Commodore-Treffen: Bruce Lee und Rambo genossen die Wiener Freiheit

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Für eine ganze Generation gehört es zur Kindheit wie Schulaufgaben, aufgeschundene Knie und Taschengeld: Das Klicken der Joysticks, das Flimmern von 50-Herz Röhrenfernsehern und durchwachte Ferien-Nächte mit den Herren "Rambo", "Bruce Lee" oder "Super Mario". Die Rede ist vom Commodore 64, dem ersten Massencomputer, der ab 1982 Büros aber vorallem Kinderzimmer eroberte. Auch 33 Jahre nach seinem Erscheinen ist die stützstrumpf-beige Kultkiste, von Fans liebevoll „Brotdose" genannt, am Leben. Und wie. Eine treue Community entwickelt das Gerät mit unglaublichen 64 Kilobyte Arbeitsspeicher ständig weiter. Modems bringen den C64 ins Internet, Module laden Spiele von Speicherkarten statt von 5 1/4 Zoll-Disketten und Programmierer kletzeln das letzte Bit aus den Schaltkreisen um utopische Grafik-Kunstwerke zu schaffen.

Auch in Wien tummeln sich die treuen Fans noch rege, am 17. Mai war die Szene-Disko "Wiener Freiheit" das Epizentrum der alpinen Commodore-Welt. Beim 14. Wiener Commodore-Treffen wurde programmiert, repariert, gerechnet, nadelgedruckt und natürlich gespielt bis die Chips rauchten. Wer annimmt, dass es sich beim Publikum um vorwiegend männliche Mittvierziger handelt, der liegt gar nicht so falsch. Wer hier lötet, musiziert, mit Roboterarmen hantiert oder zockt, für den ist "Nerd" kein Schimpfwort, sondern die höchste Anerkennung. Die meisten Herren in den Commodore-Leiberln betreiben Ihr Hobby bereits seit den 80ern und hören auf klingende Namen wie "Leecher", „Retro-Ronny“ oder „Der Schatten". Trotzdem gibt es in der Commodore-Welt keine Nachwuchsprobleme. Kinder der ersten Generation hauen ihre Alten beim Retro-Spielen inzwischen in die Pfanne und auch Vertreter der Generation Play Station haben den C64 für sich entdeckt. Und sie alle feierten an diesem Sonntag ein Hochamt der lebendigen Computer-Geschichte.

Kistenweise schleppten die Fans aber auch die „Computer-Collection Vienna" Commodore-Computer, Nadeldrucker und Diskettenboxen herbei. Die Vielzahl der Geräte reichte vom C16 über normale C64er, den legendären "Ur-Laptop" SX64, die 128er-Serie bis hin zur Amiga-Klasse. Darunter auch Raritäten wie ein original Commodore Amiga 4000T, für den Liebhaber heute noch 3000 Euro auf Auktionen hinblättern.

Auf den Bildschirmen wirbelten Hexadezimalcodes und Pixel-Grafiken durch geheimnisvolle Welten. Welten, die aus ganz wenig Rechenleistung ganze Universen zaubern, in denen man trotzdem stundenlange versinkt. Welten in denen man zwar drei Leben hat, danach aber definitiv tot ist. Kein Zwischensichern, kein Neustart im aktuellen Level - alles wieder von vorne. Ein Fakt, das Spieler der jüngeren Generation oft zum Verzweifeln bringt. Wer all das erleben will, ist schon mit wenig Geld dabei. Einsteiger-Sets aus C64, einer Floppy und Joysticks sind auf Ebay oder Willhaben mit etwas Glück ab etwa 100 Euro zu haben. Die Glückstreffer auf Pfarrflohmärkten oder am Sperrmüll ein Schnäppchen zu ergattern werden immer seltener.

Ein wenig Wehmut schwang am 14. Commodore-Treffen in der Wiener Freiheit auch mit. Besitzer „Frankie", der die Location all die Jahre kostenlos und ohne Konsumationszwang zur Verfügung gestellt hatte, wird die Treffen in Zukunft nicht mehr ausrichten. Frankie ist selbst ein Getriebener in Sachen Commodore, in seiner Disco wird die Buchhaltung über einen C64 erledigt, Veranstaltungsankündigungen scrollen in Pixelgrafik über Bildschirme und auch die Lichtanlage wird von einem 64er gesteuert. Daran wird sich auch nichts ändern, nur die Anstrengung an Samstagen bis 6 Uhr früh an der Bar zu arbeiten und danach am Sonntag (Ruhetag) am Nachmittag erneut aufzusperren, waren weder ihm noch dem Personal weiter zuzumuten. Die Veranstaltung wird es aber auch in den kommenden Jahren geben, die Szene ist bereits über Alternativvorschläge in Verhandlungen. Neben dem großen Treffen im Mai gibt es auch dreimal jährlich einen kleineren Commodore-Stammtisch, der in der HTL Donaustadt Asyl gefunden hat. Der nächste Stammtisch findet am 20. Juni ab 15 Uhr statt. Die Herren Rambo, Bruce Lee und Super Mario werden natürlich auch wieder kommen.

Wo: Wiener Freiheit, Schönbrunner Str. 25, 1050 Wien auf Karte anzeigen

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