

Ein bisserl sentimental wird es am Tisch, als man darüber sinniert, dass es früher fünf Wirtshäuser im Dorf gegeben hat, jetzt freut man sich, dass dieses eine erhalten geblieben ist. "Früher hatten wir auch noch 14 Eisschützen-Vereine, aber wir freuen uns, dass unsere Feuerwehr 68 Mitglieder hat und das bei 300 Einwohnern", wirft ein Stammgast ein.

Bevor man auseinandergeht wird fast schon traditionsgemäß ein Whisky als "Außischmeißer" verkostet, dann dauert es wieder drei Wochen bis Gerhard mit einer WhatsApp-Einladung und der Essenserinnerung zum nächsten Stammtisch ruft.

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Viel Gesprächsstoff beim ersten Wirte-Stammtisch
Ferry Club Kindberg hat wieder offen

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