Kein Ende in Sicht
Der Vollspaltboden in der Schweinehaltung spaltet gehörig
Die Haltung von Schweinen erfolgt nach wie vor hauptsächlich auf Vollspaltböden, auch wenn der Aufschrei immer lauter wird. Politische und gesellschaftliche Debatten reißen nicht ab und der Konsument tappt oft im Dunkeln.
STEIERMARK. Der Konsum von Schweinefleisch rangiert auf der Hitliste der Österreicher:innen ganz oben. Doch die Haltung der Schweine auf Vollspaltböden (Betonplatten mit Spalten) ist für die Tierschützer:innen alles andere als ein Hit. Auch Politker:innen und Landwirt:innen sind sich nicht einig, was eine artgerechte und finanzierbare Haltung der Schweine angeht.
Aufschrei wegen Normenprüfung
Der burgenländische SPÖ-Landeshauptmann Hans Peter Doskozil hat zuletzt auf Anregung des VGT (Verein gegen Tierfabriken) eine Normenprüfung der Verordnung zur Haltung von Schweinen auf Vollspaltboden beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) beantragt. Der steirische SPÖ-Tierschutzlandesrat Anton Lang und der steirische ÖVP-Agrarlandesrat Johann Seitinger stehen der Idee kritisch gegenüber, "auch wenn aus der Sicht des Tierschutzes ein Ausstieg aus den Vollspaltböden selbstverständlich zu begrüßen sei." Hauptargument: Ein alleiniges Verbot nur in der Steiermark und nicht in der gesamten EU würde ohne EU-Fördermittel zu einem nicht stemmbaren Problem für die heimische Landwirtschaft werden.
"Die Prüfung einer Norm auf Rechtmäßigkeit durch den Verfassungsgerichtshof muss jeder Mensch begrüßen, dem der Rechtsstaat ein Anliegen ist."
Verein gegen Tierfabriken
Scharfe Kritik hagelt es in dieser Causa weiter vom "Verein gegen Tierfabriken". "Entweder die beiden Landesräte wissen nicht, was eine Normenprüfung durch den VfGH ist, oder sie lehnen den Rechtsstaat ab. Doskozil hat keine politische Maßnahme gegen den Vollspaltenboden gesetzt, sondern eine Normenprüfung beantragt. Es wird jetzt also festgestellt, ob der Vollspaltenboden rechtswidrig ist", betont VGT-Obmann Martin Balluch.
Aufschrei seit Jahren
Seit 1994 fordert der Verein gegen Tierfabriken (VGT) das Verbot der Haltung von Schweinen auf Vollspaltenboden. Der VGT spricht sich hingegen für einen befestigten Liegebereich ohne Spalten aus, der tief mit Stroh oder anderem organischen Material eingestreut ist. Nachweislich seien die Tiere dann gesünder und aktiver, und deutlich weniger aggressiv zu den anderen Schweinen.
Gegenargumente aus der Landwirtschaft
Josef Kowald aus Allerheiligen bei Wildon, der selbst mehr als 40 Jahre im österreichweiten Tiergesundheitsdienst tätig war, verteidigt so wie viele andere südsteirische Schweinehalter:innen die Vollspaltenböden: "Durch die Vollspalten kann der Harn und Kot abrinnen und so ist Sauberkeit und Hygiene im Stall gewährleistet. In der Diskussion sei die Gesamtsituation der Landwirt:innen zu sehen. Tiefstreustallungen hätten sich aus der Sicht von Kowald nicht bewährt.
"Es muss ein Tier- und Menschenschutzgesetz geben."
Josef Kowald
"Es geht darum, dass man das richtige Maß in der Landwirtschaft einsetzt, denn schließlich haben wir in Österreich das strengste Gesetz", zeigt sich Kowald besorgt, dass noch mehr Klein- und Mittelbetriebe aufgeben, wenn die Auflagen weiter steigen. Die Alternative sei, dass Fleisch vom Ausland mit weniger strengen Auflagen importiert wird.
Kurz und bündig gibt sich Christoph Zirngast, Bezirksbauernkammerobmann aus Leibnitz, auf Anfrage von meinBezirk zum Thema Vollspaltböden: "Die weitere Forcierung von Tierwohl-Maßnahmen in der heimischen Schweinehaltung ist den Landwirt:innen ein großes Anliegen. Die zukünftigen Haltungssysteme müssen praktisch umsetzbar sein und die Mehrkosten müssen fair abgegolten werden. Ein Fortbestehen unserer Familienbetriebe muss im Rahmen dieser Weiterentwicklung möglich sein. In Zeiten wie diesen ist die Aufrechterhaltung einer Versorgungssicherheit mit heimischen Lebensmitteln unabdingbar."
"Anton Lang und Johann Seitinger meinen, der Vollspaltenboden müsse auf EU-Ebene abgeschafft werden. Auch das könnte durch Doskozils Normenprüfungsverfahren erreicht werden."
Martin Balluch
Im Antrag von Hans Peter Doskozil wird der VfGH aufgefordert, vom EuGH eine Klarstellung zu verlangen, ob der Vollspaltenboden der EU-Richtlinie entspricht, in der ein "physisch angenehmer Liegebereich" gefordert wird. "Statt rechtswidrige Bestimmungen zu verteidigen, die eindeutig Tierqual bedeuten, hätte die steirische Landesregierung diese Normenprüfung selbst beantragen sollen. Wenn der EuGH tatsächlich einen Widerspruch zwischen Vollspaltenboden und EU-Richtlinie sieht, dann muss diese Haltungsform in der gesamten EU abgeschafft werden", betont der VTG-Obmann.
- Während 60 Prozent aller Schweine niemals auf Stroh schläft, sprechen sich 80 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher gegen diese Praxis aus.
Quelle: Verein "Land schafft Leben"
Auch die Rinderhaltung erfolgt weitgehend auf Vollspaltböden, worüber ebenso nur ungerne gesprochen wird.
Ein Tierwohlstall, so wie er in St. Veit in der Südsteiermark von Christina und Josef Neuhold geführt wird, ist derzeit noch die Ausnahme.
Mehr dazu erfährst du hier:
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