Innsbrucks neues Kletterzentrum: "Jeder geht mit einem Lächeln raus"
In den letzten Jahren war das neue Innsbrucker Kletterzentrum laufend Thema in der heimischen und internationalen Kletterszene. Diese Art der geballten Trainingsmöglichkeiten, diese Dimensionen kennt keiner. Seit der Übergabe waren schon etliche Profis und begeisterte Kletterlaien zum Trainieren da. Wie der legendäre Betreiber, Reini Scherer, sagt: „Nach einem Besuch gehen alle mit einem Lächeln raus.“
INNSBRUCK. Es hat sich gelohnt, zehn Jahre lang zu warten. Im Nachhinein weiß das Reini Scherer, wenn er an seinem „Lieblingsplatz“ steht und in die neue Halle schaut. Aus dieser Ecke hat er nicht nur den Überblick über die Haupthalle mit seinen zahlreichen Kletterrouten, sondern kann auch das Bistro und den äußeren Boulderbereich sehen. Zum Klettern ist er selbst noch gar nicht gekommen. Dafür gibt es noch viel zu viel zu tun. Was er und sein zirka dreißigköpfiges Team seit der Übergabe im April empfinden: „Wir sind müde und total glücklich“.
365 Tage im Jahr geöffnet
Scherer hat schon die Tivoli-Halle betreut. Trotzdem fiel ihm der Abschied von der alten, viel zu kleinen und engen Halle nicht schwer. Man habe einen neuen Fokus und eine neue Aufgabe. Eine, die viel schöner wäre, als in irgendwelchen Erinnerungen zu schwelgen: Routen müssen in der neuen Kletterhalle an der Sill gebaut werden, Dichtungen fertiggestellt, die Lüftung angepasst und auch der Tagesablauf muss sich erstmal richtig einspielen. Das neue Kletterzentrum ist 365 Tage im Jahr von 9 bis 23 Uhr geöffnet. Das ist auch eine Herausforderung, die es vorher nicht gab.
Auf dem Areal der ehemaligen WUBDruckerei (Wagner‘sche Universitätsbuchhandlung) wird die neue Kletterhalle (offiziell trägt sie den Namen KI: Kletterzentrum Innsbruck) von einer Skater- und Leichtathletikhalle benachbart.
5.700 qm Kletterfläche
Zwei gewaltige Türme begrüßen die BesucherInnen beim Eintritt auf das Gelände. Sie sind Vorboten für das, was kommt, wenn man die Halle betritt. In Kletterkreisen hat das Zentrum schon längst einen passenden Namen: Die Kathedrale. Und darin steckt wenig Übertreibung: Die Wände sind bis zu 17 Meter hoch, es gibt eine Unzahl an Kletterrouten (zirka 500) und die gesamte Kletterfläche beträgt sagenhafte 5.700 qm. Die Tivoli Kletterhalle konnte dagegen nur mit 1.200 qm Kletterfläche aufwarten. Aber vergleichbar ist es nicht, meint Scherer: Das neue Klettermekka sei viel luftiger und jeder – Kinder, Paraclimber, Hobbykletterer und Profis – hat hier seinen Platz.
Kader hat seinen eigenen Bereich
Das kann Jakob Schubert, der kürzlich im KI Staatsmeister geworden ist, nur bestätigen. Er meint: „Es macht enorm Spaß, hier zu trainieren und es ist ein riesiger Motivationspush.“ Es sei nicht so eng, nicht so laut, nicht so hektisch wie die alte Halle. Außerdem habe man viel mehr Raum um mitgestalten zu können. Es gibt eigens Bereiche, die für das Kader (das KI fungiert auch als Bundesleistungszentrum) abgesperrt und indivuell vorbereitet werden können. „Viele Profis waren schon zum Training da. Alle sind aus dem Häuschen“, so Schubert, der fünfmal die Woche selbst an den neuen Wänden seine Griffe übt. Verbesserungspotenzial gibt es – besonders am Anfang – natürlich auch. Erst einmal muss mit der neuen Situation umgegangen werden, um alle Möglichkeiten, die das Zentrum zu bieten hat, auszunutzen.
Besondere Features
Das Kletterzentrum ist auf dem modernsten Stand der Technik. Schließlich wurde auch ordentlich dafür gezahlt: Die Kosten belaufen sich auf 12 Millionen Euro, welche Stadt, Land und Bund kofinanziert haben. Jede Annehmlichkeit konnte erfüllt werden. Über 15 verschiedene Hersteller liefern die Klettergriffe, aber auch der Boden ist etwas Besonderes: Wie im Innen-, so auch im Außenbereich ist es ein spezieller Sicherheitsboden. Er federt leicht unter den Füßen und soll einen eventuellen Sturz abschwächen. Außerdem muss man nicht mehr sozial sein, um Klettern gehen zu können: Mit automatischen Sicherungsgeräten kann jeder alleine trainieren. Außergewöhlich ist auch die Belüftung: Da Kletterer Magnesium nutzen, um einen besseren Griff zu haben, ist die Lüftung von unten, also am Boden, eingebaut. Somit fliegt der weiße Staub nicht durch den ganzen Raum. Scherer ist sich sicher: „Die Kletterhalle setzt international neue Maßstäbe für die Zukunft des Hallenbaus. Unser Vorteil ist es, dass Innsbruck diese Zukunft schon hat.“
Lokalaugenschein
Auch an einem heißen Dienstagvormittag ist die Kletterhalle nicht leer. Einige Jugendliche bouldern draußen, eine kleine Familie klettert am Turm (daneben der Kinderwagen), ein Mann trainiert alleine mit einem speziellen Sicherungsgerät in der Halle und „Speedkletterer“ kämpfen gegeneinander, um am schnellsten die Route hinaufzukraxeln. Der Vorraum ist gleichzeitig ein Bistro, an den Wänden hängen Riesenplakate von Kletterprofis, die spektakuläre Moves am Stein vollbringen. In der riesigen Halle fallen die zehn bis zwölf Kletterer gar nicht auf. Daneben befindet sich, wie ein Aquarium, das kleine Areal für Kinder. Scherer schwärmt: „Hier können Kinder auch alleine sein, klettern und so viel Lärm machen, wie sie wollen.“ Die Griffe sind Tiere – Schildkröten, Vögel, Nilpferde. Daneben vorbei kommt man in den Boulderbereich, im Stockwerk befinden sich Büros und ein Seminarraum. Im unteren Geschoss sind die Sanitäranlagen, Umkleidekabinen und Duschen. Es fehlt tatsächlich nichts, was das Kletterherz begehren könnte. Und wie Scherer beim Lokalaugenschein öfters betont: „In Innsbruck war die Szene immer schon zuhause. Nun gibt es die passende Infrastruktur dazu.“
Fakten
- Das Kletterzentrum Innsbruck hat 365 Tage geöffnet
- Tagesticket (Vollpreis): 13,50 Euro, es gibt zahlreiche
- Ermäßigungen (Mitgliedschaft beim Alpenverein, Studenten,
- Schüler, Senioren, etc.)
- Kletterfläche: 5.700 qm; Nutzfläche: 3.750 qm
- Kosten: 12 Mio. Euro (4,6 Mio., Land Tirol 4,6 Mio., Bund 2,8 Mio.)
- Eigentümer: Stadt Innsbruck (IIG)
- Betreiber: Alpenverein Kletterzentrum Innsbruck GmbH
- (ÖAV Innsbruck)
- Wandhöhe: 13-17 Meter
- 500 Routen innen, 200 Routen außen
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