Diana Budisavljević
Kinderretterin bekommt Kindergarten in Innsbruck
In Innsbruck wird nun nach sechs Jahren nachdem der Beschluss dazu im Kulturausschuss beschlossen wurde endlich ein Kindergarten nach Diana Budisavljević, eine gebürtige Tirolerin (Obexer), die im Zweiten Weltkrieg über 10.000 mehrheitlich serbische Kinder vorm Völkermord rettete, benannt. Erfreulich ist auch, dass dieser Kindergarten nicht mehr den Namen des Nazi-Arztes Burghard Breitner tragen wird.
Die Verantwortlichen der Stadt Innsbruck verdienen dafür jegliches Lob.
Ein Wehmutstropfen besteht leider dennoch: im offiziellen Informationsblatt der Stadt Innsbruck „Innsbruck informiert“ wird die ethnische Zugehörigkeit der Kinder nicht erwähnt. Aber das wäre hier gerade der springende Punkt, da die faschistischen Täter gerade wegen der ethnischen Abstammung die Kinder in Konzentrationslager internierten.
Hierzu unsere Stellungnahme dazu, die wir gestern Abend an die Mitglieder des Stadtsenats und des Kulturausschusses der Stadt Innsbruck geschickt haben:
Sehr geehrte Mitglieder des Stadtsenates der Stadt Innsbruck,
sehr geehrte Mitglieder des Kulturausschusses der Stadt Innsbruck,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
wie Sie bereits wissen, beschäftigt sich der Serbisch Orthodoxe Jugendverein Innsbruck (SPOJI) seit 2010 im Rahmen der Erinnerungskultur mit dem Thema Diana Budisavljević. Deshalb freut es uns umso mehr, dass nun beschlossen wurde, dass der städtische Kindergarten in der Burghard-Breitner-Straße umbenannt wird und künftig „Städtischer Kindergarten Reichenau Ost. Diana Budisavljević“ heißen wird.
Wir finden, dass Sie hier wirklich sehr gute Erinnerungsarbeit geleistet haben, denn es gehört auch die nötige Courage dazu den Kindergarten, der nach dem nationalsozialistischen Arzt Burghard Breitner benannt war, nach der Innsbrucker Kinderretterin, Diana Budisavljević (geb. Obexer) zu benennen und zugleich die Straßenbezeichnung nach Breitner mitsamt der Zusatzbeschilderungen, die seine menschenverachtenden Taten erklären, bestehen zu lassen. So schafft man eine gelungene Auseinandersetzung mit der Geschichte des Zweiten Weltkriegs und ebnet den Weg für eine gelungene Erinnerungskultur.
Wir begrüßen ebenso die richtige Schreibweise des Namens von Diana Budisavljević, der an der Eingangsbeschilderung des Kindergartens geplant ist, da das die einzige Schreibweise ist, die auch Diana, nach ihrer Heirat mit Dr. Julije Budisavljević verwendet hat, obwohl es sicherlich auch nicht falsch wäre den Zusatz „geb. Obexer“ hinzuzufügen. So steht es auch auf ihrem Grabstein am Innsbrucker Westfriedhof geschrieben. Dass man „Budisavljević“ mit einem Akut über dem „c“ schreiben will, freut uns auch, denn oft wird dieser weggelassen, was im Fall der meisten ex-jugoslawischen Namen falsch ist. Für viele ist das eine Kleinigkeit, doch für uns, die schon die dritte oder sogar vierte Generation in Österreich darstellen, ist es von großer Bedeutung und zeugt von großer Akzeptanz, denn auch wir sind vor allem Österreicherinnen und Österreicher und wollen uns in unserer neuen Heimat emanzipieren und auch akzeptiert fühlen.
Diese Punkte freuen uns sehr und wir gratulieren Ihnen an dieser Stelle für eine gelungene Arbeit und eine erfolgreiche Gestaltung unserer Stadt Innsbruck im Zeichen des Friedens und der Menschlichkeit.
Auf der anderen Seite bekümmert es uns sehr, dass im Text zur Kindergartenumbenennung, der heute im Organ des Innsbrucker Stadtmagistrats „Innsbruck informiert“ erschienen ist (siehe: https://www.ibkinfo.at/umbenennung-kg-reichenau), mit keinem einzigen Wort erwähnt wird, dass es sich dabei um tausende hauptsächlich serbische Kinder gehandelt hat, die Diana rettete. Fast alle von uns erinnern uns noch sehr gut an die Diskussion, über den Text für die geplante Gedenktafel für Diana Budisavljević am Obexer-Haus in der Maria-Theresien-Straße, die immer noch aktuell ist. Ende Mai dieses Jahres haben wir Ihnen ein ausführliches Schreiben, mit Anhängen von Personen und Institutionen, die Experten zum Thema „Aktion Diana Budisavljević“ und Erinnerungskultur sind, geschickt.
Darin bestätigten die kroatische Historikerin Dr. Nataša Mataušić (seit 1999 Vorstandsmitglied und vormals langjährige Präsidentin der Gedenkstätte Jasenovac) und der serbische Historiker Dr. Milan Koljanin (Institut für Zeitgeschichte in Belgrad) sowie das Museum für Genozidopfer in Belgrad, dass Diana vorwiegend serbische und zwei kroatische Kinder gerettet hat. Weiters bestätigen darin Experten der Erinnerungskultur sowie Zeitzeugen, darunter Herr Mag. Andreas Baumgartner (Vorsitzender Internationales Mauthausen Komitee), Herr Wilhelm Kuehs (Autor des ersten deutschsprachigen Buches über Dianas Aktion – „Dianas Liste“), Frau Jelena Radojčić und Herr Dušan Jerinić (beide als Kinder von Diana vor dem sicheren Tod gerettet) sowie die Vereinigung der Lagerinsassen des KZ Jasenovac, dass man im Zusammenhang mit der Rettungsaktion von Diana Budisavljević stets die Opfer und ihre Herkunft benennen sollte, da ansonsten ein wichtiger erinnerungskultureller Aspekt nicht zur Gänze abgedeckt wäre und man so weder Diana noch den Opfern die würdige Empathie schenken würde.
Am Ende sei zu erwähnen, dass wir nicht wollen, dass ein falscher Eindruck entsteht bei dem wir „die Serben“ als einzige und „ewige“ Opfer darstellen wollen. Ganz im Gegenteil geht es uns darum, dass ein Prinzip der modernen Erinnerungskultur berücksichtigt wird. Dieses lautet, dass man klar und deutlich sagen soll wer die Opfer waren. Auf dem Gebiet des heutigen Kroatiens, Bosnien und Herzegowinas und Nordserbiens bestand durch Hitlers Gnaden und die Unterstützung des NS-Apparats, dessen Teil auch zahlreiche Österreicher waren, der sogenannte Unabhängige Staat Kroatien. Dieser setzte durch sein faschistisches Regime eine grausame Rassenpolitik um und errichtete Todeslager, in denen hunderttausende Juden, Roma-Sinti und Serben einem Völkermord zum Opfer fielen. Diana hatte das Glück, dass sie zumindest die Erlaubnis bekam serbische Kinder aus den Todeslagern zu transportieren. So rettete sie über 10.000 serbische Kinder und durch Stjepan Dumić (Direktor Caritas) und ihren früheren Unterstützer Dr. Marko Vidaković, wurden, wie sie in ihrem Tagebuch schreibt, auch zwei kroatische Kinder gerettet.
Erlauben Sie uns in diesem Zusammenhang eine Parallele zu ziehen. Stellen Sie sich vor, wie z.B. unsere jüdischen MitbürgerInnen reagieren würden, wenn unsere Institutionen kontinuierlich die Tatsache außer Acht lassen würden, dass die Opfer des Holocausts Juden waren. Eben da liegt bei einer modernen Erinnerungskultur der kritische Punkt. Denn wenn man die Opfer nicht beim Namen nennt, haben letztendlich die Täter gewonnen, die zum Ziel hatten die Identität der Opfer für immer auszulöschen. Wir wollen damit darauf hinweisen, dass die erinnerungskulturellen Prinzipien, die bei Opfern anderer Herkunft, wie z.B. jüdischer, roma-sinti und armenischer, Geltung finden auch in diesem Fall für serbische Opfer berücksichtigt werden sollen. Darüberhinaus haben viele von uns Verwandte, die in Todeslagern wie Jasenovac oder anderorts dem Völkermord zum Opfer gefallen sind. Natürlich haben wir deshalb auch ein emotionales Bedürfnis unseren Unmut zum Ausdruck zu bringen und uns gegen das Vergessen dieser Menschen auszusprechen.
In der Hoffnung, dass Sie Verständnis für unsere Reaktion und Bedenken haben, bitten wir Sie in Zukunft die Herkunft der geretteten Kinder nicht außer Acht zu lassen und die erinnerungskulturelle Wichtigkeit und die Empathie gegenüber den Opfern dadurch zu unterstreichen. Wir gratulieren Ihnen nochmals zur Entscheidung den Kindergarten in der Reichenau zum „Diana-Kindergarten“ umzubenennen und wünschen Ihnen viel Kraft und gute Gesundheit in diesen schwierigen Zeiten der Covid-19-Pandemie in der sich wieder zeigt, dass wir uns gegenseitig unterstützen müssen, wenn wir diese Situation zum Wohlbefinden aller Menschen in unserer Heimatstadt Innsbruck meistern wollen.
Hochachtungsvoll und mit freundlichen Grüßen,
Vorstand des Serbisch Orthodoxen Jugendvereins Innsbruck - SPOJI
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