"Software ist Teil unseres Lebens"
Die Stadt Linz möchte mit einem neuen HTL-Campus im Süden den Fachkräftebedarf im IT-Sektor abdecken
LINZ (jog). Ab Herbst könnte ein neues Unterrichtsfach „digitale Grundbildung“ an allen Schulen verankert werden. Bildungsministerin Sonja Hammerschmid hat kürzlich eine entsprechende Digitalisierungsstrategie des Ministeriums vorgestellt. Diesen Rückenwind möchte auch die Stadt Linz nutzen und feilt deshalb aktuell an einem Konzept zur Errichtung eines neuen HTL Campus im Süden von Linz. Ein entsprechender Antrag wurde bereits geschlossen von allen Fraktionen im Gemeinderat abgesegnet. Mögliche Standorte sind Pichling oder Ebelsberg. Das Projekt steht allerdings in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der Stadtentwicklung auf dem Gelände der ehemaligen Hillerkaserne. "Der Bedarf an Fachkräften im IT-Bereich, besonders mit Schwerpunkt auf Industrie 4.0 wird immer größer. Wir möchten noch im Frühling ein entsprechendes Konzept dem Landesschulrat vorlegen, beim dem auch Vertreter von Wirtschaft und Industrie mitarbeiten", sagt Bürgermeister Klaus Luger. Der Landesschulrat prüft das Konzept, eine Entscheidung über die tatsächliche Errichtung wird allerdings auf Bundesebene gefällt. "Natürlich freue ich mich über Initiativen für den Bildungsbereich. Dennoch muss man sich den Bedarf und die Auslastung der bestehenden HTLs genau ansehen. Außerdem gilt es eine klare Spezialisierung zu definieren", sagt Landesschulratspräsident Fritz Enzenhofer. Aktuell werden in Linz an den zwei HTL-Standorten an der Goethe- und an der Paul-Hahn-Straße Schüler ausgebildet. Dazu kommen mit Leonding und Traun zwei weitere Einrichtungen in der unmittelbaren Umgebung, die sich auf Informationstechnologie und Informatik spezialisiert haben.
Interesse wecken
Im vergangenen Schuljahr besuchten 11.663 Schüler eine HTL in Oberösterreich, die Zahl nimmt seit 2011 jährlich leicht zu. "Bei den bestehenden Schulen müssen wir aber keine Interessenten abweisen, wenn die Qualifikationen stimmen", sagt Enzenhofer. "Bevor eine zusätzliche HTL Sinn macht, muss das Interesse für entsprechende technische Berufe schon im Pflichtschulalter geweckt werden. IT-Fächer so früh wie möglich anzubieten, ist sicher notwendig", sagt Thomas Denk, Bezirksstellenleiter der Wirtschaftskammer Linz.
Sprache der Maschinen sprechen
"Große Herausforderung wird sein, das große Potenzial der Mädchen für Programmierjobs und technische Berufe zu nutzen. In unseren Coder Dojos haben wir leider noch sehr wenige Mädchen, sie stellen sich aber genauso geschickt an wie die Burschen", sagt Karin Huber. Sie ist Geschäftsführerin der Firma software architechts gmbh und Mitgründerin des Coder Dojo Linz, einer Inititative, die Kindern im Alter zwischen sieben und 16 Jahren auf spielerische Art das Programmieren beibringt. "Egal ob Fernseher, Auto, Smartphone oder Kaffeemaschine – Software ist aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken. Gleichzeitig kann der Bedarf der heimischen Wirtschaft an Softwareexperten bei weitem nicht gedeckt werden", so Huber. Deshalb müssen künftig neben Fremdsprachen, auch Programmiersprachen Platz auf dem Stundenplan finden. Huber begrüßt jedenfalls eine Initiative für die Errichtung eines HTL-Campus.
Bedarf an Technikern kann nicht gedeckt werden
628 offene Stellen für Techniker im Arbeitsmarktbezirk Linz meldet das Arbeitsmarktservice (AMS) Linz für Ende Dezember. Der größten Bedarf herrscht in den Bereichen Maschinenbau sowie in der IT- und Elektrotechnik. Stellenangebote gibt es in den größeren Betrieben im Raum Linz auch im Bereich Chemie oder Kunststofftechnik. "Neben einem absolvierten Studium oder einer Fachhochschule werden besonders HTL-Absolventen nachgefragt. Aber auch Fachkräfte mit Lehrabschluss finden vielfältige Möglichkeiten", sagt Elisabeth Wolfsegger, Leiterin des AMS Linz. Ende Dezember waren 440 Techniker arbeitslos gemeldet. "Betrachtet man die Altersstruktur, zeigt sich ein übliches Bild, etwa ein Viertel ist über 50 Jahre alt. Trotz größtem Bedarf wird es auch immer arbeitslose Personen in Vormerkung geben. Oft nur für kurze Zeiträume zwischen einer Kündigung und einem neuen Dienstverhältnis, oder aber, weil es Vermittlungshindernisse gibt, die auch vor Technikern nicht haltmachen", so Wolfsegger. Das betrifft vor allem gesundheitliche Einschränkungen oder psychische Erkrankungen.
Zur Sache
Die Initiative CoderDojo Linz wurde im Juli 2015 ins Leben gerufen und bietet Schülern im Alter zwischen sieben und 16 Jahren die Möglichkeit, spielerisch in die Welt des Programmierens einzutauchen.
• Bei CoderDojos wird Technologie entdeckt und gelernt, wie man Codes schreibt, Webseiten entwickelt, Apps und Spiele programmiert und vieles mehr.
• Jeden zweiten Freitag treffen sich Jugendliche und ehrenamtliche Mentoren – Experten aus der IT-Branche – von 16 bis 18 Uhr im Wissensturm.
• Alle Infos zu Terminen und Anmeldung im Internet unter:
coderdojo-linz.github.io
• Die Initiative sucht laufend neue ehrenamtliche IT-Experten, die ihr Wissen gerne an Kinder und Jugendliche weitergeben möchten. Übungen sind bereits vorbereitet.
• Das Interesse ist groß, beim letzten Termin wurden
56 Teilnehmer gezählt.
Kommentar des Redakteurs
Kinder und Jugendliche wachsen mit Smartphone und Tablet auf. Der Umgang mit neuen Technologien ist für sie fast selbstverständlich und dennoch fehlen oft grundlegende Kompetenzen für eine wirklich selbstbestimmte Nutzung. Höchste Zeit, digitale Fertigkeiten auch im Unterricht zu behandeln. Von Kritikern hört man, dass Kinder zuerst Grundlagen wie Rechnen, Schreiben oder Lesen beherrschen sollten, bevor sie sich an Programmiersprachen und Co. heranwagen. So benutzerfreundlich die Smartphones und Tablets auch sind – der Umgang mit dem Internet muss erlernt werden. Sinn der Sache ist hier nicht, aus allen Schülern IT-Techniker zu machen, sondern den richtigen und gezielten Umgang mit Google und Co. zu verinnerlichen. Für mich stellt sich jetzt nur noch die Frage: Wer soll diese Fächer unterrichten?
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