NR-Wahlkampf in Tirol
Gemüsebauern machen auf Probleme aufmerksam

Die Tiroler Gemüseproduzenten stehen vor vielen Herausforderungen. | Foto: MeinBezirk
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Wahlkampfzeit in Tirol. Für zahlreiche Organisationen und Vertretungen die Möglichkeit, aktuelle Probleme mit den politisch Verantwortlichen unter der Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit anzusprechen. Auch die Tiroler Gemüsebauern haben eine Vielzahl an, teilweise seit Jahren, bestehende Probleme.

INNSBRUCK. In Tirol werden jährlich rund 1.200 Hektar für den Gemüseanbau genutzt. Insgesamt werden dabei mehr als 30.000 Tonnen Gemüse produziert, was pro Kopf der Tiroler Bevölkerung über 40 Kilogramm ergibt. Das entspricht einem Selbstversorgungsgrad von etwa 50 %. In der Region werden etwa 70 verschiedene Gemüsesorten angebaut, von Artischocken bis hin zu Zwiebeln. Jährlich erntet man in Tirol mehr als 10 Millionen Bund Radieschen und über 5.000 Tonnen Karotten. Bei Porree und Radieschen weist Tirol die größten Anbauflächen in ganz Österreich aus. Büroleiter Stefan Müßigang jun. vom Gemüseland Tirol schildert gegenüber der MeinBezirk-Redaktion die aktuellen Herausforderungen für die Tiroler Gemüsebauern. 

Konkurrenzsituation

"Obst und Gemüse kann in kurzer Zeit rasch über Ländergrenzen hinweg gehandelt werden. Daher stehen die Tiroler Gemüsebauern ständig in Konkurrenz mit Mitbewerbern aus dem gesamten EU-Raum. Das wäre kein Problem, wenn die Rahmen- und Produktionsbedingungen überall dieselben wären – doch das ist in der Europäischen Union nicht der Fall", erklärt Müßigang einleitend:

"Die Tiroler Gemüsebauern sind im ständigen Austausch mit allen politischen Entscheidungsträgern, den Oppositionsparteien, Gewerkschaften und Kammern. Es geht nicht darum, welche Partei sich den Themen annimmt, es geht darum gemeinsam die Missstände zu beheben."

Personalkosten

Bereits im Jahr 2022 beauftragte das Bundesministerium eine Studie, um die Unterschiede bei den Personalkosten innerhalb der EU zu untersuchen, da Obst- und Gemüsebauern zunehmend Schwierigkeiten hatten, mit ausländischen Produzenten zu konkurrieren. Die Studie zeigt auf, dass es im Bereich der Personalkosten, dem größten Kostenfaktor bei der Produktion von Obst und Gemüse, selbst im Vergleich zu benachbarten Ländern erhebliche Unterschiede gibt. Tiroler Gemüsebauern sehen sich mit etwa 50 % höheren Personalkosten im Vergleich zu ihren Wettbewerbern in Deutschland konfrontiert. In Polen belaufen sich die Bruttokosten pro Arbeitsstunde auf nur etwa € 4,67 (siehe Lohnkostenstudie 2022), während im benachbarten Ungarn mit € 3,16 (siehe Lohnkostenstudie 2022) pro Arbeitsstunde kalkuliert werden kann. Dagegen müssen in Westösterreich mindestens € 19,50 pro Arbeitsstunde einkalkuliert werden. "Ein weiteres großes Problem ist, dass der Nettolohn von Saisonarbeiter unserer Mitbewerber z.B. in Deutschland (trotz 50 % geringer Lohnkosten) um 20 % höher ausfällt als in Österreich. Viele unserer, teilweise langjährigen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entscheiden sich für Arbeitgeber in Deutschland", schildert der Gemüseproduzent die Situation.

Hinter einer erfolgreichen Ernte steht sehr viel Arbeit. | Foto: MeinBezirk
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"Für Saisonkräfte ist der Lohn ein sehr hohes Kriterium und ausschlaggebend für die Arbeitsplatzwahl. Es ist sehr schwierig Stammpersonal zu halten und unmöglich gut gebildete neue Mitarbeiter anzuwerben, da sich diese verständlicherweise für deutsche Arbeitgeber interessieren. Eine Überbezahlung ist aufgrund der Doppelbelastung für die Tiroler Produzenten unmöglich."

Fehlende Förderungen

In allen österreichischen Bundesländern (sowie in allen anderen EU-Mitgliedsstaaten) außer in Tirol werden Investitionen in die Versorgung mit regionalem Obst und Gemüse in Zusammenarbeit mit EU, Bund und Ländern gefördert. Da sich die Tiroler Landesregierung gegen eine solche Förderung ausspricht, fließen auch keine Förderungen an die Tiroler Obst- und Gemüsebauern von Seite der Europäischen Union und Republik Österreich. Es sollte daher eine Verpflichtung gelten, damit die regionalen Tiroler Gemüsebauern nicht von dringend benötigten Geldern durch die eigene Landesregierung ausgeschlossen werden können, fordert Müßigang.

Pflanzenschutzverordnungen

"Die Umwelt muss uns innerhalb der Europäischen Union gleichwertig wichtig sein! Daher kann es nicht sein, dass es verschiedenste Verordnungen im Bereich der Pflanzenschutzmittel gibt und der Einsatz von wichtigen Schutzmitteln in Österreich reguliert und in anderen Mitgliedsländern uneingeschränkt erlaubt ist", erklärt Müßigang eine weitere Problematik: "Fraglich ist, warum Produkte aus anderen EU-Mitliedstaaten, welche mit in Österreich verbotenen Pflanzenschutzmittel behandelt wurden, in Österreich uneingeschränkt verkauft werden können."

Höhen-Retention

"Unsere wertvollen Produktionsflächen bilden die Grundvoraussetzung für den Anbau von regionalem und nachhaltigem Obst- und Gemüse. Verfolgt die Tiroler (Landes-)Politik weiterhin das Ziel, diese essenziellen Flächen als „Überschwemmungsgebiete“ zu missbrauchen, muss ihr bewusst sein, dass sie dadurch nicht nur tagtäglich großen Druck auf die Tiroler Gemüsebäuerinnen und Gemüsebauern ausübt und den heimischen Anbau gefährdet, sondern auch die effizientere Höhen-Retention aus fragwürdigen Gründen eiskalt ignoriert", wird ein weiteres Problem zur Sprache gebracht.

Gewächshäuser

Da die Tiroler Anbauflächen aufgrund der Topografie stark begrenzt sind, Wetterextreme die Freilandproduktion zunehmend gefährden und der Druck nach Wohn- und Gewerbebau stetig steigt, müssen die geringen für den Anbau von Obst- und Gemüse vorhandenen Flächen so gut als möglich genutzt werden. "Durch Gewächshäuser können wir es schaffen, diesem Problem entgegenzutreten, die Saisonen durch den geschützten Anbau zu verlängern und die Versorgung der Tiroler Bevölkerung mit regionalen gesunden Lebensmitteln abzusichern", erklärt Stefan Müßigang abschließend.

Folientunnel bieten Sicherheit für die Gemüsebauern. | Foto: Symbolbild (Pixabay)
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