15. Galtürer Almbegegnung
Nach der Krise: "Überall etwas weniger ist vielleicht mehr"
GALTÜR (otko). Das Thema "Kuhrona – Der ländliche Raum nach der Krise" wurde bei der Galtürer Almbegegnung kontroversiell diskutiert. ReferentInnen und Publikum tauschten dabei ihre persönlichen Erfahrungen und Gedanken für die Zukunft aus.
Kultiviertes Streitgespräch
Zur bereits 15. Auflage der Galtürer Almbegegnung wurde am Vorabend der 27. Internationalen Almkäsepolympiade ins Alpinarium Galtür geladen. Geschäftsführer Bgm. Hermann Huber freute sich unter der Einhaltung der 3G-Regel über einen gut gefüllten Saal. Eine Expertenrunde unter der Moderation von Markus Schermer (Universität Innsbruck, Institut für Berglandwirtschaft) diskutierte beim kultivierten Streitgespräch zum Thema "Kuhrona – Der ländliche Raum nach der Krise".
Stärkerer Druck auf ländlichen Raum
Die Corona-Krise hat unseren gewohnten Alltag erschüttert. Welche Lehren und Strategien können wir für eine umfassende Neuordnung der Entwicklung des ländlichen Raums ziehen.
"Wir müssen unser Tun hinterfragen, sonst fahren wir bei der nächsten Krise wieder an die Wand. Es geht um nicht nur um den Lebensstandard, sondern die Lebensqualität. Die Zukunft – Klimawandel und Demographie – wird einen noch stärken Druck auf den ländlichen Raum bringen",
stellte Johann Stötter vom Institut für Geographie der Universität Innsbruck fest.
Für LHStv. Ingrid Felipe sind während der Pandemie der Druck und die Nutzungskonflikte gestiegen. Dies zu managen brauche eine Kooperation zwischen Landwirtschaft, Tourismus und Naturschutz.
"Die Digitalisierung und das Homeoffice wirken auch Verkehrs-reduzierend. Nach der Urbanisierung gibt es erstmals wieder einen Gegentrend. Wir dürfen hier aber nicht die gleichen Fehler machen und die Probleme in den ländlichen Raum exportieren. Hier braucht es klare Richtlinien, um der Zersiedelung vorzubeugen und Leerstände in den Dörfern zu aktivieren."
Trend zu Regionalität und Direktvermarktung
LK-Kammerdirektor Ferdinand Grüner betonte, dass sich im Zuge der Krise ein klarer Trend hin zur regionalen Produktion und mehr Direktvermarktung gezeigt hat. "Die Bauern sind systemrelevant. Es fehlten aber die Erntehelfer und die Gastronomie als Absatzmarkt." Es brauche jetzt aber Innovationen und diese müsse man zulassen.
"Wir würden gerne auf Förderungen verzichten, dann muss aber der Preis für die bäuerlichen Produkte passen. Die Natur wollen alle nutzen, aber die Produkte kaufen die Leute lieber billiger beim Diskonter."
Gerade bei der Lebensqualität gelte es aufzupassen. Es muss auch für die nächste Generation erstrebenswert sein, einen Hof zu übernehmen.
Vorteile der Digitalisierung nutzen
Angelika Schwarzmann, Bürgermeisterin von Alberschwende (Vorarlberg), zeigte sich froh, dass sie in solch einer Gesundheitskrise am Land leben darf.
"Während des Lockdowns haben wir gesehen, wie wenig wir eigentlich für das tägliche Leben brauchen würden. Die Leute haben auch einen anderen Umgang bekommen. Es braucht aber auch weiterhin diese Achtsamkeit und die Toleranz."
Als Bürgermeisterin verwies auf die Vorteile der fortschreitenden Digitalisierung. Für die Stärkung der Regionalität gelte es aber Kreisläufe zu schließen und die Transportwege zu verkürzen.
Mathias Oswald, Projektleiter des "digitalen Alpendorfs" in Bayern, war bei der Diskussion digital zugeschaltet. Trotz aller positiven Auswirkungen der Digitalisierung auf den ländlichen Raum sei diese aber kein Allheilmittel.
Mehr Nachhaltigkeit und mutige Entscheidungen
Norbert Gleirscher von der Lebensraum Tirol Holding betonte, dass es gerade beim Tourismus Grenzen beim Wachstum gebe und es im Gegenzug aber eine Steigerung bei der Wertschöpfung brauche. "Corona ist ein Impulsgeber und Katalysator für einen nachhaltigen Umbau der Wirtschaft."
LHStv. Felipe ergänzte, dass die Politik Rahmenbedingungen schaffen muss, wo ein Großteil der Leute mitgehen kann.
"Dafür braucht es mutige und wenn nötig auch unpopuläre Entscheidungen. Der Egoismus und die Unersättlichkeit führt alle Menschen in den Abgrund."
Einen pointierten Schlusssatz lieferte Ferdinand Grüner: "Überall etwas weniger ist vielleicht mehr."
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