Keine Anklage
Staatsanwaltschaft stellt Verfahren in Causa Ischgl ein

Keine Anklage: Die Ermittlungen in der Causa ischgl wurden eingestellt. | Foto: Othmar Kolp
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ISCHGL (otko). Die Staatsanwaltschaft Innsbruck gab in einer Aussendung bekannt, dass in der Causa Ischgl die strafrechtlichen Ermittlungen gegen fünf Amtsträger eingestellt wurden. Es gebe keine Beweise dafür, dass "jemand etwas schuldhaft getan hätte, das zu einer Erhöhung der Ansteckungsgefahr geführt hätte."

Paukenschlag in der Causa Ischgl

In Ischgl startet nach dem Totalausfall der vergangenen Wintersaison am 3. Dezember den Skibetrieb – die BezirksBlätter berichteten.
Nun gibt es einen juristischen Paukenschlag. Die Innsbrucker Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen in der Causa Ischgl in Bezug auf die Corona-Ausbreitung im Frühjahr 2020 eingestellt. Laut einer Aussendung der Behörde kommt es zu keiner Anklage. Es gebe keine Beweise dafür, dass

"jemand etwas schuldhaft getan hätte, das zu einer Erhöhung der Ansteckungsgefahr geführt hätte",

heißt es dazu in der Begründung.

Causa Ischgl: Zuletzt wurde gegen fünf Beschuldigte ermittelt. | Foto: Othmar Kolp
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Zu diesem Ergebnis kam die Staatsanwaltschaft Innsbruck Ende Mai 2021. Dieses Ermittlungsergebnis wurde nun auch durch die Oberstaatsanwaltschaft Innsbruck, das Justizministerium und schließlich vom Weisungsrat überprüft

Umfangreiche Prüfung der Causa

Näher geprüft wurden laut der Staatsanwaltschaft zufolge "insbesondere die Maßnahmen nach Bekanntwerden der ersten Infektionsfälle, die Erlassung und Umsetzung von Verordnungen über Schließung von Lokalen, des Schibetriebes und die weiteren Verkehrsbeschränkungen in Ischgl bzw. die Quarantäne im Paznauntal."

Die Verkündigung der Quarantäne am 13. März 2020 über das Paznaun und St. Anton am Arlberg führte zu einer chaotischen Abreise. | Foto: Othmar Kolp
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Im Ermittlungsverfahren wurden zuletzt fünf Personen als Beschuldigte geführt, darunter dem Vernehmen nach  Landesamtsdirektor Herbert Forster, der Landecker BH Markus Maaß, der Ischgler Bgm. Werner Kurz sowie zwei weitere Mitarbeiter der BH Landeck.
Der Ermittlungsakt umfasst 15.000 Seiten Protokolle, Berichte und sonstiges Beweismaterial. Um die Abläufe nachvollziehen und bewerten zu können, wurden 27 Personen durch die Staatsanwaltschaft vernommen und auch die Erkenntnisse der vom Land Tirol eingesetzten Experten-Kommission wurden berücksichtigt. Die ermittelnde Staatsanwältin wurde dabei von einem weiteren Staatsanwalt unterstützt.

Fehler in Ischgl durch Bund, Land und BH Landeck

Detaillierte Einstellungsbegründung veröffentlicht

Zur näheren Information wurde die anonymisierte Einstellungsbegründung in der Ediktsdatei der Justiz veröffentlicht: Einstellungsbegründung der Staatsanwaltschaft Innsbruck

Bgm. Kurz: "Nichts falsch gemacht"

"Richtig erleichtert" zeigte sich auf Anfrage der BezirksBlätter Landeck der Ischgler Bgm. Werner Kurz.

"Ich bin froh über die Einstellung. Selbstverständlich waren die letzten Monate aufgrund der langen Dauer der Ermittlungen für mich, aber auch die Bevölkerung von Ischgl belastend. Es wurde bewiesen, dass wir nichts falsch gemacht haben. Auch die gegen mich erhobenen Vorwürfe im sogenannten Rohrer-Bericht haben sich als falsch herausgestellt. Die Staatsanwaltschaft hat eine gute und seröse Arbeit geleistet."

Die Erleichterung sei nun bei seiner Familie und in der ganzen Ischgler Bevölkerung deutlich zu spüren. "Ich habe meine ganze Kraft eingesetzt, um mit allen Verantwortlichen die richtigen und notwendigen Schritte zu setzen. Nach eineinhalb Jahren der großen Ungewissheit können wir nun wieder in die Zukunft schauen. Ich bin dankbar, dass diese Belastung nun für uns vorbei ist und ich meiner Aufgabe als Bürgermeister nachgehen kann", so der Dorfchef.

Bgm. Werner Kurz: "Die Erleichterung bei meiner Familie und in der Ischgler Bevölkerung ist deutlich zu spüren." | Foto: Othmar Kolp
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VSV sieht gravierende Behördenfehler

Kritik kam naturgemäß umgehend vom Verbraucherschutzverein (VSV), der eine Reihe von privatrechtlichen Klagen in der Causa ischgl unterstützt:

"Wir halten diese Einstellung des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens für falsch und werden zunächst eine Begründung verlangen und nach Prüfung dieser Begründung gegebenenfalls fristgerecht einen Fortführungsantrag einbringen,“

sagt VSV-Obmann Peter Kolba. „Das Strafverfahren hat aber schon jetzt die wesentlichen Grundlagen für die Amtshaftungsklagen der vom VSV unterstützten Opfer von Ischgl gegen die Republik Österreich geliefert. Nach den Akten lassen sich gravierende Behördenfehler lückenlos nachweisen.“
Die Staatsanwaltschaft Innsbruck hat bis dato offenbar nur Fehler auf der Ebene des Landes Tirol untersucht, und auch bisher nur unter Ausklammerung von Landeshauptmann Platter, hat aber Fehler auf der Ebene der Bundesregierung bisher überhaupt nicht berücksichtigt. Es wäre daher sinnvoll gewesen, so Kolba, die Ermittlungen auch auf Ex-Bundeskanzler Kurz, Ex-Gesundheitsminister Anschober, Innenminister Nehammer und die in diesen Ministerien jeweils verantwortlichen Beamten sowie Landeshauptmann Platter auszudehnen. Das ist bislang nicht passiert.

Peter Kolba, Obmann des Verbraucherschutzvereines: "Ich habe den Eindruck, dass hier ein Behördenskandal weitgehend vertuscht werden soll." | Foto: VSV
  • Peter Kolba, Obmann des Verbraucherschutzvereines: "Ich habe den Eindruck, dass hier ein Behördenskandal weitgehend vertuscht werden soll."
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Gerade zu der überstürzten und chaotischen Abreise tausender Gäste am Freitag, 13. März 2020, die durch die Erklärung des – dafür unzuständigen – Ex-Bundeskanzlers Kurz ausgelöst wurde und tausende Infektionen verursachte, gibt es wenige schriftliche Unterlagen. Daher müsste man zu den Umständen, wie es zu diesem Abreisechaos kam, die damaligen Mitglieder der Bundesregierung unter Wahrheitspflicht als Zeugen hören.

"Ich habe den Eindruck, dass hier ein Behördenskandal weitgehend vertuscht werden soll,“

kritisiert Kolba. „Der VSV wird aber alles in seiner Macht Stehende tun, um das Multiorganversagen der Behörden im Fall Ischgl sowohl im Rahmen der vom VSV unterstützten, beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien anhängigen Amtshaftungsklagen als auch im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Innsbruck aufzudecken.“

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FPÖ: Keinen moralischen Freispruch für Behörden und Land Tirol

Bestätigt in seiner Ansicht sieht der Tiroler FPÖ-Landesparteiobmann KO LAbg. Mag. Markus Abwerzger nun die Einstellung der Ermittlungen in der Causa Ischgl: „Ich habe immer gesagt, strafrechtlich wird eher nichts hängen bleiben. Zu 90 Prozent war Ischgl nämlich ein Kommunikationsdesaster“, so Abwerzger, der aber keinen moralischen Freispruch für Behörden und Land Tirol sieht:

„Es braucht faire Entschädigungen für die Opfer und Angehörigen, die aufgrund des Nichtagierens der Behörden Schaden erlitten haben. Man muss mit den Opferfamilien und den Opfern in den Dialog treten, nicht vor Gericht ziehen.“

Tirols FPÖ-Landesparteiobmann Markus Abwerzger:  „Man muss mit den Opferfamilien und den Opfern in den Dialog treten, nicht vor Gericht ziehen.“ | Foto: Baumgartl
  • Tirols FPÖ-Landesparteiobmann Markus Abwerzger: „Man muss mit den Opferfamilien und den Opfern in den Dialog treten, nicht vor Gericht ziehen.“
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Platter: "Berichte haben nichts mit der Realität zu tun"
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