Sportwetten-Sucht im Fokus
"Wirf dein Geld nicht zum Fenster raus"

- Die Suchtberatung Obersteiermark nahm an der Aktion „Wirf dein Geld nicht zum Fenster raus“ teil.
- Foto: MeinBezirk
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Die Aktion „Wirf dein Geld nicht aus dem Fenster“ wurde kürzlich von vielen Suchthilfeeinrichtungen in Österreich und Deutschland durchgeführt. Mit dabei war auch die Suchtberatung Obersteiermark. MeinBezirk hat mit Geschäftsführer Kamin Kaminski über die Aktion und die aktuelle Situation der Suchtberatung gesprochen.
LEOBEN. Sportwetten erleben im Rahmen von Sportgroßveranstaltungen einen verstärkten Boom, warnte die Fachstelle Glücksspiel in einem offenen Brief und lud dazu ein, bei der Aktion „Wirf dein Geld nicht zum Fenster raus“ mitzumachen. Die Aktion, bei der alle Teilnehmenden um 12 Uhr ein Fenster öffneten und mit Fotos oder Videos dokumentierten, wie sie speziell für diese Aktion gedruckte Geldscheine herauswarfen, sollte auf das Thema Sportwettsucht aufmerksam machen.
Auch die Suchtberatung Obersteiermark nahm unter vielen anderen Suchthilfeeinrichtungen in ganz Österreich und Deutschland teil. Kamil Kaminski, Geschäftsführer der Suchtberatung Obersteiermark, gibt einen Einblick in die aktuelle Situation der Spielsucht und die Bedeutung der Aktion.

- Kamil Kaminski, Geschäftsführer der Suchtberatung Obersteiermark
- Foto: MeinBezirk
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Angehörige haben häufig Leidensdruck
„Wir haben heuer schon über 360 Klientinnen und Klienten behandelt, gesehen, betreut und beraten“, berichtet Kaminski. Dabei betont er die unterschiedlichen Betreuungssequenzen: „Manche kommen wirklich nur einmalig für eine Informationsberatung, während andere seit über zehn Jahren regelmäßig betreut werden, weil sie es einfach benötigen.“ Die Zahlen verdeutlichen die steigende Nachfrage nach Suchtberatungsdiensten. „Im ersten Halbjahr werden wir wahrscheinlich knapp 400 Klientinnen und Klienten erreichen.“
Die steigende Zahl der Betroffenen lässt sich laut Kaminski auf mehrere Faktoren zurückführen. Neben der allgemeinen Zunahme der Suchtfälle verweist er auf die zunehmende Zahl der Angehörigen, die Beratung suchen. „Die Angehörigen haben häufig einen stärkeren Leidensdruck als die Betroffenen selbst“, erklärt er. Zudem habe die Pandemie die Situation verschärft. „Aufgrund der Auswirkungen der Pandemie wurden Süchte sichtbarer oder auch unerträglicher, was dazu führt, dass sich mehr Menschen Hilfe suchen.“

- Die Zahl der Menschen, die eine Suchtberatung in Anspruch nehmen, nimmt stetig zu.
- Foto: Pixabay/Jan Vašek
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Boom durch Fußball-EM
Ein spezieller Fokus liegt derzeit auf Sportwetten, die im Rahmen der Fußball-Europameisterschaft besonders im Vordergrund stehen. Kaminski erläutert: „Sportwetten haben in Österreich kein Suchtpotenzial per Gesetz, da sie als Geschicklichkeitssport gelten. Dennoch machen sie etwa ein Drittel unserer Spielsuchtfälle aus.“ Er kritisiert die rechtliche Lage, die es schwer macht, präventive Maßnahmen zu ergreifen: „Sportwettenanbieter agieren oft illegal und der Staat hat keine Handhabe.“
Die Aktion „Wirf dein Geld nicht aus dem Fenster“ zielte darauf ab, die Bevölkerung für das Thema Sportwettsucht zu sensibilisieren. „Es ist die erste Initiative in Österreich, die mehrere Einrichtungen vereint, um gemeinsam auf diese Problematik aufmerksam zu machen“, erklärt Kaminski. Neben der Sensibilisierung für Sportwettsucht bietet die Suchtberatung Obersteiermark umfassende Unterstützung für Betroffene. „Das Allerwichtigste ist, die Existenz der Menschen zu sichern“, betont Kaminski. Dazu gehört auch die Kooperation mit der Schuldenberatung. „Eine Kollegin aus Graz kommt alle zwei Wochen zu uns, um Menschen zu beraten, die aufgrund ihrer Sucht Schulden gemacht haben.“

- Eine Suchterkrankung stellt nicht nur für die Betroffenen selbst, sondern auch für die Angehörigen eine große psychische Belastung dar.
- Foto: Pixabay/Gerd Altmann
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Sucht ansprechen kann befreiend wirken
Ein zentraler Aspekt der Suchtberatung ist die langfristige Betreuung der Betroffenen. Während dieser Zeit wird intensiv daran gearbeitet, die Ursachen der Sucht zu bekämpfen und den Betroffenen zu helfen, ein suchtfreies Leben zu führen. „Wir lassen immer eine Tür offen. Wenn jemand wieder Rückfallgedanken hat, kann er sich jederzeit melden.“ Wichtig sei, dass die Betroffenen lernen, ihre Sucht zu kontrollieren und sich im Notfall sofort Hilfe zu suchen. Man könne sich auch jemandem aus dem privaten Umfeld anvertrauen, empfiehlt der Geschäftsführer, das wirke oft befreiend.
„Es ist wichtig, dass wir alle sensibler für die Problematik der Spielsucht werden. Die Aktion ‚Wirf dein Geld nicht aus dem Fenster‘ ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung“, so Kaminski abschließend.
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