Kärntner Bräuche
Zocklwerfen und Bettstattltreten

- Im Winter begann für die Landbevölkerung die Zeit, in der sich das Leben in der Stube abspielte. Bereits vor der Wintersonnwende beginnt im Kärntner Brauchtum eine mysteriöse, mystische, von Geistern und Dämonen geprägte Zeit.
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Mit dem Winter begann für die Landbevölkerung die Zeit, in der die Stube in den Lebensmittelpunkt trat. Die Arbeiten im Freien ruhen und der Bauer samt Familie ist ganz ans Haus gebunden. In dem sich zu Ende neigendem Jahr fanden die Menschen die Zeit, um sich mit den Geschichten ihrer Zeit zu beschäftigen. In der oft verklärten Winterzeit mit all seinen Entbehrungen und Mühen nahmen so viele der noch heute gepflogenen Bräuche ihren Anfang.
KLAGENFURT. In Kärnten – wohl auch aufgrund seiner geografischen Lage – gibt es zum Jahresende hin bis in den Anfang des neuen Jahres zahlreiche Bräuche in Form von Musik, Lieder, Handwerk oder traditionellem Essen und Trinken. Bereits vor der Wintersonnwende beginnt im Kärntner Brauchtum eine mysteriöse, mystische, von Geistern und Dämonen geprägte Zeit. „Der Kärntner ist ein für Brauchtümer sehr empfänglicher Mensch“, erklärt der Brauchtumsexperte Wolfgang Lattacher. „Schon seit jeher betrachten die Kärntner die Pflege der Bräuche als eine Art Seelennahrung, etwas, was der Seele und dem Gemüt guttut. Das trifft im Besonderen in der Weihnachtszeit zu.“

- Wolfgang Lattacher gilt als der Brauchtumsexperte in Kärnten.
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Zocklwerfen
Eine sogenannte „Losnacht“ ist die Andreasnacht, die Nacht zum 30. November. Nach altem Volksglauben ist diese Nacht besonders gut dazu geeignet, den ersehnten künftigen Ehepartner an sich zu binden oder zunächst herauszufinden, wer es denn sein wird. „Die unverheirateten Mädchen warfen ihre Schuhe, die „Zockl“ in Richtung Stubentür. Blieb der Schuh mit der Spitze in Richtung Türe liegen, bedeutete dies, dass das Mädchen noch im selben Jahr heiraten wird“, erklärt Wolfgang Lattacher.
Bettstattltreten
Ein weiterer Versuch, einen Blick in die eigene Zukunft zu erhaschen, war das Bettstattltreten. „Nach dem Beten von drei Vaterunser sprachen die Mädchen: Bettstattl i tritt di, Andreas i bitt di, lass mir beim Träumen mein Liebsten erscheinen“, erzählt der Brauchtumsexperte. „Im Traum sollte dann der Auserkorene erscheinen.“
Kirschzweig
Ein ähnliches Ziel verfolgt der Brauch am 4. Dezember, dem Barbaratag. Noch vor Sonnenaufgang müssen frisch abgeschnittene Kirschzweig in der Küche aufgestellt werden. Blühen diese bis zum Heiligen Abend, dann wird es im kommenden Jahr eine Hochzeit in der Familie geben. Unverheiratete Mädchen geben jedem Zweig einen Namen. Jener Name, dessen Zweig am Heiligen Abend zu blühen begann, galt als der auserwählte zukünftige Ehemann.
Die Rauhnächte
Ganz eng ist die Verbindung mit Aberglauben und Brauchtum während der sogenannten Rauhnächten. In den Tagen zwischen der Thomasnacht, die Nacht auf den 21. Dezember, und dem 6. Jänner, dem Dreikönigstag, soll – so der Volksglaube – die Verbindung zwischen dem Jenseits und der Welt der Lebenden besonders stark sein. Bestens geeignet sollen diese Tage zum Traumdeuten sein, um Orakel zu befragen oder zu räuchern. Die Zeit der Rauhnächte ist auch die Zeit der Perchten.
Krampus und Percht
Nicht ganz so glücklich ist Wolfgang Lattacher mit der Entwicklung des Brauchtums in Punkto Krampus und Perchten. „Grundsätzlich bin ich sehr froh, dass sich so viele – vor allem junge – Menschen für die Brauchtumspflege begeistern können. Bräuche sollten nicht unbedingt dem Gelderwerb zuliebe gepflegt werden. Der Nikolaus sollte – wenn überhaupt – gemeinsam mit dem Krampus am 5. Dezember die Kinder besuchen. Fehl am Platz sind hier Perchten. Ihre Zeit beginnt erst mit der Thomasnacht. Der Krampus wird mit den Kindern in Verbindung gebracht. Die Perchten sollen den Winter und die bösen Geister vertreiben, sie haben also mit den Kindern nichts zu tun. Wobei man aber nicht zu streng sein darf, man könnte die Perchten ja zum Beispiel als Gäste des Nikolaus betrachten.“ Besonders positiv sieht Lattacher die Bemühungen der zahlreichen Krampus- und Perchtengruppen, sich ernsthaft mit dem Brauch auseinanderzusetzen. Zur reinen Belustigung wird der Brauch, so der Experte, seltener gepflegt.
Unheil abwenden
Ebenfalls ein weit verbreiteter Brauch in den Rauhnächten ist das Räuchern. Um Haus, Mensch und Tier vor Unheil zu schützen, werden Harze und verschiedene Heilpflanzen und Kräuter in Schalen verräuchert und in jeden Raum – egal ob Wohnhaus oder Wirtschaftsgebäude – getragen. Kombiniert mit speziellen Gebeten soll die Schutzwirkung des Rauches noch verstärkt werden.
Mehr Jungend
„Es gibt in Kärnten zahlreiche, teilweise bereits fast vergessene, Bräuche. Mich persönlich freut es sehr“, so Wolfgang Lattacher, „dass die Pflege des Kärntner Brauchtums auch für immer mehr jüngere Menschen interessant geworden ist. Statt „Freunde“ auf Facebook geht der Trend wieder stärker zu echten Freunden im echten Leben und das ist gut so.“



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