Viscontis Wiedergeburt

Grandios: Markus Meyer ist Ludwig II. | Foto: Reinhard Werner
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1972 hatte ich mich als Schwuler noch nicht geoutet. Also zog ich mir alles rein, was nur irgendetwas mit Homosexualität zu tun hatte. Von Luchino Viscontis Film „Ludwig II“ erfahren bin ich ins Kino gegangen, voller Hoffnung, auch ein wenig über mich zu erfahren, über mein Leben. Damals hatte mich weniger der Film interessiert, sondern vielmehr der damals wunderschöne Helmut Berger. Gebannt starrte ich auf das Zelluloid-Monster, der schlaksig über die Leinwand huschte. Ludwig II. war kein Schwulenfilm. Dennoch, er deutete an, woran es dem König lag: Kunst und Schönheit, auch körperliche Schönheit. Mit seinem Diener, ebenfalls ein bildhübscher Junge, teilte er seine Neigungen. Es war unübersehbar, dass der Regent von Bayern sich wenig um die Staatsgeschäfte scherte, sondern viel lieber den schönen Künsten huldigte. Zum Beispiel geisterte Richard Wagner in der Residenz des Königs herum, immer von Geldsorgen geplagt, und wurde immer aus der Schatulle des Regenten gesponsert – letztlich vom Geld der Steuerzahler. Finanzielle Verluste, verlorene Kriege, ein darbendes Volk – all das interessierte Ludwig II nicht. Er saß in seinem goldenen Käfig, bedrängt von Bruder, Hofstaat und Familie. Eine Heirat stand auch an. Kurzfristig war der König auch bereit dazu, um den Schein zu wahren. In Wahrheit hatte er kein Interesse an einer ehelichen Verbindung und verschob sie mehrmals. Ludwig, Baumeister ohne Ende, Verschwender, Exzentriker und vor allem ein Mann, der jeder Orientierung verloren hatte. Geistig verwirrt verliert er die Amtsgeschäfte, die er ohnehin nie wahrgenommen hatte. Von einer nächtlichen Bootsfahrt auf dem Starnberger See kehrte er nicht zurück. Selbstmord, Mord – niemand weiß es.

In der Aufführung des Akademietheaters wird dem Suizid Vorzug gegeben. In der Theaterfassung nach Viscontis Film ist der tragische Held ein leidender, im Film eher ein nicht beherrschbarer Freigeist. Das mag wohl am Regisseur Bestian Kraft und dem italienischen Filmschaffenden liegen, und besonders an den Hauptakteuren Helmut Berger und Markus Mayer. Er spielt bis zur Selbstaufgabe. Nur drei Darsteller – Regina Fritsch als Ludwigs Cousine Elisabeth und Johann Adam Oest als Richard Wagner - sind auf der Bühne, die Mahner, Kritiker, Staatsbeamten, Klerus und Militärs kommen aus dem Video-Off. Ein riesiger Spiegel nimmt die Zuschauer mit ins Geschehen. Sie sind Teil der Inszenierung. Eine phantastische Idee. Zwei Stunden der Atemlosigkeit und Spannung. Ein Abend, den man nicht vergisst.

Next: 1.2.2017

Infos und Tickets: www.burgheater.at

Reinhard Hübl

P.S.: in der Josefstadt steht ebenfalls ein Visconti-Film als Bühnenfassung auf dem Spielplan: Die Verdammten – beinhartes Nazidrama. Next: 4.und 5.2. Tickets: www.josefstadt.org.

Und ich kann mich noch an eine Opern-Aufführung bei den Bregenzer Festspielen erinnern: "Tod in Venedig“ - ebenfalls nach einer Visconti-Verfilmung. Kompositionen Benjamin Brittens sind nicht ganz einfach zu verdauen, dennoch, Regie, Bühnenbild, Sänger und Orchester machten diese Aufführung zu einem fulminanten Erfolg. Heuer steht neben Bizets „Carmen“ auf der Seebühne die Rossini-Oper „Moses in Ägypten“ im Schauspielhaus auf dem Spielplan. Tickets: www.bregenzerfestspiele.com.

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