Kühner Vorstoß
Angelt sich Poggersdorf begehrten Millionen-PVZ-Deal?
Marktgemeinde Poggersdorf fordert die Errichtung eines Primärversorgungszentrums in ihrer Gemeinde. Bürgermeister Arnold Marbek: "Müssen gesundheitliche Versorgung sichern." Gesundheitsreferentin Beate Prettner spricht laut neuem Strukturplan von fünf neuen PVZ.
KÄRNTEN, POGGERSDORF. Mit einer kühnen Forderung lässt Poggersdorfs Bürgermeister Arnold Marbek (SPÖ) aufhorchen. "Wir können uns vorstellen, dass bei uns ein PVZ (Anm.: Primärversorgungszentrum) errichtet wird", sagt Marbek.
Ein Kassenarzt für mehr als 3.000 Einwohner
Die Marktgemeinde fordert ohnehin seit 2016 eine zweite Kassenarztstelle. Vor drei Jahren kam es zu Beginn der Pandemie zu einer kurzzeitigen medizinischen Unterversorgung: Der einzige praktizierende Kassenarzt, Gerhard Kubelka, musste in Quarantäne, seine Ordination wurde vorübergehend behördlich geschlossen. Die Aufregung war groß.
Gründe wären im Gewerbegebiet vorhanden
"Dr. Kubelka ist ein ausgezeichneter Arzt, er hat aber so viele Patienten, dass sie oft bis ins Stiegenhaus stehen", sagt Marbek. Argumentiert wird zudem mit der Größe der Gemeinde sowie mit den rund 1.000 Beschäftigten im Gewerbepark Poggersdorf. Dort soll auch das PVZ seinen Standort finden. "Wir haben ausreichend Gründe und haben mit einem Grundstücksbesitzer gesprochen, der sich bereit erklärt diese Gründe zu verkaufen. Mit einem PVZ Ost würden rund 10.000 Menschen eine Gesundheitsversorgung erhalten", so Marbek.
Positive Bilanz der Betreiber
Vor zwei Jahren wurde in Klagenfurt das erste PVZ – das Medineum – in der St. Veiter Straße 161 eröffnet. Ein dreiköpfiges Ärzteteam sowie Zusatzangebote wie Diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegekräfte, Ergo- und Physiotherapeuten, Sozialarbeiterin und Apotheke sorgen für ein breites Angebot. Der Arzt Manuel Treven zieht durchaus eine positive Bilanz. Er sieht die PVZ als Ergänzung zu den anderen Ordination und hofft, dass weitere entstehen. Für die verlängerten Öffnungszeiten benötige man jedoch auch mehr Personal und die Organisation eines PVZ hat einen höheren Organisationsaufwand, verglichen mit einer Kassenarztstelle.
Fünf neue PVE am Plan
Kärntens Gesundheitsreferentin Beate Prettner (SPÖ) steht hinter dem Konzept der PVZ. "Sie stärken den niedergelassene Bereich, sie machen ihn für Patienten und Ärzte und andere Gesundheitsberufe attraktiver. Und sie entlasten unsere Spitalsambulanzen", so Prettner. Was hält sie nun vom Vorschlag eines neuen PVZ im Osten von Klagenfurt in Poggersdorf? "Im Kärntner Regionalen Strukturplan Gesundheit (RSG) sind für die Versorgungsregion Ost drei PVE bis 2025 fixiert; eines davon könnte – wenn sich dafür die notwendigen Ärzte finden – durchaus in Poggersdorf entstehen. In Summe sollen bis 2025 fünf PVE in Kärnten realisiert sein", führt die Gesundheitsreferentin aus. Das Land Kärnten unterstützt die PVE mit einer Summe von 1,2 Millionen Euro.
Ärztekammer kritisiert PVZ-Modell
Der Bund gibt beim Ausbau die Stoßrichtung vor. Immer wieder gibt es Querschüsse seitens der Ärztekammer Kärnten. Deren Präsident Markus Opriessnig befürchtet, dass Kassenärzte ins Abseits gedrängt werden, und warnt davor, dass PVZ nicht als Allheilmittel missverstanden werden dürfen. Poggersdorf hofft jedenfalls auf den Ausbau der Gesundheitsversorgung in ihrer Gemeinde. "Ich habe Gespräche mit Ärzten geführt, die sich bereit erklären würden. Gerade für weibliche Ärzte, die Beruf und Familie unter einen Hut bringen wollen, bieten sich diese Gesundheitsversorgungszentren an", so Marbek.
Landärzte vs. PVZ
Man dürfe die PVZ, oder auch PVE, nicht als "Allheilmittel anpreisen", wetterte Ärztekammerpräsident Markus Opriessnig gegen die neuen Gesundheitszentren. Jeder Landarzt sei ja für sich eine Versorgungseinheit, gerade im ländlichen Bereich.
Säule der Versorgung
Die lang gewünschte und nötige Reform des Gesundheitswesens machte neue Ansätze jedoch unausweichlich. Eine Säule davon bilden die Gesundheitszentren. Der weitere Ausbau dieser ging in den letzten Jahren schleppend vonstatten. Das Bundesgesetz zur Realisierung von PVZ war extrem kompliziert und komplex. "Im Nationalrat wurde am 6. Juli jedoch eine Novelle beschlossen. Damit wird die Errichtung entsprechender Einheiten erleichtert", erklärt Beate Prettner.
Neue Gesundheitsberufe
Neu ist etwa, dass nicht nur Ärzte, sondern auch andere Gesundheitsberufe Gesellschafter einer PVZ werden können. Ärzte müssen aber immer 50 Prozent am Kapital der Gesellschaft halten. Ermöglicht werden auch Kindermedizineinrichtungen. Die Gesundheitsreferentin sieht in den PVZ eine Entlastung der überlasteten Spitalsambulanzen.
Neues Steuerungsgremium
"Die Gesundheitsreferenten haben kein Eingriffsrecht – es geht um Verträge zwischen Ärzten und Sozialversicherung", betont Prettner. Damit der Ausbau dennoch nicht gebremst wird, hat Prettner ein Steuerungsgremium eingerichtet, das finanzielle bzw. strukturelle Unterstützungen zur Umsetzung von PVZ forciert. Für die neue Art der Gemeinschaftspraxis müssen sich jedoch Ärzte finden.
Hohe Finanzhilfen
Als Startfinanzierung erhalten Gesellschafter 1,2 Millionen Euro vom Land. Seitens des Bundes gibt es eine Förderung in der Höhe von 100.000 Euro. Der weitere Ausbau von zwei weiteren PVZ in der Region Ost soll bis 2025 umgesetzt werden. Der Standort hängt einerseits von den potenziellen Interessenten, andererseits von der ÖGK ab.
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