Regierungsklausur und Reaktionen (Video)
Grundbedürfnis Wohnen, das plant das Land

Regierungsklausur des Landes. Im Mittelpunkt das Grundbedürfnis Wohnen | Foto: Land Tirol
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"Grundbedürfnis Wohnen" lautet das Schlagwort der Regierungsklausur. Die Landesregierung setzt mit ihrem Fahrplan für die kommenden Jahre auf das Thema "Wohnraum mobilisieren". Ausweitung „Sicheres Vermieten“, Fokus Nachverdichtung, Baulandmobilisierungsabgabe, Novelle der Leerstandsabgabe, Prüfung Veräußerungsverbot und verpflichtende Vertragsraumordnung stehen im Fokus.

INNSBRUCK. Im Rahmen der Frühjahrsklausur am Bildungsinstitut Grillhof in Vill hat die Tiroler Landesregierung den weiteren Fahrplan für die kommenden Jahre im Bereich des Wohnens festgelegt.

„Wohnen ist ein wesentliches Grundbedürfnis für jede Tirolerin und jeden Tiroler. Um leistbaren Wohnraum bedarfsgerecht zugänglich zu machen, sind steuernde Maßnahmen seitens der öffentlichen Hand notwendig. Dabei verfolgt das Land Tirol das Ziel, den Wunsch der Tirolerinnen und Tiroler nach Mietobjekten und Wohnungseigentum bestmöglich zu unterstützen“, ist sich die Regierungsspitze mit LH Anton Mattle und LHStv Philip Wohlgemuth einig.

Präsentation der Ergebnisse der Regierungsklausur: LHStv. Philip Wohlgemuth, LH Anton Mattle und LHStv. Josef Geisler | Foto: Land Tirol
  • Präsentation der Ergebnisse der Regierungsklausur: LHStv. Philip Wohlgemuth, LH Anton Mattle und LHStv. Josef Geisler
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Aufbauend auf bereits beschlossenen Initiativen sowie der von der Universität Innsbruck ausgearbeiteten Wohnbedarfsstudie soll Wohnraum mobilisiert, Spekulation verhindert und bedarfsgerecht gebaut werden. „Eigentum ist ein hohes Gut. Mir ist es wichtig, dass junge Tirolerinnen und Tiroler eine Chance haben, sich selbst etwas zu schaffen. Die eigenen vier Wände sind eine Sicherheit und eine Perspektive. Es gilt, steuernde Maßnahmen zu ergreifen und fest darauf zu achten, dass jene, die sich selbst etwas geschaffen haben, nicht bestraft werden. Deshalb setzt die Tiroler Landesregierung beim Grundbedürfnis Wohnen auf Vernunft und Weitsicht“, gibt LH Mattle die Zielrichtung vor.

LH Anton Mattle | Foto: Land Tirol

Grundbedürfnis

Wohnbaureferent LHStv Wohlgemuth betont: „Leistbarer Wohnraum ist ein Grundbedürfnis. Es braucht gezielte Maßnahmen, um einerseits den Zugang zu Wohnraum zu erleichtern und andererseits hohe Wohnkosten abzufedern – insbesondere für junge Familien und Menschen mit geringeren Einkommen. Dabei setzen wir auf das bewährte Instrument der Wohnbauförderung, auf eine zukunftsorientierte Raumordnung, sowie effektivere Leerstandsmobilisierung. Nur so stellen wir sicher, dass Wohnen in Tirol auch langfristig leistbar und lebenswert bleibt.“ Der zuständige Wohnbaureferent wird die nächsten Schritte gemeinsam mit dem Raumordnungsreferenten, LHStv Josef Geisler, ausarbeiten. „Mit der Raumordnung regeln Land und Gemeinden, wie und wohin sich Tirol entwickelt. Wir haben das gemeinsame Ziel, dass wir Spekulation und Preistreiberei verhindern. Bei allen Maßnahmen muss Rücksicht auf die Eigentumsrechte und den Eigenbedarf genommen werden. Wir werden die Ausarbeitung in enger Abstimmung mit allen wesentlichen Stakeholdern vornehmen. Grundeigentümer sind unsere Partner, nicht unsere Gegner. Hier sehe ich mich als Garant für einen sparsamen Umgang mit Grund und Boden, den Schutz der Eigentumsrechte und des Eigenbedarfs“, erklärt LHStv Geisler.

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Drei Themenbereichen

1. Mobilisierung von Wohnraum
Der Fokus liegt auf der effizienten Nutzung von bestehendem Wohnraum, um neben dem Grundbedürfnis Wohnen auch auf den sparsamen Umgang mit wertvollem Grund und Boden zu achten.

Ausweitung „Sicheres Vermieten“: Um einen Anreiz für das Vermieten von leerstehendem Wohnraum zu schaffen, wird das Projekt „Sicheres Vermieten“ ausgeweitet. Durch diese Initiative werden leerstehende Wohnungen zur Vermietung aktiviert. Das Land Tirol unterstützt private Vermieterinnen und Vermieter bei der Mobilisierung von Wohnraum in Tirol, der Schwerpunkt liegt darin, Unsicherheitsfaktoren, Risiken, Ängste und Verwaltungsarbeiten zu nehmen und im Gegenzug Sicherheiten, technische, rechtliche und administrative Dienstleistungen zu bieten. Das Projekt „Sicheres Vermieten“ geht nun von der Pilotphase in den Regelbetrieb über. In einem vorausgegangenen Vergabeverfahren ist wiederum die TIGEWOSI (Tiroler gemeinnützige Wohnungsbau- und Siedlungs GesmbH) als Partner ermittelt worden. Daher hat die Tiroler Landesregierung beschlossen, dieses Projekt durch den Tiroler Bodenfonds gemeinsam mit dem Auftragnehmer, der TIGWOSI, flächendeckend umzusetzen. Das Land Tirol startet deshalb unter dem Motto „Vermieten. Ohne Ärger. Ohne Risiko.“ eine Informationskampagne, um leerstehende Wohnungen für das Projekt „Sicheres Vermieten“ zu gewinnen. Informationen zur Initiative finden sich unter www.tirol.gv.at/sicheresvermieten.

Nachverdichtung forcieren: Die Tiroler Landesregierung bekennt sich zum sorgsamen Umgang mit Grund und Boden und sieht daher die zukünftige bauliche Entwicklung im Bereich des Gebäudebestandes in Form von Nachverdichtung und Sanierung. In der Siedlungsentwicklung sollte der Grundsatz „innen vor außen“ weiter verstärkt werden und bei der fachlichen Beurteilung im Rahmen des aufsichtsbehördlichen Genehmigungsverfahren strenger herangezogen werden.

Baulandmobilisierungsabgabe mit Rücksicht auf Eigentumsrechte und Eigenbedarf: Wie im Koalitionsprogramm festgeschrieben, startet die Tiroler Landesregierung den Prozess zur Ausarbeitung eines Modells zur Einführung einer Baulandmobilisierungsabgabe zugunsten der Gemeinden mit dem Ziel gewidmetes, unbebautes und leistbares Bauland zu mobilisieren. In enger Abstimmung mit den Sozialpartnern sowie dem Tiroler Gemeindeverband, der Stadt Innsbruck und weiterer Systempartner wird ein Konzept erarbeitet. Grundlage für die Ausarbeitung des Modells sind vergleichbare Initiativen in anderen Bundesländern und die Erhebung von Erfahrungswerten hinsichtlich der Mobilisierung und der Preisentwicklung bereits eingeführter Modelle Ausgenommen soll insbesondere der Eigenbedarf der EigentümerInnen sowie deren Nachkommen sein. Für die Ausarbeitung des Konzepts werden unter Rücksichtnahme auf Eigentumsrechte jedenfalls folgende Eckpfeiler festgelegt: Der Eigenbedarf der EigentümerInnen sowie deren Nachkommen ist ausgenommen. Grundstücke, die entschädigungslos zurückgewidmet werden, sind nicht von der Abgabe umfasst und sollen im Örtlichen Raumordnungskonzept verbleiben. Gewerbegebiete, betriebliche Erweiterungsflächen und Sonderflächen sind ausgenommen. Grundstücke mit bereits bestehender Vertragsraumordnung, Baulandumlegungsverfahren, aufrechten Bausperren und Bauverboten sind von der Abgabe ausgenommen. Grundstücke von Gemeinden, des Tiroler Bodenfonds, des Landeskulturfonds und von gemeinnützigen Wohnbauträgern sind ausgenommen. Gegenstand der Abgabe ist nur unbebautes Bauland, welches vor dem 1. Juli 2020 als Wohngebiet oder Mischgebiet gewidmet wurde. Entsprechende Widmungen nach dem 1. Juli 2020 sind ohnehin mit einer Befristung versehen. Das Modell soll bis 2026 gemeinsam mit den Sozialpartnern sowie dem Tiroler Gemeindeverband, der Stadt Innsbruck und weiterer Systempartner erarbeitet werden und unter Rücksichtnahme der Eigentumsrechte eine angemessene Übergangsfrist beinhalten.

LHStv. Philip Wohlgemuth | Foto: Land Tirol
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2. Spekulation den Riegel vorschieben
Die Tiroler Landesregierung will Spekulation mit Wohnraum, insbesondere spekulativen Leerstand, verhindern, unterbinden und unattraktiv machen.

Leerstandsabgabe: Die Novelle der Leerstandsabgabe (Tiroler Freizeitwohnsitz‐ und Leerstandsabgabegesetz) wird beschlossen und dem Landtag zur weiteren Behandlung vorgelegt. Um einen Steuerungseffekt zu erzielen, wird die Abgabe deutlich erhöht und die Kontrolle durch die Einführung einer Registerabfrage erleichtert. Künftig können die Gemeinden selbst entscheiden, ob sie eine Leerstandsabgabe einheben. Damit kann auf lokale Gegebenheiten eingegangen und etwa ein Unterschied zwischen Gramais und Innsbruck gemacht werden. Um den spekulativen Leerstand zu treffen und beispielsweise den Eigenbedarf für die eigenen Kinder abgabenfrei zu halten, bleiben die Ausnahmetatbestände bestehen.

Keine Spekulation mit Mitteln der Wohnbauförderung: Die Tiroler Landesregierung spricht sich für die Ausweitung des Veräußerungsverbots für wohnbaugeförderte Wohnungen von acht auf 15 Jahre aus und fordert die entsprechende Änderung der §15a-Vereinbarung auf Bundesebene.

Verpflichtende Vertragsraumordnung bei besonders hohem Wohnbedarf: Die Tiroler Landesregierung bekennt sich zur Einführung einer verpflichtenden Vertragsraumordnung in Gemeinden mit besonders hohem Wohnbedarf. Die Prüfung der rechtlichen und technischen Umsetzung sowie mit der Ausarbeitung eines geeigneten Modells unter enger Einbindung der Sozialpartner sowie des Tiroler Gemeindeverbandes, der Stadt Innsbruck und weiterer Systempartner wird beauftragt.

LHStv. Josef Geisler | Foto: Land Tirol

3. Maßnahmen zielgerichtet setzen

Servicestelle Wohnen: In der Tiroler Landesverwaltung soll mit der „Servicestelle Wohnen“ eine zentrale Anlaufstelle für Gemeinden und Wohnbauträger als One-Stop-Shop bei allen Angelegenheiten rund um die Schaffung von Wohnraum eingerichtet werden. Die Servicestelle übernimmt zudem die Koordination der abteilungsübergreifenden Abstimmung zum Thema Wohnen (Abteilungen Wohnbauförderung, Raumordnung, Grundverkehr und Tiroler Bodenfonds), erarbeitet eine digitale, landesweite Plattform zur Erhebung des Wohnbedarfes und erstellt einen jährlichen Wohnbaubericht.

Vision Zukunft Wohnen in Tirol 2035: Die Wohnbedarfsstudie stellt fest, dass sich der Wohnbedarf und das Wohnverhalten in den nächsten Jahren verändern werden. Darauf aufbauend empfiehlt die Studie die Ausarbeitung der „Vision Zukunft Wohnen in Tirol 2035“, um zielgerichtete Maßnahmen setzen zu können, welche dem Bedarf gerecht werden.
Pilotprojekt Bau mit nachhaltigen Baustoffen zu leistbaren Konditionen: Die Tiroler Landesregierung beschließt, an die gemeinnützigen Wohnbauträger im Einflussbereich des Landes Tirol heranzutreten, damit diese im Rahmen von Pilotprojekten leistbaren Wohnraum mit nachhaltigen Baustoffen schaffen. Diese Best-Practice-Beispiele sollen als Muster für zukünftige Wohnbauprojekte in den Tiroler Gemeinden dienen.

Philip Wohlgemuth, Anton Mattle, Josef Geisler | Foto: Land Tirol
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Neue Abgabe keine Lösung

Die NEOS üben in einer Aussendung Kritik an den Plänen der Landesregierung. „Von der groß angekündigten Regierungsklausur zum Thema Wohnen bleibt lediglich die Ankündigung über, eine neue Abgabe einzuführen. Echte Lösungsansätze vermisst die unter den horrenden Wohnkosten leidende Tiroler Bevölkerung schmerzlich. Dass die nichtssagende Wohnbedarfsstudie des Landes Grundlage für diese nichtssagende Regierungsklausur war, ist wenig verwunderlich“, so NEOS Wohnbau Sprecherin Susanna Riedlsperger.

Eine weitere Abgabe kann für die NEOS nicht die Lösung des komplexen Wohn-Problems sein. „Schon die Leerstands- und Freizeitwohnsitzabgabe haben gezeigt, dass man mit diesen zahnlosen Maßnahmen nichts erreicht. Aber die Landesregierung lässt wenig Möglichkeiten aus, die Bevölkerung mit immer mehr Abgaben zu schröpfen und zu drangsalieren, statt Probleme wirklich anzugehen. Bei der Baulandmobilisierungsabgabe wurden bereits vorab zahlreiche Ausnahmen definiert, noch bevor es überhaupt in die Ausarbeitung geht“, so Riedlsperger.

Für die Abgeordnete ist das fehlende Bauland nicht der Grund für die hohen Wohnkosten: „Statt noch mehr Bauland zu mobilisieren braucht Tirol mehr Anreize für verdichtetes Bauen, um den Bodenfraß endlich zu stoppen. Wir können froh sein, dass nicht auf jedem gewidmeten Bauland auch wirklich gebaut wird, sonst wäre unser Land komplett zubetoniert und zersiedelt.“ Weiters fordert sie eine radikale Entbürokratisierung und Deregulierung im gesamten Wohnbau. „Das Bekämpfen des Wohnproblems nimmt die Landesregierung zum Anlass, um mit der geplanten „Servicestelle Wohnen“ den Verwaltungsapparat noch weiter aufzublasen und mehr Bürokratie zu schaffen. Weitere Schreibtische im Landhaus werden die aktuellen Herausforderungen ganz sicher nicht lösen."

LA Susanna Riedlsperger (NEOS) übt Kritik | Foto: Land Tirol
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