Kinderschutzzentren
Gewalt hat viele Gesichter

Adele Lassenberger (2.v.l.), Leiterin des Delfi Wolfsberg mit Team | Foto: Delfi
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30 Jahre Kinderrechtskonvention – 30 Jahre gesetzlich verankertes Gewaltverbot in der Erziehung. Die Kinderschutzzentren Delfi Kärnten feierten am 20. November ein Doppeljubiläum.

WOLFSBERG (map). „Die gesunde Ohrfeige macht krank“ lautete der Titel eines Buches von Hans Czermak in den 80-er Jahren und legte einen Grundstein in Richtung gewaltfreie Erziehung. 1989 wurde das gesetzliche Gewaltverbot in der Erziehung erwirkt.

Vor 30 Jahren wurde in Kärnten das erste Kinderschutzzentrum eröffnet, seit 2014 nennt sich das Zentrum „Delfi“, Trägerorganisation sind die Kinderfreunde. Die Mitarbeiter von Delfi beraten Familien in schwierigen Situationen in Klagenfurt, Villach und Wolfsberg – kostenlos und vertraulich.

Stand vor vielen Jahren die „körperliche Züchtigung“ im Vordergrund, haben sich die Arten der Gewalt in den letzten Jahren verändert. „Gewalt hat viele Gesichter“, erklärt Adele Lassenberger, Leiterin des Kinderschutzzentrums Delfi Wolfsberg. „Körperliche, psychische und sexuelle Gewalt, sowie Vernachlässigung und alle Formen der sozialen Gewalt“. Da ist man auch mit Aussagen wie „Du bist nichts wert“, „besser, Du wärest nicht geboren worden“ etc. konfrontiert. Auch exzessives Schimpfen ist Gewalt am Kind.

Vernachlässigung nimmt zu

Ein großer Bereich ist die „Vernachlässigung“. Meistens meinen es Eltern nicht wirklich böse, sind aber mit ihren eigenen Problemen beschäftigt und überfordert, dass zu wenig auf das Kindeswohl geachtet wird, in welchen Bereichen auch immer: Anbieten von altersadäquatem Spielmaterial, Ernährung, Hygiene, Kleidung, medizinische Versorgung, Verhinderung sozialer Kontakte etc.
Auch „Überbehütung“ durch Helikoptereltern sei abzulehnen, da den Kindern die Möglichkeit zur Selbstständigkeit genommen wird. „Eltern sollen ihr Kind auf einen guten Weg bringen, sie in ihrer Entwicklung fördern und auch Grenzen setzen“, so Lassenberger. Dazu zählt: Dem Kind das Gefühl geben geliebt zu werden, ihm soziale Kontakte ermöglichen, Stärken und Fähigkeiten fördern, die Privatsphäre des Kindes achten, für Freiräume sorgen, Aufmerksamkeit schenken, Überforderung vermeiden, Grenzen setzen, keine Angst machen, nicht überbehüten.

Signale der Kinder besser deuten

Nach den Erfahrungen von Delfi müssten die Signale von gewaltbetroffenen Kindern besser gehört werden. So setze ein Kind, das von Misshandlung oder Gewalt bedroht oder betroffen ist, sieben Mal Zeichen oder stille Hilferufe an Erwachsene, ehe jemand reagiert oder hilft. Signale gibt es mehrere: Geht es dem Kind nicht gut, zieht es sich zurück, weint mehr, fühlt sich nicht fit in der Gruppe von Gleichaltrigen zu bestehen, wird aggressiv, verändert sein Verhalten, beginnt zu bettnässen etc.

Daher der Aufruf von Delfi: Die Sensibilität erhöhen und die Kinder nicht erst beim siebten Hilferuf hören. Delfi kann als Ansprechpartner kontaktiert werden. Oft wird Delfi übrigens von verzweifelten oder überforderten Eltern selbst kontaktiert, oft kommt der Hinweis auf „Gefahr in Verzug“ von Kinder- und Jugendhilfsträgern, Bildungseinrichtungen, Verwandten oder Freunden. 

Zur Sache

Delfi hat Standorte in Klagenfurt, Wolfsberg und Villach mit der Außenstelle Hermagor.

Der Bedarf am Angebot von Delfi ist groß – die kärntenweite Statistik allein im Jahr 2018: 5235 Klientenkontakte (Beratung, Krisenintervention, Abklärungsprozesse und Belastungseinschätzungen), davon: 3479 im persönlichen Kontakt und
1756 telefonische Beratungskontakte für 893 Personen, davon 378 Minderjährige und 515 Angehörige. Weiters wurden 1909 Stunden Psychotherapie
für Kinder und Jugendliche/ Familien, sowie 936 Stunden Psychologische Behandlungseinheiten geleistet.

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